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Schloss Cecilienhof.

© Ottmar Winter

Ausstellung zur Potsdamer Konferenz: Auch ohne Stalins Uniform

Noch fehlt Churchills Gehstock, Russland hingegen hat Utensilien gar nicht erst zur Verfügung gestellt: Ein Blick hinter die Kulissen der Ausstellung zum 75. Jahrestag der Potsdamer Konferenz im Schloss Cecilienhof.

Potsdam - Das Beste kommt noch. Wahrscheinlich Anfang Juli. Dann sollen in der am Dienstag im Schloss Cecilienhof eröffneten Ausstellung zur Potsdamer Konferenz auch originale Gegenstände aus dem Besitz von Winston Churchill, dem einstigen Premierminister Großbritanniens, präsentiert werden: Ein Hut, ein Gehstock, eine Röhre zum Aufbewahren einer Zigarre, sowie – und darauf freut sich Ausstellungskurator Matthias Simmich besonders – eine Zigarrenkiste. Churchills Ehefrau Clementine habe dieses Utensil zur Aufbewahrung von Zigarren in Leningrad, dem heutigen Sankt Petersburg, im Jahre 1945 geschenkt bekommen, als sie dort zu karitativen Zwecken unterwegs war. Auf dem Deckel der Kiste, so beschreibt es Simmich, sind die Fahnen Großbritanniens und der Sowjetunion zu sehen, im Innern wird ein Porträt Churchills sichtbar.

Eigentlich war die Eröffnung viel früher geplant

Ursprünglich sollte die Ausstellung „Potsdamer Konferenz 1945 – Die Neuordnung der Welt“ bereits zum 1. Mai eröffnet werden. Nun ist es coronabedingt fast zwei Monate später geworden. Der 75. Jahrestag der Konferenz, der den Anlass für die Schau gab, ist ohnehin noch nicht verstrichen.

Während Churchills Utensilien also noch kommen, so hatten die Ausstellungsmacher mit einer Uniform des sowjetischen Diktators Josef Stalin weniger Glück. Russland hat sie nicht zur Verfügung gestellt, obwohl zunächst Signale dazu gab. Der Leihvertrag war unterzeichnet. Doch dann gab es keine Ausfuhrgenehmigung, heißt es aus der Schlösserstiftung. Man habe überhaupt keine einzige Leihgabe aus Russland bekommen, bedauerte bei der Pressevorführung am gestrigen Dienstag Jürgen Luh, der bei der Stiftung als Projektleiter die Ausstellung verantwortet. „Das ist einfach nur traurig“, sagte Luh über die Absage aus Russland. Die russische Seite habe in einer Weise Einfluss auf die Texte zur Ausstellung nehmen wollen, wie es die Schlösserstiftung nicht habe zulassen können. So sei beispielsweise die russische Seite nicht damit einverstanden gewesen, den Personenkult um Josef Stalin zu erwähnen.

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Kein russischer Besuch zur Eröffnung

Der Generaldirektor der Schlösserstiftung, Christoph Martin Vogtherr.
Der Generaldirektor der Schlösserstiftung, Christoph Martin Vogtherr.

© Ottmar Winter

Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor der Schlösserstiftung, bezeichnete das russische Verhalten als „ein nach unseren Maßstäben ungewöhnliches Vorgehen“. So war dann auch – wenig überraschend – niemand von der russischen Seite zur gestrigen Ausstellungseröffnung gekommen, um etwa die eigene Sicht der Dinge darzulegen.

Jessica Korschanowski platziert an Hand historischer Aufnahmen Gegenstände auf dem Schreibtisch des damaligen Britischen Premierministers und Konferenzteilnehmers Winston Churchill.
Jessica Korschanowski platziert an Hand historischer Aufnahmen Gegenstände auf dem Schreibtisch des damaligen Britischen Premierministers und Konferenzteilnehmers Winston Churchill.

