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Winston Churchill, Harry S. Truman und Josef Stalin während der Postdamer Konferenz vor Schloss Cecilienhof. 

© dpa

Ausstellung 2020: Die "Großen Drei" im Schloss Cecilienhof

Vor 74 Jahren begann im Schloss Cecilienhof die Potsdamer Konferenz. Zum Jubiläum im nächsten Jahr soll das mit einer großen Ausstellung gewürdigt werden

Von Peer Straube

Churchills Zigarrenetui, Trumans Strohhut und Stalins Pfeife: Eine große Sonderausstellung zum 75. Jubiläum der Potsdamer Konferenz soll im nächsten Jahr das Schloss Cecilienhof im Neuen Garten in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit rücken. Die Schau solle zeigen, wie das frühere Hohenzollernschloss zu einem Ort wurde, an dem Weltgeschichte geschrieben wurde, sagte Christoph Martin Vogtherr, der Generaldirektor der Schlösserstiftung, am Mittwoch bei einem Vor-Ort-Termin. Gestern jährte sich der Beginn der Konferenz, auf der die alliierten Siegermächte über das Schicksal Europas und Asiens nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden haben, zum 74. Mal.

Die Ausstellung setzt vier Schwerpunkte

„Die Neuordnung der Welt“ heißt denn auch folgerichtig der Untertitel der Ausstellung, mit der die Schlösserstiftung den Besuchern die Bedeutung dieser 16-tägigen Konferenz nahebringen will. Die Schau soll sich in vier Themenbereich gliedern. Der erste Komplex beschäftigt sich mit den „Großen Drei“. Gemeint sind die Protagonisten der Konferenz, die Staatschefs der Siegermächte: US-Präsident Harry S. Truman, der sowjetische Diktator Josef Stalin und der britische Premierminister Winston Churchill, der jedoch die Wahl verloren hatte und mitten in der Konferenz vom neuen Labour-Premier Clement Attlee abgelöst wurde. Im zweiten Komplex geht es um die Neuordnung Europas, im dritten – bislang weniger beachteten – um Asien und den Mittleren Osten. Wie berichtet hatte Vogtherr bereits im PNN-Interview angekündigt, auch in der Dauerausstellung im Schloss das Gewicht stärker auf die Bedeutung der Konferenz für das Schicksal Asiens legen zu wollen. Ein Großteil der jährlich rund 140.000 Besucher der Gedenkstätte im Schloss Cecilienhof kommt nämlich aus China und Japan. Der vierte Bereich schließlich widmet sich der Zeitenwende in der Welt nach 1945 und dem Beginn des Kalten Kriegs.

Besucher sollen virtuell auf Zeitreise gehen

Ziel sei eine „sehr lebendige Ausstellung“, die sich auch an junge Leute richte, sagte Matthias Simmich, der Kurator der Schau. So werde ein neuer Multimediaguide zum Einsatz kommen, der das Publikum mit auf eine virtuelle Zeitreise nehmen soll. Um richtig in die Geschichte eintauchen zu können, „sollen die Besucher diese 75 Jahre in der Zeit zurücklegen können“, sagte Simmich.

Zudem befinde sich die Schlösserstiftung in Verhandlungen mit Russland, den USA und Großbritannien über Leihgaben von persönlichen Gegenständen der drei Staatschefs, sagte Jürgen Luh, der Projektleiter der Ausstellung. Möglicherweise bekämen die Besucher Churchills Zigarrenetui ebenso zu sehen wie den Hut und den Stock, die er während der Konferenz bei sich gehabt habe, präzisierte Luh gegenüber den PNN. Auch bei Truman gehe es um persönliche Dinge wie Hut, Stock oder Kleidung. Mit Russland werde über eine Pfeife Stalins verhandelt, „auch ein Kleidungsstück wäre großartig“, erklärte der Projektleiter. Man habe zu allen drei Ländern freundschaftliche Beziehungen aufgebaut, so Luh. Vor allem Russland habe bereits unschätzbare Hilfe geleistet und bislang unbekannte Filmaufnahmen von der Konferenz zur Verfügung gestellt. Diese erlaubten der Stiftung, die bislang recht kahl wirkenden Konferenzräume möglichst originalgetreu für die Ausstellung zu möblieren. Für die Ausstattung der Schreibtische etwa hat die Stiftung bereits ein britisches Feldtelefon angekauft. Es sei zwar nicht jenes, das Churchill selbst benutzt habe, aber eines vom gleichen Typ, erzählte Ausstellungskurator Matthias Simmich.

Churchills Sekretärin wird Leitfigur der Schau

Allerdings soll es nicht nur um die Politiker gehen, sondern auch um die Menschen im Hintergrund. So kommen etwa Zeitzeugen aus China zur Wort, aber auch Angehörige des Stabs. Die wichtigste Zeitzeugin ist Churchills damalige Sekretärin Joy Hunter. Stiftungsmitarbeiter haben die mittlerweile 95-Jährige in ihrem Haus nahe London interviewt. 60 Minuten lang erzähle die Seniorin von ihren Erlebnissen, die sie auch „ganz minutiös und detailliert“, teils auch sehr emotional in einem Tagebuch aufgezeichnet habe, sagte Simmich. Hunter solle die Besucher „wie eine Leitfigur“ durch die Ausstellung begleiten, versprach der Kurator. Ihr Tagebuch werde als Leihgabe ebenfalls in der Schau zu sehen sein.

Gezeigt wird die Ausstellung vom 1. Mai bis 1. November 2020. Rund eine Million Euro koste das Projekt insgesamt, sagte Luh. Das Land Brandenburg fördert die Ausstellung mit 100 000 Euro, auch die Mittelbrandenburgische Sparkasse und die Ostdeutsche Sparkassenstiftung beteiligen sich finanziell. Ohne diese Unterstützung hätte das Vorhaben nicht realisiert werden können, sagte Vogtherr.

Die Ausstellung im äußerlich frisch sanierten Schloss Cecilienhof ermögliche den Besuchern, sich der Geschichte an einem „authentischen Ort“ zu nähern und sie lebendig werden zu lassen, sagte Ulrike Gutheil, Staatssekretärin in Brandenburgs Kulturministerium. Das Schloss stehe symbolisch für ein Ende der Schrecken des Kriegs. Sie hoffe daher vor allem auf viele junge Besucher, auch um „die europäische Idee weiter voranzutreiben“. „Zeithistorisch gesehen“, sagte Projektleiter Luh, „ist Cecilienhof das bedeutendste Schloss der Stiftung, Deutschlands, Europas und – angesichts der Ergebnisse der Konferenz – vielleicht auch der Welt“.

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