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Besucher konnten sich auf dem Telegrafenberg über die Forschung in Potsdam informieren.

© A. Klaer

17. Lange Nacht der Wissenschaften in Potsdam: Mit Detektor auf Mammutsuche

Die 17. Lange Nacht der Wissenschaften lockte 2000 Besucher auf den Potsdamer Telegrafenberg. Die Einrichtungen ließen sich in diesem Jahr besonders viel für Familien mit Kindern einfallen.

Potsdam - Die lilafarbenen Handschuhe sind viel zu groß. Mit ein bisschen Ziehen und Ruckeln schafft es der neunjährige Jasper aber dennoch, sie überzuziehen. Ausgerüstet mit einem weißen Laborkittel und Schutzbrille reinigt er mithilfe einer Spritze und eines Filters, souverän wie ein echter Wissenschaftler, eine Wasserprobe. Das kleine Freiluftlabor auf dem Telegrafenberg gehört zum Alfred-Wegener-Institut (AWI), dem Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. „Das war spannend“, erzählt Jasper, nachdem er den Kittel wieder abgelegt hat. Ob er aber eines Tages in einem Labor arbeiten will, weiß der Junge noch nicht. Er kann sich vorstellen, Erfinder, Biologe oder Meeresforscher zu werden.

Für wissenschaftlich begeisterte Kinder war die 17. Lange Nacht der Wissenschaften am Samstag auf dem Potsdamer Telegrafenberg ein wahrer Abenteuerspielplatz. Aber auch die Erwachsenen kamen, dank der zahlreichen Angebote, auf ihre Kosten. Mehr als 70 wissenschaftliche Einrichtungen in Potsdam und Berlin öffneten von 17 bis 24 Uhr ihre Türen. Allein auf dem Telegrafenberg waren 2000 Besucher unterwegs, wie Manuela Lange vom Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) bestätigte. Das sei ein großer Anstieg zum Vorjahr, in dem nur etwa 1300 Gäste gezählt wurden, so Susanne Morgner von der Agentur con gressa, die mit für die Organisation der Langen Nacht verantwortlich war.

"Hier sind die Polarforscher, wie cool"

In diesem Jahr hatten sich die Institute und Einrichtungen besonders viel für Familien mit Kindern einfallen lassen. In einem Expeditionsfeldlager vor dem AWI, das Permafrostregionen und atmosphärische Prozesse in den Polargebieten untersucht, können die Gäste das Leben auf einer Expedition nachempfinden. Vor einem roten, spitzen Zelt sind Gegenstände – ein Propankocher, eine Eishacke sowie eine Kiste mit Seilen, Dosenöffner und Plastikeimer – aufgestellt. Kinder können einen der dick gefütterten roten Eisanzüge, komplett mit Stiefeln, Mütze, Handschuhe und Schutzbrille, anprobieren. „Hier sind die Polarforscher, wie cool“, findet die zehnjährige Sophie. In Vollmontur und mit einer Eishacke in der Hand posiert sie strahlend vor dem Expeditionszelt.

Vor dem Institut steht eine große Eiswand, auf der in den frühen Abendstunden bereits zahlreiche Handabdrücke eingeschmolzen sind. Seit mehreren Stunden versuchen die Besucher erfolglos, ein Loch durch die dicke Eiswand zu bohren. Eine dahinter installierte Wärmebildkamera projiziert den Eisblock und die Menschen davor auf eine kleine Videoleinwand, auf der die Temperaturunterschiede deutlich zu erkennen sind.

Ein Highlight ist die Schatzsuche in einer großen Sandkiste. Mithilfe eines echten Metalldetektors und von Sieben, Schaufeln und Schippen sollen die Kinder verbuddelte metallene Mammutknochen, alte Sensoren und Werkzeuge ausgraben – ganz so wie die Forscher des AWI. „Unsere Ausrüstung verlieren wir selber manchmal auf unseren Expeditionen“, sagt Guido Grosse, Sektionsleiter der Periglazial- und Permafrostforschung vom AWI. „Dann müssen wir die im gefrosteten Boden suchen.“ Ganz nebenbei lernen die Besucher etwas über die Forschung des Instituts. So sind in einem Schaukasten die riesigen Knochen und Zähne von Mammuts ausgestellt, die die Wissenschaftler von ihren Expeditionen mitgebracht haben. An einem Modell werden die Folgen des tauenden Permafrostes anschaulich demonstriert. Nach mehreren Stunden liegt die aus hölzernem Spielzeug gebaute Stadt in Trümmern, da das Eis im Boden geschmolzen ist und tiefe Gräben entstanden sind.

Im gut besuchten Michelson-Haus des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zeigen die Mitarbeiter mit einfachen Mitteln, wie die Meeresströme funktionieren. An einem schmalen Becken, das den Golfstrom simulieren soll, wird eine Seite mit einem Strahler erwärmt, die andere mit Eiswürfel abgekühlt. Hinzugegebene blaue und rote Farbe zeigt, wie das kalte Wasser nach unten sinkt, während das warme an die Oberfläche steigt. Gleich nebenan können die Gäste mithilfe einer Computersimulation eine Klimazeitreise machen und beispielsweise die Auswirkungen des Asteroideneinschlags vor 66 Millionen Jahren sehen.

Klügste Nacht des Jahres soll in Potsdam wieder stattfinden

Auch das Geoforschungszentrum erklärt den Besuchern auf anschauliche Weise seine Forschung. Mit einem Hammer dürfen sie mit voller Wucht auf eine große Weltkugel hauen. Durch eine Aluplatte werden die erzeugten Wellen verstärkt, die mit einem Seismometer und Geophonen gemessen und aufgeschrieben werden. „Wir können damit darstellen, wenn es irgendwo bebt und wie lange die Wellen brauchen“, sagt Kay Krüger vom GFZ. Nebenan erklären seine Kollegen an Modellen, wie Vulkane oder Flüsse funktionieren. Trotz der langen Nacht bleibt kaum Zeit, sich alles anzugucken und alle Vorträge mitzunehmen. Aber auch im nächsten Jahr soll die „klügste Nacht des Jahres“ wieder in Berlin und Potsdam stattfinden.

Sarah Stoffers

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