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Bahnhof Pirschheide: Pendler statt Patina

Pirschheide soll zum Umsteigebahnhof werden. Das Land will den Druck auf den Bund erhöhen und steigt in die Planung ein

Potsdam West - Wolken und Regen lassen den Bahnhof Pirschheide an diesem Vormittag noch trister erscheinen als er ohnehin schon ist: Nur wenige Menschen steigen aus dem Zug der Regionalbahnline 23 vom Potsdamer Hauptbahnhof nach Michendorf aus, der hier einmal pro Stunde fährt. Keiner steigt ein. Manchmal fährt der Zug auch durch, denn Pirschheide ist ein Bedarfshalt – wie die Deutsche Bahn es nennt, wenn ein Zug nur anhält, wenn ein Reisender ein Knöpchen drückt. Neben dem Fahrplanaushang preist ein Plakat die Förderung einer rollstuhlgerechten Rampe durch das Land Brandenburg im September 2006. Seitdem hat sich nicht viel getan.

Das soll sich künftig ändern: Statt derzeit 180 sollen hier täglich 1200 Reisende aus-, ein- und umsteigen. Dazu soll Pirschheide wieder zu einem Umsteigebahnhof werden. Die oberen Bahnsteige des Kreuzungsbauwerks sollen wieder in Betrieb gehen. So will es die Landesregierung schon seit Jahren – ohne sichtbaren Erfolg. Nun erhöht es den Druck und steigt selbst in die Planng ein. Das ist ungewöhnlich, aber möglich. „Zuständig für die Planung und Realisierung bundeseigenen Eisenbahninfrastruktur ist der Bund“, so Steffen Streu, Sprecher des Brandenburger Infrastrukturministeriums. In Ausnahmefällen könne das Land gezielt durch eigene finanzielle Mittel bestimmte Prozesse beschleunigen. „Das Land stimmt aktuell mit der Deutschen Bahn als potentiellem Bauherren eine Planungsvereinbarung ab“, so Streu. Damit sollen die Grundlagenermittlung und die Vorentwurfsplanung der Objektplanung vorfinanziert werden.

Unterschrieben ist zwar noch nichts, doch das Land will an dem Thema dran bleiben. Die Station Potsdam-Pirschheide weise für die Regionalbahnlinie RB22 eine günstige Verkehrsprognose auf. Die Linie fährt von Potsdam-Hauptbahnhof über Golm zum Flughafen Schönefeld. Nach Eröffnung des BER soll sie in Pirschheide halten und somit eine umsteigefreie Verbindung für Reisende aus dem Potsdamer Westen, aus Werder und Schwielowsee bieten.

Beim Fahrgastverband Pro Bahn ist man von der Idee angetan. „Das könnte eine interssante Verbindung sein“, sagte Sprecher Karl-Peter Naumann den PNN. Züge aus Potsdam zum Flughafen, die durch das Berliner Zentrum fahren, seien jetzt schon häufig sehr voll. Reisende mit Gepäck hätten dort oft kaum Platz. Häufig müsse noch einmal umgestiegen werden. Die Fahrtzeit sei zudem viel länger. „Es ist sinnvoll, dass das Land sich kümmert“, so Naumann.

Damit das verwirklicht werden kann, sollen auf der oberen Ebene zwei Außenbahnsteige errichtet werden. 140 Meter lang sollen sie sein, 76 Zentimeter hoch, damit man bequem einsteigen kann. Die maroden Treppenanlagen sollen saniert werden, so Streu. Es gibt viel zu tun: An allen Ecken bröckelt es. Durch die rostigen Träger des Daches tropft es auf den Bahnsteig. Das zweite Gleis auf dem unteren Bahnsteig wurde schon vor Jahren entfernt. Die Wände sind mit Graffiti überzogen: „Marlene, mein Engel!“ Offenbar habe sich hier zahlreiche Teenagerpaare die ewige Liebe geschworen. Die Natur holt sich den Bahnhof zurück. Überall sprießt frisches Grün. Sogar auf dem Dach.

Das war einmal anders: 1958 war der Bahnhof Pirschheide als Hauptbahnhof von Potsdam eröffnet worden. Dort kreuzten die Gleise des neuen Außenringes die Strecke Richtung Jüterbog über Caputh-Geltow. Hier hielten alle Fern- und Regionalzüge Potsdams. 1993 wurde der Bahnhof dann zur Station Pirschheide degradiert. In der Bahnhofshalle sind die Fahrkartenschalter zugemauert. Die Bahnhofshalle wird von der Bahn nicht mehr gebraucht. Sie hat sie schon vor mehr als zwei Jahren verkauft. Doch die Pläne des neuen Eigentümers kommen seitdem noch nicht so recht voran. Lediglich ein mal, im Jahr 2013, wurde hier das Localize-Kunstfestival veranstaltet – unter dem Motto „Zug um Zug“. Der Unternehmer Ronald Engelhardt aus Werder/Havel möchte die Halle als Bar mit Livemusik und für Veranstaltungen nutzen. Das für die notwendigen Umbauten nötige Genehmigungsverfahren laufe. Er hoffe auf einen positiven Bescheid noch in diesem Jahr, sagte er den PNN.

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