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Betreiberwechsel: Die Waschbar in Potsdam-West braucht einen Neuen

Vor 17 Jahren gründete Klaus Kühn die kultige Waschbar in Potsdam West. Jetzt sucht er einen Nachfolger mit Gespür für Gastro und Geschäft.

Potsdam - Alles kann in den Trockner, wenn man ihn richtig einstellt, sagt Klaus Kühn. „Was auf den Etiketten steht, ist doch nur zu rechtlichen Absicherung.“ Kühn, Inhaber der Waschbar in Potsdam West, berät gern zur Wäschepflege und zur Bedienung der Maschinen sowieso. Anderswo stehen Kunden ratlos vor der Bedienungsanleitung, sagt er, bei ihm gibt es immer jemanden zum Fragen. Die meisten sind allerdings Stammkunden und kennen sich aus. 2002 eröffnete Kühn den Waschsalon mit Bar, wo man außer Wäschepflege auch Essen, Getränke, menschliche Kontakte und hin und wieder ein Rockkonzert angeboten bekommt.

Jetzt, nach 17 Jahren, werde es für ihn Zeit zu gehen, sagt Kühn. Ja, das Gerücht stimmt, dass er einen Nachfolger sucht. Und nein, dass er komplett zumacht oder das Haus abgerissen werden soll, das sei Quatsch. „Zwischen dem Vermieter und mir ist alles in Ordnung.“ Am gestrigen Mittwochmittag sitzt er auf der Couch vor dem Haus, sein Stammplatz, wenn er mal Muße hat. Es ist noch nicht geöffnet, aber Touristen fragen trotzdem nach Kaffee. Alle paar Minuten grüßt jemand vom Fahrrad oder aus dem Auto. Klaus kennt sie alle. 

Kühn will mehr Zeit für seine Familie

Als er hier anfing, habe er erlebt, wie in der Nachbarschaft Familien gegründet wurden. Die Frauen wurden schwanger, die Kinder kamen und werden jetzt groß. Auch er selbst hat vor fünf Jahren eine Tochter bekommen. Das alles gibt ihm zu denken. „Ich bin jetzt 51. Ich wünsche mir mehr Zeit für die Familie und einen geregelten Tagesablauf.“ Mit dem Waschsalon ist das nicht zu vereinbaren. Jedenfalls nicht wenn man so ist wie er: Ganz oder gar nicht. Jeden Tag im Jahr da oder zumindest im Notfall erreichbar. Ein Teilzeit-Geschäftsführer nur am Schreibtisch – das kann er nicht sein.

Kühn stammt aus Halle, hat in den 80ern großen Ärger mit der staatlichen Autorität, geht deshalb später nach Ungarn, dann in den Westen. Der Liebe wegen, das sagt er, kommt er 1996 nach Potsdam. Dort arbeitet er einige Jahre als Heilerzieher, ist viel auf Reisen, organisiert diverse Projekte – bis er spürt, dass er sich selbst beruflich verändern will.

Die Idee kam ihm in den USA

Die Idee mit dem Waschsalon findet sich nach einem Urlaub in den USA. Dort sind Waschsalons viel verbreiteter und deshalb meist nüchtern und sachlich eingerichtet. Er selbst würde es ganz anders machen, denkt er sich eines Tages. Der frühere Konsum in der Geschwister-Scholl-Straße, ein Lückenbau mit Flachdach, wird von ihm zu einer Bar mit Waschmaschinenanschluss umgebaut. An der einen Wand stehen die Industriemaschinen, alles drum herum ist im Stil einer mexikanischen Kneipe gehalten. Mexiko ist sein Lieblingsreiseland, von dort hat er viel Kunsthandwerk für den Laden mitgebracht. Über rostroten Sitzgruppen auf Terracotta-Fliesen finden sich ikonenhafte Madonnen, im Schaufenster eine Kakteenlandschaft. 

Zum Essen gibt es Salate, Burger und Chili, auf Wunsch der sich bewusst ernährenden Nachbarschaft vieles sogar vegan. Hat Kühn alles mitgemacht, obwohl er Chili mit Tofu als Sakrileg empfindet. Im Salon wurde viel gewaschen und viel gefeiert, jedes Jahr Weihnachtssingen und ab und zu Livekonzerte mit Rockbands, einmal eine Lesung mit Martin Sonneborn – sein persönliches Highlight. Manchmal haben Kunden über all der Feierei sogar vergessen, ihre fertige Wäsche mitzunehmen. 

Der Laden läuft

Die Kunden sind, wie damals zur Gründerzeit, Studenten und die Oma von nebenan, auch Wissenschaftler mit Zeitverträgen, die nur kurz hier leben. Auch wem die Waschmaschine kaputt geht, der kommt im Notfall zu Klaus. Der Laden läuft, sagt er, ein Nachfolger könnte alles genau so übernehmen. Er würde ihn auch einarbeiten. Vieles sei komplizierter geworden in den letzten Jahren, die Bürokratie, die Dokumentation für Zoll und Gema. Alles richtig und ordentlich zu machen, wie es sein Anspruch ist, kostet immer mehr Zeit und Kraft. Darauf hat er keine Lust mehr. Dazu kommt die Verkehrssituation. „Man soll ja in Potsdam alles mit den Öffentlichen erledigen, einkaufen und so – aber das funktioniert nicht für Unternehmer wie mich.“

Natürlich werde der Abschied weh tun – spätestens in einem Jahr soll es dennoch sein. „Jetzt ist was anderes wichtig.“ Er will mit seiner Tochter noch vor deren Einschulung einen langen Urlaub in Mexiko machen. Und danach? Kühns überraschende Antwort: „Vielleicht werde ich Straßenbahnfahrer.“ 

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