zum Hauptinhalt
Update

Besetzer wieder frei: Haus in der Feuerbachstraße geräumt

In der Feuerbachstraße 36 ist am Samstagabend ein besetztes Haus geräumt worden. 16 Besetzer sind in am Samstag in Gewahrsam genommen worden, inzwischen aber wieder frei. 

Von

Potsdam - Die Polizei hat am Samstagabend ein besetztes Haus in der Feuerbachstraße in Potsdam-West geräumt. Zehn Männer und sechs Frauen sind in der Hausnummer 36 von den Beamten in Gewahrsam genommen worden. Mit Unterstützung von Kräften der Polizeidirektion Besondere Dienste (Bereitschaftspolizei und Spezialkräfte) und Kräften der PolizeidirektionWest habe das Objekt geöffnet werden können, teilte die Direktion am späten Samstagabend mit. Danach wurde das Haus gesichert und auf Beschädigungen überprüft. Erst um 22.30 Uhr gab die Polizei die Straße wieder frei. Am Sonntagmorgen sind die Besetzer wieder aus dem Gewahrsam entlassen worden, vor dem Haus ist derzeit eine Streife postiert.Während der Räumung kam es zu Rangeleien zwischen den Beamten und den Besetzern. Zusätzlich gab es parallel eine spontane Demonstration auf der Breite Straße mit einigen Teilnehmern, die sich laut Polizeiangaben aber schnell wieder auflöste. Verletzt wurde bei den Aktionen niemand, die Polizei bezeichnete die Räumung als "friedlich". 16 Personen aus dem linken Spektrum hatten das Haus am frühen Nachmittag besetzt. Das meldeten sie zunächst in dem sozialen Netzwerk Twitter. Nachbarn hatten außerdem gegen 14.33 Uhr der Polizei den Einbruch von mehreren Jugendlichen durch ein Kellerfenster gemeldet, wie es in einer Mitteilung der Polizei zu dem Vorfall heißt. Daraufhin war zunächst ein Streifenwagen vor Ort. 

Man habe danach Kontakt mit der Erbengemeinschaft aufgenommen, der das Haus gehört, sagte Polizeisprecher Daniel Keip am späten Samstagnachmittag vor Ort. Ein Vertreter der Erben erstattete Anzeige wegen Hausfriedensbruch und stellte Strafanzeige. Bei Eintreffen der Polizei am Abend gab es zunächst eine Sitzblockade, die von den Beamten aufgelöst wurde. "Bleibt ruhig", hieß es von den Besetzern. Man solle sich nicht provozieren lassen. Danach brach die Polizei die Tür zu dem Gebäude auf und drängte die Schaulustigen in Richtung Zeppelinstraße ab.   Zunächst hörte man klassische Musik aus den Fenstern des Hauses, dann traten am Samstagnachmittag die Besetzer maskiert auf den Balkon. Etwa 80 Schaulustige versammelten sich im laufe des Nachmittags vor dem Haus und stellten Bierbänke auf. Sie versorgten die Besetzer mit Kaffee, den sie in einer Thermoskanne an einem Seil in eins der oberen Geschosse des Hauses zogen. "Häuser denen, die sie brauchen", skandierten die Besetzer gemeinsam mit den Schaulustigen. Ebenfalls vor Ort waren Vertreter der Partei "Die Partei" und der Linken, unter anderem der Potsdamer Bundestagsabgeordnete Norbert Müller, die Landtagsabgeordnete Isabelle Vandre und Ex-Kreischef Stefan Wollenberg sowie die Stadtverordneten  Lutz Boede, André Tomczak und Simon Wohlfahrt (Die Andere).

Man wolle das Haus für alle zugänglich machen, forderten die Besetzer kurz nach Bekanntwerden der Aktion via Megafon vom Balkon aus. Dazu wolle man gemeinsam mit den Potsdamern Ideen sammeln. Die Besetzer nennen sich "Gruppe Phase 3". In einer Pressemitteilung kritisierten sie den Verfall des Hauses. Die Gruppe positioniert sich gegen steigende Mieten und den "Ausverkauf der Stadt" sowie Sanierungen, die alte Mieter aus ihren Wohnungen verdrängen. Besetzungen sehe man dazu als legitimes Mittel an. "Die Hoffnung auf 'andere Formen der Auseinandersetzung', wie sie Oberbürgermeister Schubert zuletzt forderte, wurde zu oft enttäuscht, ignoriert, abgetan und ausgetrickst. Selbst schuld!", heißt es in dem Schreiben.

Letzte Besetzungen erst vor wenigen Monaten

Die letzten Hausbesetzungen in Potsdam liegen erst wenige Monate zurück. So hatten Mitglieder linker Gruppen kurz vor der Kommunalwahl Ende Mai mehrere leer stehende Objekte besetzt, darunter Häuser in der Charlotten-, der Zeppelin-, der Goethe- und der Potsdamer Straße. Auch dort wurde mit Slogans wie „Die Häuser denen, die sie brauchen“ unter anderem gegen Leerstand, Wohnungsmangel und soziale Verdrängung protestiert. Die meisten Objekte waren damals von den Besetzern freiwillig wieder verlassen worden, nur das Haus in der Charlottenstraße 12 musste von der Polizei geräumt werden. 

Auch kurz vor der Oberbürgermeisterwahl im Herbst 2018 hatte es eine Hausbesetzung in Potsdam gegeben. Am Freitagabend vor dem Wahlsonntag war eine leer stehende Immobilie in der Gutenbergstraße von Dutzenden Aktivisten besetzt worden – die Stadt will das Haus sanieren und zu einer neuen Grundschule umbauen. Auch diese Aktion richtete sich gegen den Druck auf dem Wohnungsmarkt und steigende Mieten. Seit Jahren warnt die in Potsdam traditionell starke linke Szene vor Gentrifizierung in der wachsenden Stadt. 

Zur Startseite