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Auf Tuchfühlung. Shuwun Joshua Mafwil und Josiane Uwineza Bigaruka waren unter den afrikanischen Gästen am Spargelhof Klaistow. Bei dem Besuch ging es um Ideen für die Entwicklung des ländlichen Raumes.

© Sebastian Gabsch

Zu Gast am Spargelhof Klaistow: Von Ruanda nach Beelitz

30 junge Besucher aus mehreren afrikanischen Ländern informierten sich in Klaistow über die Arbeit eines Brandenburger Spargelhofs.

Beelitz - Sauce Hollandaise, Spargel-Likör und sogar eine Spargel-Zitronen-Marmelade stehen auf den Tischen und im Regal des Hofladens. Die rund 30 jungen Besucher aus Afrika sehen sich das Sortiment genau an, machen sich Notizen und schießen Handyfotos. Geschäftsführerin Antje Winkelmann steht in der Mitte des Ladens und erzählt, wie die Ideen zu den einzelnen Produkten entstanden und welche Veranstaltungen der Hof anbietet, um Besucher anzulocken. Dabei übersetzt eine Dolmetscherin das Gesprochene ins Englische, sodass die afrikanischen Gäste per Kopfhörer folgen können. Die 25- bis 35-jährigen Gäste besuchen den Spargelhof Klaistow als Teil des Programms „Future of the Rural World“, mit dem das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ländliche Gebiete in Entwicklungsländern fördert. „Es geht darum, Modernität aufs Land zu bringen, damit dort wirtschaftliche Perspektiven für junge Menschen entstehen“, erklärt Stefan Schmitz, Mitarbeiter des BMZ.

Gabriel Akali aus Kenia ist begeistert von der Vielfalt der Produkte im Hofladen. Der 30-Jährige könnte sich ein solches Konzept mit ganz unterschiedlichen Lebensmitteln auch für kenianische Landwirte vorstellen, vielleicht als gemeinsames Projekt mehrerer Höfe, sagt er. „Das würde sicher Besucher anlocken.“ Akali hat einen Bachelor an der Jomo Kenyatta University of Agriculture and Technology absolviert und sich anschließend bewusst für ein Leben auf dem Land entschieden. Dort arbeitet er seit einiger Zeit als selbstständiger Berater für junge Landwirte. „Ich helfe den Menschen, ihren Hof als profitables Unternehmen aufzubauen“, sagt er. Er unterstützt die Jugendlichen beim Beschaffen von Krediten und bringt ihnen Gewächshaustechniken und Managementfähigkeiten bei.

Auch Josiane Bigaruka unterstützt in ihrem Heimatland Ruanda den wirtschaftlichen Aufbau dörflicher Regionen. „Ich bin auf dem Land aufgewachsen und weiß, wie schwierig es ist, dort eine Existenz aufzubauen“, sagt die 26-Jährige. In Ruanda arbeitet sie an einem Entwicklungsprojekt mit, das die Lebensbedingungen in kleinen Dörfern verbessern soll. „Wir untersuchen zum Beispiel, welche gesundheitlichen Probleme es gibt und was dagegen getan werden kann.“ Nur wenn es für junge Menschen attraktiv werde, auf dem Land zu leben, hätten die Dörfer Ruandas eine wirtschaftliche Zukunft, sagt sie.

„Im ersten Moment fragt man sich: Was sollen Landwirte aus Afrika von einem Hof im deutschen Brandenburg lernen?“, sagt Stefan Schmitz. „Aber tatsächlich lässt sich der Fall gut übertragen: Wir haben es ja mit einem Hof vor den Toren einer großen Stadt zu tun, der es geschafft hat, sich einen riesigen Markt als regionaler Anbieter zu erschließen.“ Genau hier hapere es in afrikanischen Staaten aktuell noch. Anstatt heimische Produkte zu konsumieren, kauften die meisten Menschen Importware, da diese meist eine bessere Qualität aufweise und aufgrund geschickteren Marketings ein höheres Ansehen genieße. „Wenn der Beelitzer Spargel durch seine Qualität und das gute Marketing nicht so bekannt geworden wäre, würden wir hier in der Region vielleicht auch stattdessen Spargel aus Polen kaufen“, sagt Schmitz zur Verdeutlichung.

In der Großküche des Spargelhofs dürfen die Gäste beobachten, wie die weißen Stangen geschält, in Wasser gelegt und weiterverarbeitet werden. Den meisten ist das deutsche Frühlingsgemüse bisher unbekannt. „Es erinnert mich an Maniokwurzeln“, sagt Josiane Bigaruka. In Ruanda gehört die stärkehaltige Knolle zu den wichtigsten landwirtschaftlichen Gütern. „Spargel essen in Kenia nur sehr reiche Leute“, sagt Gabriel Akali.

Die Initiative „Future of the Rural World“ hat eine Liste von 41 Zielen erarbeitet, die sie bis zum Jahr 2030 mit Hilfe der Zivilgesellschaft, von Wissenschaftlern sowie dem privaten und öffentlichen Sektor der G20-Staaten umsetzen möchte. Zu den Zielen gehört unter anderem, die weltweite Jugendarbeitslosigkeit um mehr als die Hälfte zu reduzieren und das wirtschaftliche Potenzial von Landwirten, Fischern und Viehbauern durch innovative Weiterentwicklung besser zu nutzen. 

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