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Bildungsdezernentin Noosha Aubel (parteilos)

© Ottmar Winter

Bildungsdezernentin Noosha Aubel - eine Halbzeitbilanz: Potsdams Problembeauftragte

Die Halbzeitbilanz der Potsdamer Kultur- und Bildungsdezernentin Noosha Aubel fällt überwiegend positiv aus. Doch vor ihr liegen angesichts wegbrechender Finanzmittel harte Verteilungskämpfe.

Potsdam - Sie freut sich über aktuelle Nachrichten aus Sport und Kultur, sie dankt anderen Mitarbeitern, sie erinnert an Gedenktage: Manchmal auch mehrmals täglich erklärt Noosha Aubel der Öffentlichkeit via Twitter, was sie als Potsdamer Beigeordnete für Bildung, Kultur, Sport und Familien gerade tut, denkt, bewegt. Kein anderer ihrer Dezernentenkollegen ist in dem sozialen Netzwerk so aktiv wie sie. 

Auch fernab virtueller Welten wirken ihre Auftritte vor Menschen kompetent, auch rhetorisch. Diese positive Außendarstellung ist ein Grund dafür, dass sie – die fast auf den Tag genau vor vier Jahren ihren Job im Rathaus angetreten hat – von vielen Stadtverordneten eine gute Halbzeitbewertung ausgestellt bekommt. Nur wenig Kritik kommt aus den Fraktionen. Jedoch: Die wirklichen Bewährungsproben stehen für die 45-Jährige noch an, gerade mit Blick auf anstehende Corona-Sparrunden in ihrem Ressort.

Aus Nordrhein-Westfalen nach Potsdam

Als Noosha Aubel in Potsdam begann, war das ein großer Karrieresprung für die Verwaltungsmanagerin, die zuvor in der 55.000-Einwohner-Stadt Hilden (Nordrhein-Westfalen) das Jugend-, Bildungs- und Sportamt geleitet hatte. Die zweifache Mutter mit indischen Wurzeln kam als Nachfolgerin der oft glücklosen und von der Rathausspitze auch ausgebremsten Iris Jana Magdowksi (CDU). Sie sollte für frischen Wind im Dezernat sorgen – und bekam nach etwas mehr als einem Jahr Amtszeit von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) auch noch zusätzlich den sensiblen Bereich des Jugendamts in die Verantwortung.

Doch den Erwartungen der Stadtpolitik ist die parteilose Dezernentin offenbar gerecht geworden, auch jenen der Opposition. Das zeigt eine aktuelle PNN-Umfrage, die in der Tendenz positiver ausfällt als bei Aubels Kollegen Bernd Rubelt. Der Baudezernent kam ein paar Monate vor Aubel ins Rathaus und schlägt sich mit den Dauerkonflikten um Krampnitz und andere Bauprojekte herum.

Noosha Aube bei ihrer Ernennung durch den damaligen Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) 2017.
Noosha Aube bei ihrer Ernennung durch den damaligen Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) 2017.

© Andreas Klaer

CDU-Fraktionschef Götz Friederich empfiehlt schon jetzt Aubels Wiederwahl. „Die Stimmen von Eltern, Betroffenen und Kulturschaffenden zeigen: Sie kümmert sich.“ Aubel habe – etwa bei der Rückzahlung zu hoch angesetzter Kita-Beiträge und Finanzquerelen um das Dauerthema – ausbaden müssen, was vorherige Verantwortliche verzapft hätten, so Friederich. Allerdings habe er auch manchmal das Gefühl, sie werde „gern als Feuerwehr bei schwierigen Themen gerufen“, sagt Friederich.

Lob aus der Opposition

„Frau Aubel sieht nicht nur gut aus, sie ist auch fachlich kompetent“, kommentiert Wolfhard Kirsch vom Bürgerbündnis knapp. FDP-Fraktionschefin Sabine Becker hebt das Engagement der Dezernentin hervor. Diese habe mit der geplanten Grundschule am Filmpark das erste öffentlich-private Partnerprojekt in Potsdam seit vielen Jahren durchgesetzt habe, was auch im Sinne der Liquidität der Stadt „wirtschaftlich sinnvoll“ gewesen sei, so die Liberale. 

Ein wiederum „untypisch schnelles Arbeitstempo für die Potsdamer Stadtverwaltung“ sieht Christian Raschke, der für die linksalternative Fraktion Die Andere ein Jahr im Stadtparlament saß. Er lobt, Aubel habe im Lockdown „dafür gesorgt, dass Familien das kostenlose Schulessen unbürokratisch nach Hause geliefert bekommen“. Auch beim Schulentwicklungsplan habe sie geliefert, so Raschke: „Dass Potsdam hier nun endlich wieder ein seriöses Planwerk hat, ist auch ihr persönlicher Verdienst.“ 

Lob für das Konzept kommt auch aus der CDU und von der rot-grün-roten Rathauskooperation. Deren Mitglieder würdigen in Stellungnahmen ferner Aubels soziales Agieren in der Pandemie, ihr Engagement und ihr ergebnisorientiertes und zupackendes Handeln.

