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Geschlossen. Der Laden „Havelbuch“ auf dem Potsdamer Campus. 

© Andreas Klaer

Auseinandersetzung zwischen Uni und Studierenden: Selbstlernzone versus Selbstverwaltung

Warum Studierende der Uni Potsdam Raum für ein autonomes Studenten-Café am Neuen Palais fordern. Im Mittelpunkt der Debatte steht ein ehemaliger Buchladen.

Potsdam - Die ehemalige Buchhandlung am Neuen Palais liegt sehr zentral auf dem Uni-Campus am Neuen Palais zwischen Mensa und Bibliothek: ideal für eine studentische Nutzung. Das findet sowohl die Universität Potsdam als auch die 2017 gegründeten AG Freiraum. Doch zwischen den Studierenden und der Uni-Leitung ist eine Auseinandersetzung darüber entbrannt, wie die Fläche genutzt und aufgeteilt werden soll: Den früheren Lagerraum für ein Studierendencafé nutzen oder diesen Raum mit einer Wand halbieren, um eine Hälfte als Café und die andere als Selbstlernzone zu nutzen?

Die sieben Mitglieder der AG Freiraum begleiten die Diskussion um die Neunutzung des Buchladens schon seit einigen Jahren – mit dem Ziel, dort ein selbstverwaltetes Studierenden-Café nach dem Vorbild des Lese-Cafés in Golm einzurichten: ein gemütlicher Ort, an dem Studierende lernen, entspannen und verweilen können, aber auch ein sozialer Treffpunkt für Lesungen, Plena und Filmabende. Das „Studi-Café“ soll (anders als der Nil-Club) an allen Tagen in der Woche geöffnet haben und so auch die Attraktivität des Campus’ für Studierende erhöhen, die in Berlin wohnen. 2019 hatte die AG Freiraum für eine entsprechende Petition 800 Unterschriften gesammelt.

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„Ohne auf diese Ideen einzugehen und ohne Mitspracherecht der Studierenden hat die Unileitung jedoch beschlossen, den freien Teil des Gebäudes noch einmal in zwei Räume zu unterteilen: Einen als stille Selbstlernzone und einen als Freiraum“, sagt Sara Meyer, Studentin der Kulturwissenschaften im siebten Semester und Mitglied der AG Freiraum. „Mit dieser Unterteilung hätte man zwei viel zu kleine Räume – 21 Quadratmeter für das Studierenden-Café und 23 Quadratmeter für die Selbstlernzone – deren Nutzung insgesamt unattraktiv wäre.“

In der Buchhandlung wird gebaut

Das 44 Quadratmeter große Lager war ohnehin nur die zweite Wahl der Studierenden: In den 60 Quadratmeter großen Hauptraum soll jedoch der Uni-Shop einziehen, der Merchandise der Uni Potsdam verkauft. Warum das Lager zugunsten einer Selbstlernzone geteilt und eine Wand ohne Verbindungstür eingebaut werden soll, findet Meyer unverständlich: „Am Neuen Palais gibt es bereits außer der Bibliothek eine stille Selbstlernzone neben der Cafeteria und auch im Nil-Club soll nach der Renovierung eine solche Selbstlernzone eingerichtet werden.“ Es gebe dafür schlicht keinen Bedarf, im Gegensatz zu studentischen Freiräumen.

Derzeit wird aber schon in der Buchhandlung gebaut: Die Wärme- und Schalldämmung wird erneuert, neue Sanitäreinrichtungen werden eingebaut und eine Theke im Verkaufsbereich des Uni-Shops errichtet, so Silke Engel, die Sprecherin der Uni Potsdam. Bei einer Besichtigung der Baustelle im August fiel den Mitgliedern der AG Freiraum auf, dass ihr geplanter Raum weder über Toiletten noch Wasseranschlüsse verfügte. „Nach einer Rücksprache mit der Architektin wurde das geändert, es gibt jetzt einen Durchgang zu den Toiletten des Uni-Shops und eine kleine Küchenzeile“, sagt Meyer.

Wiederholt hatte die AG gefragt, ob die geplante Wand zwischen Studierenden-Café und Selbstlernzone nicht gestrichen werden oder durch eine Tür ergänzt werden könnte: „Die Uni-Leitung hat das aber immer wieder abgelehnt, mit der Begründung, dass der Beschluss darüber bereits feststehe“, sagt Meyer. Dies führte zu einigem Unmut: Am 17. November um sieben Uhr besetzte eine kleine Gruppe Studierender rund um die Aktivisten der Initiative „Squad.up“ die Baustelle, nach einer Stunde wurde die Aktion von der Polizei beendet. Die Besetzer seien keine Mitglieder der AG Freiraum gewesen, betont Meyer, man sei nach wie vor an einem sachlichen Dialog auf Augenhöhe interessiert. Dennoch könne sie die Aktion verstehen: „Viele Studierende sind mittlerweile ziemlich frustriert über Kommunikation der Uni.“

Renoviertes Gebäude soll bald eröffnet werden

Bislang gibt es vonseiten der Universität Potsdam keine Zeichen, ihre Pläne zu ändern. Das renovierte Gebäude soll im Frühjahr 2021 eröffnet werden. Damit möchte sich die AG Freiraum jedoch nicht zufrieden geben: Da der Rückbau der Mauer auch mit Hinweis auf zu hohe Kosten abgelehnt wurde, hat die AG in der letzten Senatssitzung am 16. Dezember vorgeschlagen, die Mauer auf Kosten der Studierendenschaft einzureißen und dafür im Studierendenparlament um eine Mehrheit zu werben. Meyer schätzt die Kosten dafür auf circa 5000 Euro.

Historisches Gelände. Die Universität Potsdam am Neues Palais.
Historisches Gelände. Die Universität Potsdam am Neues Palais.

© Sebastian Gabsch

Mit knapper Mehrheit hat der Senat dem Antrag zugestimmt, dieser geht nun als Empfehlung an Uni-Präsidenten Oliver Günther. „Jetzt, da der Senat uns Studierende unterstützt, sind wir gespannt, ob auch die Universitätsleitung einlenkt“, sagt Vivien Pejic von der AG Freiraum, die selbst als Studierenden-Vertreterin im Senat sitzt.

Das wäre nach dem sehr schwierigen Corona-Jahr 2020 besonders schön, findet Pejic: „Wir freuen uns darauf, nach der Pandemie wieder normal auf den Campus zurückkehren zu können – und dann endlich den neuen Freiraum einzuweihen.“  

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