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Anwohner schlagen Alarm: Die Kükenfalle im Hirtengraben

Jedes Frühjahr kostet ein Wehr im Kirchsteigfeld viele Entchen das Leben. Anwohner versuchen zu helfen. Unterstützt werden sie aber bislang nicht.

Von Birte Förster

Potsdam - Es ist ein tragisches Schauspiel, das die Anwohner des Kirchsteigfeldes seit Jahren erleben: Stockenten und ihre Küken schwimmen auf dem See am Ende des Wohngebiets zum Hirtengraben, an dessen Ende sich ein Wehr befindet. Durch die Strömung werden die kleinen Küken über das Wehr gespült und fallen etwa 40 Zentimeter tief – in das dahinterliegende Betonrohr. Wenn sie einmal hineingefallen sind, versuchen sie, ängstlich piepsend, gegen die Strömung anzuschwimmen, um sich daraus zu befreien. Ein Gitter vor dem Wehr, durch das die Küken hindurchrutschen, hält die Entenmutter davon ab, den Jungtieren zu helfen. Sie kann schließlich nur dabei zusehen, wie die Küken entkräftet ertrinken.

Diese traurige Geschichte erlebt Anwohner Jan Friedrich nun seit mittlerweile sechs Jahren in jedem Frühling aufs Neue. Der See im Kirchsteigfeld ist mit Seerosen und Schilf idyllisch gelegen. Mittendrin liegt eine Insel, die angelegt worden sei, damit Enten dort brüten könnten, erzählt Friedrich bei einem Rundgang am Seeufer. Nur ein kleines Stück weiter liegt die Falle, in die viele Küken tappen und dort verenden. Friedrich deutet auf das Wehr. Jedes Mal, wenn jemand den Tieren zu helfen versuche, verschwänden sie aus Angst im Betonrohr. Vor Kurzem habe das Sterben der Küken wieder begonnen und dauere jedes Jahr mindestens zwei Monate, erzählt er. Es höre erst auf, wenn die überlebenden Küken Flügel bekommen haben, weiß der Anwohner mittlerweile aus jahrelanger Erfahrung.

„Im Garten hört man die Küken quieken“

Davon betroffen seien nicht nur Stockentenküken, sondern auch das Grünfüßige Teichhuhn, eine geschützte Art. „Im Garten hört man die kleinen Küken quieken“, erzählt Friedrich, der seit zehn Jahren im Kirchsteigfeld wohnt. So wie er erlebten es auch viele andere Anwohner. Bereits vor vier Jahren habe er sich mit dem Vorschlag, am Wehr eine kleine Treppe anzubringen, an die Untere Naturschutzbehörde gewendet. Diese habe das unterstützt, sich vor Ort angeschaut, was dort passiert und die Bereitschaft gezeigt, eine Lösung zu finden. Auch den Nabu habe er kontaktiert. „Aber es hat sich nie etwas getan“, klagt Friedrich.

Also handelte er gemeinsam mit anderen Anwohnern selbst: Sie legten mehrmals Bretter als Aufstiegshilfe ans Wehr, damit die Küken leichter wieder nach oben in den Kanal kommen. Aber der zuständige Wasser- und Bodenverband Nuthe-Nieplitz habe sie immer wieder entfernt, sagt der Tierschützer. Für den Verband sei ein sicherer Abfluss des Wassers das Wichtigste, ist sein Eindruck. Selbst Kinder aus der Nachbarschaft haben bemerkt, was da passiert und versuchten etwas zu unternehmen, sagt Friedrich. „Alle möglichen Leute versuchen, etwas zu machen, aber irgendwie klappt es nicht.“ Letztendlich scheitere es daran, dass sich die Beteiligten nicht einigen könnten und niemand konkrete Maßnahmen zum Schutz der Tiere vor dem Ertrinken umsetzt.

Ein Brett hatte die Küken früher vor dem Ertrinken bewahrt

Auch Manfred Pohl, Vorsitzender beim Nabu-Kreisverband und Ornithologe, versuchte bereits, etwas zu unternehmen. Vor zwei Jahren habe er dort ein Brett mit Löchern am Wehr angebracht, damit das Wasser zwar durchfließen könne, ohne dass aber die Küken hindurchgespült werden, erzählt Pohl, der wie auch Friedrich im Kirchsteigfeld wohnt und aus nächster Nähe mitbekommt, was dort passiert. Auch in diesem Fall habe der Wasserverband die Konstruktion entfernt, so Pohl. Obwohl sich ihr Nutzen deutlich gezeigt habe.

Der Wasser- und Bodenverband Nuthe-Nieplitz wies die Vorwürfe von sich: Es sei nicht bekannt, wer die Bretter immer wieder entferne, hieß es auf PNN-Anfrage. Es habe schon viele Ortstermine mit Anwohnern gegeben, sagte Lars Kühne, Geschäftsführer des Wasser- und Bodenverbandes. „Für den Entenschutz sind wir nicht zuständig“, so Kühne. Das sei die Aufgabe der Unteren Naturschutzbehörde.

Die Stadtverwaltung will nun offenbar doch helfen, das Problem zu beheben. „Der Bereich Umwelt und Natur wird gemeinsam mit dem Nabu Potsdam und engagierten Anwohnern das Brett wieder anbringen, das bisher immer erfolgreich dem Schutz der Küken diente“, sagte Rathaussprecher Stefan Schulz gegenüber den PNN. Damit wären die Küken der nächsten Generation wohl gerettet – wenn nicht wieder jemand die Bretter entfernt.

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