Die Beigeordnetenriege des Rathauses – Noosha Aubel, Brigitte Meier, Burkhard Exner, Bernd Rubelt und Dieter Jetschmanegg.
Die Beigeordnetenriege des Rathauses – Noosha Aubel, Brigitte Meier, Burkhard Exner, Bernd Rubelt und Dieter Jetschmanegg.

© Sebastian Rost

Allerdings: Aus dem Bündnis von SPD, Grünen und Linken kommen auch einige kritische Töne. So wäre bei den Debatten um Schul- und Kita-Streitthemen mancher Konflikt mit einer offeneren Herangehensweise vielleicht leichter lösbar gewesen, findet Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg: „In der Kommunikation mit direkt betroffenen Akteur:innen sehen wir noch Optimierungspotenzial.“ 

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Daniel Keller merkt über Aubel an: „Manchmal fehlt ihr vielleicht noch ein wenig das Verständnis für die Diskussionsfreudigkeit der Potsdamer.“ Grünen-Fraktionschefin Saskia Hüneke wiederum meint, sie wünsche sich mehr eigene Akzente der Beigeordneten. Und: „Ein stärkeres Eingehen auf die Signale aus der Stadtpolitik wären an manchen Stellen wünschenswert.“

Konfrontationskurs in Richtung AfD

Allerdings: In diesem Punkt hatte Aubel unlängst eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe zu ihren Themenfeldern angekündigt. Linke-Fraktionschef Wollenberg begrüßte solche regelmäßigen Runden der Fraktionen: „Ein solches ’Frühwarnsystem’ kann Konfliktpotenziale aus unserer Sicht minimieren und helfen, wichtige Entscheidungen zu beschleunigen.“

Auf Konfrontationskurs war Aubel mit der AfD-Fraktion gegangen – und hatte die Rechtspopulisten gar nicht erst eingeladen. Aufgrund ihrer „polemischen und teils menschenfeindlichen Äußerungen“ in den Ausschüssen oder in der Stadtverordnetenversammlung sehe sie die AfD nicht als Partner bei der Bewältigung der Herausforderungen der Zukunft der Stadt, hatte Aubel geätzt.

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Die Probleme der Stadt werden gerade rapide größer, vor allem wegen wegbrechender Finanzpolster im Zuge der Coronakrise. So hat es Potsdam nicht nur mit sinkenden Steuereinnahmen und schwindenden Landeszuschüssen zu tun, noch dazu hat sich die Stadt zu Millionenzahlungen für das kommunale Bergmann-Klinikum verpflichtet, damit dort wieder nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Diensts bezahlt werden kann. 

Wo wird der Rotstift angesetzt?

Deshalb müssen ohnehin alle Ressorts sparen. Dazu muss Aubel nach PNN-Informationen mit einer Kostenexplosion bei den sogenannten Hilfen zur Erziehung im Jugendamt kämpfen, auch das ein einstelliger Millionenbetrag. Und sollte das Land noch mehr Geld aus zum Beispiel Kulturhäusern abziehen, wird es richtig schwierig, so die Einschätzung im Rathaus – weil Aubel dann voraussichtlich an lieb gewonnenen, allerdings auch freiwillig von der Stadt gezahlten Fördergelder in ihren Bereichen Kultur, Sport oder Jugend den Rotstift ansetzen müsste.

Intern hat sie dabei die Order schon herausgegeben: Die Auswirkungen für die Bürger, gerade für finanziell schwächer gestellte, sollen möglichst gering sein. Doch geht das? Ein Abwägen, ob nun bei Kultur-, Sport- oder Jugendprojekten gestrichen oder gespart wird, ist immer undankbar. Aktuelles Beispiel: Seit Jahren haben Jugendvertreter immer wieder den Neubau einer Skaterhalle gefordert, diese sollte am Babelsberger Lindenpark errichtet werden. Doch in einer neuen Mitteilung des Aubel-Bereichs an die Stadtverordneten heißt es nun, für die mindestens eine Million Euro Kosten gebe es absehbar auch mit dem Doppelhaushalt 2023/2024 keine gesicherte Finanzierung. Was danach möglich ist, sei offen.

Viele Wünsche, wenig Geld

Zugleich ist die Wunschliste der Stadtverordneten groß. SPD-Fraktionschefin Sarah Zalfen sagt, für die zweite Hälfte der Amtszeit habe sie die Erwartung, dass Aubel wie für die Schulen auch für die Kultur ein ausgewogenes und systematisches Gesamtkonzept schaffe. Gerade diese Bereich sei wegen der wegbrechenden Mittel gefährdet. Zalfens Co-Chef Keller wiederum mahnt an, er wünsche sich bei dem seit Jahren angekündigten digitalen Kita-Navigator ein Tempo, wie es Aubel bereits in der Coronakrise gezeigt habe. 

Von der Fraktion Die Andere wird hingegen die Öffnung von deutlich mehr Schulsportanlagen für Jugendliche und Vereine als eine wichtige Herausforderung der kommenden Aubel-Jahre gesehen.

Viele Interessen, wenig Geld – ob Noosha Aubel am Ende ihrer ersten Amtszeit immer noch von allen Stadtverordneten so positiv gesehen wird, darf bezweifelt werden.

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