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Axel Ranisch über seinen neuen Film "Alki, Alki": „Ein Wohlfühlfilm ist es sicherlich nicht“

Am Donnerstag startet Axel Ranischs neuer Film „Alki, Alki“ im Kino. Im PNN-Interview spricht der Babelsberg-Absolvent über innere Stimmen, intensive Biografiearbeit und seine Zeit im Nachwuchsbüro Babelsberg.

Von Sarah Kugler

Herr Ranisch, in Ihrem aktuellen Film „Alki, Alki“ ist die Alkoholsucht eine eigene Persönlichkeit, die wie ein Freund auf Ihren Protagonisten einwirkt. Haben Sie selbst auch manchmal so eine Stimme bei sich, die Sie unmerklich beeinflusst?

Absolut. Bei mir hat das allerdings weniger mit Alkohol zu tun, sondern mit Essen. (lacht)

Was passiert dann?

Also, wenn ich zum Beispiel mit Freunden oder auch der Firma zum Mittagessen gehe, nehme ich mir fest vor, ganz bestimmt den gesunden Salat zu bestellen. Aber im Restaurant übernimmt dann jemand anders meine Stimme und bestellt die Frühlingsrolle, die Ente und so weiter. Erst wenn die Kellnerin dann schon fast weg ist, übernimmt wieder meine eigene Stimme und ruft noch hinterher: „Ach so, den Salat hätte ich auch gerne noch!“

In den Therapieszenen von „Alki, Alki“ sieht man verschiedene personifizierte Suchten, wie etwa Sex- oder Spielsucht.

Ja, es ist eigentlich auch ein Film über Sucht allgemein, wir erzählen es nur an dem Beispiel der Alkoholsucht. Aber eigentlich geht es darum, was die Sucht mit einem macht, wie sie in das ganze Leben eingreift.

Die beiden Hauptdarsteller Heiko Pinkowski und Peter Trabner sind selbst trockene Alkoholiker, wie sind die beiden damit beim Dreh umgegangen?

Ich habe es schon so wahrgenommen, dass es hart für sie war. Peter kam ja mit der Idee zu mir, aber natürlich mussten beide schon während der Stoffentwicklung ständig in ihre Erinnerungen zurück, zumal wir ja auch in Heikos Wohnung gedreht haben. Gerade bei den Partyszenen kam da sicherlich viel hoch.

Neben den ausschweifenden Partyszenen gibt es auch sehr viel Alltäglichkeit in „Alki, Alki“, die etwas Befreiendes hat, aber manchmal auch sehr beklemmend wirkt. War das beabsichtigt?

Wir wollten schon einen Film drehen, bei dem man auch lachen kann, in dem auch ein Buddymovie steckt, dessen Idee man erst nach und nach begreift. Aber es ist natürlich ein Lachen, das irgendwann wehtut. Schließlich mussten wir das Thema auch ernst nehmen und wollten es nicht banalisieren. Das Lachen entsteht mehr aus den Situationen, aber ein Wohlfühlfilm ist es sicherlich nicht.

Ihre Filme leben viel von diesen Situationen, die oft in der Improvisation entstehen. Wie schaffen Sie es dennoch, so eine dichte Geschichte mit glaubhaften Dialogen zu schaffen?

Jede Szene ist im Drehbuch sehr genau beschrieben und außerdem gibt es zu allen Figuren sehr genaue Biografien. Christina Großes Figur ist zum Beispiel ein großer Fan vom Liebesroman des 19. Jahrhunderts, deswegen hat sie auch dieses pompöse Hochzeitskleid an. Gerade bei improvisierten Dialogen ist es besonders wichtig, dass jeder genau weiß, wer er ist, wo er herkommt und auch alles über die anderen weiß. Ansonsten funktioniert es nicht.

Es war zu lesen, dass Schauspieler Oliver Korittke etwas irritiert war, da er keinen Text lernen musste?

(lacht) Ja, er konnte sich das am Anfang nicht so vorstellen, war dann aber ganz positiv überrascht, wie toll das alles klappt und dass alles so natürlich und echt wirkt. Ich denke, es hilft auch allen enorm, dass wir den Film chronologisch gedreht haben.

Inwiefern?

Na ja, jede Szene beeinflusst die nächste und wenn der Darsteller weiß, aus welcher Szene er gerade kommt, ist das viel einfacher, weil er seine Figur von A bis Z durchgehend erleben kann.

Dietrich Brüggemann spielt in „Alki, Alki“ eine Nebenrolle. Er ist wie Sie Absolvent der Potsdamer Filmuniversität. Wie viel verbindet Sie noch mit der Universität?

Schon allein mit den Leuten verbindet mich ganz viel. Dietrich und ich sind gut befreundet, mit Robert Thalheim, Jakob Lass oder Julia Heinz verbinde ich auch Freundschaften. Von daher gibt es da einen regen Austausch. Außerdem gucke ich vom Babelsberger Büro direkt auf das Gebäude, es ist also immer präsent.

Apropos Babelsberg: Ihre Zeit im „Nachwuchsbüro Babelsberg“ auf dem Babelsberger Studiogelände geht bald vorbei.

Ja, wir haben tatsächlich nur noch einen guten Monat.

Und wie fällt der Rückblick auf das letzte Jahr aus?

Super. Ich selbst war zwar gar nicht so oft dort, da ich viel unterwegs war, aber wir waren sehr aktiv in der Zeit dort, haben insgesamt an sechs Stoffen gearbeitet und unter anderem auch ein Serienkonzept ausgetüftelt.

Da gab es ja ein paar Schwierigkeiten, die erste Idee rund um eine Paartherapie mussten Sie aufgeben und noch mal alles umwerfen, weil die Konkurrenz das Thema schon verarbeitet hat. Können Sie schon etwas zum neuen Projekt verraten?

Ja, das kann ich. Es wird weiterhin um Therapie gehen und zwar ähnlich wie in „Alki, Alki“. Also man sieht Szenen aus den Perspektiven der Süchtigen und Szenen aus der Perspektive der Sucht selbst. Das wird sicherlich lustig, weil dabei ganz verschiedene Perspektiven zutage kommen werden. Es ist aber alles noch im Fluss, wir haben gerade einen Teaser geschnitten und suchen Partner.

Und wie steht es um neue Pläne mit ihrer Produktionsfirma „Sehr gute Filme“?

Wir pausieren gerade erst mal, weil unsere Kollegin Anne Baeker ein Kind bekommen hat, aber im Herbst 2016 fangen wir mit der Produktion des Kinderfilms „Angelina Bodyguard“ an und mit dem Rest der Truppe drehe ich noch eine Komödie für die ARD.

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Das Gespräch führte Sarah Kugler.

ZUR PERSON: Axel Ranisch ist 32 Jahre alt und studierte in Potsdam Regie. Sein Abschlussfilm „Dicke Mädchen“ gewann mehrere Preise. Sein Film „Alki, Alki“ startet am Donnerstag in den Kinos.

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