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Wechselstimmung. Editha Stürtz-Frase geht nach acht Jahren. Howard Harrington, Alexandra Jaap-Peix und Sabine Harrington (v.l.n.r.) versuchen nun ihr Glück.

© A. Klaer

Werder (Havel): Wohnzimmer der Zugezogenen

Das Werderaner Café Olive hat nach acht Jahren neue Betreiber. Das Konzept soll erhalten bleiben

Von Eva Schmid

Werder (Havel) - Es sind die kleinen Details, die Sympathie und Gäste bringen: Die richtige Zubereitung des Kaffees, die Nachfrage, ob das Mineralwasser kalt oder bei Zimmertemperatur serviert werden soll und nicht zuletzt die vielen Fragen der Gäste, die geduldig beantwortet werden wollen. Auch wenn der Laden voll ist. Es klingt profan, was Editha Stürtz-Frase dem neuen Betreiber-Trio ihres Werderaner Insel-Cafés erzählt, aber für die drei Berliner Quereinsteiger sind solche Informationen wertvoll. Ihr Wissen aus der Gastronomie weiterzugeben, hilft ihr auch, sich langsam von ihrem einstigen Traum zu lösen.

Acht Jahre lang hat Stürtz-Frase das kleine Café Olive am Eingang der Werderaner Altstadt auf der Insel betrieben, jetzt hört sie auf. Schon vor einem Jahr, mit 70 Jahren, wollte sie einen Schlussstrich ziehen. „Auch ich will abends endlich mal Kultur erleben“, sagt die Frau mit den kurzen weißen Haaren. Aber das klappte bisher nicht. Nach so vielen Jahren auf der Insel – Stürtz-Frase arbeitete nicht nur dort, sondern lebte dort auch – konnte das mit dem Abschied natürlich nicht so schnell vonstattengehen. „Aber jetzt ist das Café übergeben, das Haus verkauft“, sagt die ehemalige Betreiberin entschlossen. Jetzt sei wirklich Schluss.

Mit viel Liebe zum Detail hat die einstige Berlinerin aus Zehlendorf das Café am Eingang zur Insel etabliert. Hätte es in Kreuzberg gestanden, wäre es immer voll gewesen, hatten ihre drei Kinder mal gescherzt. Aber es war auch in Werder gut besucht, trotz oder gerade wegen seines alternativen Charmes. Wer das Olive betrat, merkte schnell, dass das Café eher untypisch für die Stadt ist. Stürtz-Frase, der allein schon durch ihre Kleidung – bunte Schals und weiten Stoffhosen – etwas Kreuzberghaftes anhaftet, bediente ihre Gäste fast immer persönlich. Nur am Wochenende, da hätten ab und an mal Gymnasiasten geholfen.

Auf der Karte bot sie Limonade an, von deren Verkaufserlös Flüchtlingsprojekte unterstützt werden. An den Wänden hatte sie Fotos aus fernen Teilen der Welt ausgestellt, die auch das Elend, die Armut zeigten. Stolz erzählt sie, dass sie regelmäßig vier Ausstellungen pro Jahr organisierte, in den Wintermonaten November und Dezember stellte die gelernte medizintechnische Assistentin ein üppiges Kulturprogramm zusammen. Es gab Jazz, Diskussionsabende, Vorträge über das aktuelle Geschehen in der Weltpolitik. Den Winter überleben, so nannte sie intern ihr Programm. Wenn die Laufkundschaft ausblieb, die Tage grau waren, da musste sie sich doch etwas einfallen lassen. Die Gäste kamen aus Potsdam und Berlin. Nicht zuletzt trafen sich bei ihr die ehemaligen Städter, die es ins Umland gezogen hat. „Für die Zugezogenen war es hier wie in ihrem Wohnzimmer.“ Altvordere hingegen seien nur wenige gekommen.

Zu ihren einstigen Gästen zählt auch das Trio, das jetzt das Café übernimmt. Die drei Berliner, alle Anfang 50, verwirklichen sich einen Traum. Jahrelang machten sie Ausflüge ins Potsdamer Umland. Besonders Werder und seine Altstadt hatte es ihnen angetan. Am liebsten würden sie rausziehen, vorerst wird an fünf Tagen pro Woche aus der Stadt heraus gependelt. „Sobald ich auf der Inselbrücke bin, legt sich bei mir ein Schalter um, Berlin ist dann ganz weit weg“, sagt Alexandra Jaap-Peix. Neben all der Landromantik weiß sie aber auch, dass sich das Geschäft für sie und ihre zwei Mitstreiter, ein Berliner Ehepaar, lohnen muss. Ihre Jobs haben sie deshalb noch nicht komplett an den Nagel gehängt – aber sie spielen mit dem Gedanken.

Im kleinen Inselcafé soll vorerst vieles so bleiben wie bisher. Nur im hinteren Raum, wo es bisher Kleider und Olivenöl zu kaufen gab, sollen künftig Wohnaccessoires von jungen Designern, auch aus Potsdam und der Region, ausgestellt und verkauft werden. Ab Dezember will das Trio die ersten Einrichtungsgegenstände zum Adventsmarkt anbieten. Im kommenden Frühjahr soll dann das komplette Angebot stehen. Bis dahin will Editha Stütz-Frase noch oft vorbeischauen. Ein Rückzug von der Insel braucht eben seine Zeit. Eva Schmid

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