© Andreas Klaer

Die neue Sonderschau gibt – auch ohne Leihgaben aus Russland – einen Einblick in das historische Geschehen von 1945, als sich die Delegationen der Sowjetunion, Großbritanniens und der USA, angeführt von den jeweiligen Regierungschefs, vom 17. Juli bis zum 2. August in Potsdam getroffen hatten. Nicht weniger, als „die Neuordnung der Welt“ – wie es schon im jetzigen Ausstellungstitel heißt, stand damals auf dem Programm. Vornehmlich ging es zwar um Europa, im Kern um das Deutsche Reich nach dessen militärischer Niederlage. Aber der spätere, letztlich weltumspannende Ost-West-Konflikt dämmerte bereits in dieser Zeit herauf. In Vorbereitung der Konferenz schrieb Churchill an US-Präsident Harry S. Truman am 12. Mai 1945: „Längs der russischen Front ist ein Eiserner Vorhang niedergegangen.“

Im Schloss Cecilienhof sind nun neben dem originalgetreuen Tagungsraum auch zahlreiche Erinnerungen, Dokumente und Landkarten zu sehen. 
Im Schloss Cecilienhof sind nun neben dem originalgetreuen Tagungsraum auch zahlreiche Erinnerungen, Dokumente und Landkarten zu sehen. 

© Ottmar Winter

Flüchtlinge aus Ostgebieten sind Thema in der Ausstellung

Während die westlichen Alliierten dem Deutschen Reich zunächst noch einige Gebiete östlich der heutigen Oder-Neiße-Grenze belassen wollten, setzte sich Stalin mit seiner gegenteiligen Forderung durch. Das Gebiet um Königsberg sollte an die Sowjetunion gehen der große Rest an Polen. Die Grenzverschiebungen standen jedoch unter dem Vorbehalt einer späteren friedensvertraglichen Regelung. Im Potsdamer Abkommen trafen die Alliierten zudem Abmachungen über die Besetzung Deutschlands und die Reparationszahlungen. Ein Kapitel des Abkommens widmet sich der „Überführung deutscher Bevölkerungsteile“, also den Flüchtlingen aus den Ostgebieten. Diese Überführung solle in „humaner Weise erfolgen“, heißt es darin.

Welche Auswirkungen die politischen Beschlüsse auf das Leben der Menschen hatten, wird in der neuen Ausstellung anhand von Einzelschicksalen und Fotos berichtet. Eine Aufnahme zeigt einen Flüchtlingswagen auf dem Alten Markt in Potsdam vom Winter 1945. Im Hintergrund das Alte Rathaus – noch unzerstört.

Mit der Potsdamer Erklärung vom 26. Juli 1945 – nicht zu verwechseln mit dem Potsdamer Abkommen – stellten die Regierungen der USA, Chinas und Großbritanniens Bedingungen an Japan für dessen Kapitulation. Der chinesische Präsident Chiang Kai-shek hatte die Erklärung telegrafisch mitunterzeichnet. Die jetzige Ausstellung widmet sich auch dem Kriegsende in Asien. Von Potsdam aus autorisierte Truman schließlich den Abwurf der Atombombe auf Hiroshima, der wenige Tage nach Ende der Konferenz erfolgte. Mit einer eindrücklichen Installation aus Klang und Bild wird in der Schau im Cecilienhof an dieses Ereignis erinnert.

Buchprojekt zur Konferenz bislang nicht verwirklicht

Während ein Band mit Aufsätzen zur Potsdamer Konferenz von der Schlösserstiftung und Jürgen Luh begleitend zur Ausstellung herausgekommen ist, konnte das Buchprojekt von Matthias Simmich bislang nicht verwirklicht werden. Es sollte die Potsdamer Konferenz detailliert beleuchten. Zu den Gründen der Absage wollte sich Simmich nicht äußern. Er habe das Projekt aber noch nicht aufgegeben.

Die Ausstellung ist bis zum 31. Dezember 2020 dienstags bis sonntags 10 bis 17.30 Uhr im Schloss Cecilienhof zu sehen. Einzelticket 14 Euro, ermäßigt 10 Euro

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