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Barrierefrei? Das Museum „Im Güldenen Arm“ in Potsdam erntet Kritik.

© Andreas Klaer

Behindertenverband verleiht "Betonkopf": Kulturbund weist Kritik zurück

Der Behindertenverband verleiht dem Brandenburgischen Kulturbund den Negativpreis "Betonkopf 2019". Der findet die Vorwürfe absurd.

Innenstadt - Die seit dem gestrigen Sonntag zum fünften Mal stattfindenden Potsdamer Inklusionstage begannen in diesem Jahr mit einem Eklat. Der Allgemeine Behindertenverband (ABB) und der Brandenburgische Kulturbund machen sich gegenseitig heftige Vorwürfe. Auslöser ist die Verleihung des Negativpreises „Betonkopf 2019“. 

Mit der zweifelhaften Ehre hatte der ABB in diesem Jahr nämlich den Kulturbund ausgezeichnet. In einer entsprechenden Presseerklärung bezichtigt der ABB den Kulturbund „bewusst die Aufklärungsarbeit und die demokratische Meinungsäußerung des ABB be- und verhindert“ zu haben.

Behindertenverband macht auf Missstände mit Ballons aufmerksam

Hintergrund ist eine Aktion, die der ABB seit mehreren Jahren veranstaltet. Zum europaweiten Aktionstag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung waren an verschiedenen Stellen in der Stadt rote Luftballons mit der Aufschrift „Aktion barrierefrei – Achtung Diskriminierung“ angebracht worden, um auf Missstände aufmerksam zu machen, wie der ABB mitteilte. Die Aufstellorte habe die Stadtverwaltung jeweils genehmigt. Die Ballons waren mit einem Halterohr und einem Standfuß befestigt. Über einen QR-Code am Halterohr habe jedermann mit seinem Handy abrufen können, was an dieser konkreten Stelle aus Sicht von Menschen mit Behinderung im Argen liege.

Einen solchen Ballon habe der ABB im Jahr 2017 auch vor dem Eingang des Museumshauses „Im Güldenen Arm“ in der Hegelallee platziert. Das Museum wird vom Brandenburgischen Kulturbund betrieben. 2017 seien die Ballons allerdings umgehend entfernt worden, so der Vorwurf des ABB. Ein Jahr später habe man erneut einen Ballon angebracht, dann sei er wieder entfernt worden. Und dies, obwohl man den Hintergrund der Aktion erläutert habe. Darin sehe man den „bewussten Versuch des Betreibers, ein wichtiges Thema wie die Barrierefreiheit von öffentlichen Gebäuden dem Diskurs zu entziehen“.

Kulturbund kann Kritik nicht nachvollziehen

Beim Kulturbund sieht man die Sache allerdings ganz anders. Von der Auszeichnung mit dem Betonkopf habe man schon vor mehreren Wochen in einem Schreiben des ABB erfahren, sagte Geschäftsführerin Carla Villwock auf PNN-Anfrage. Die Kritik können sie nicht nachvollziehen. „Wir haben niemanden diskriminiert.“ Das denkmalgeschützte Haus besitze eine sehr hohe Türschwelle. Dessen sei man sich bewusst. Deshalb habe man Schienen angeschafft, um Rollstuhlfahrern den Zugang zu ermöglichen. Zuvor hätten die ehrenamtlichen Mitarbeiter einzelne mobilitätseingeschränkte Besucher sogar ins Haus getragen. Den vor dem Haus angebrachten Luftballons sei einfach die Luft ausgegangen. Deshalb habe man sie abgehängt. Mit dem ABB habe man in der Vergangenheit selbst das Gespräch gesucht. Eine Einigung habe es jedoch nicht gegeben.

Der Landesverband des ABB war seit Freitag für die PNN nicht erreichbar. Eine Anfrage per E-Mail wurde nicht beantwortet.

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