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Herausgeputzt. Das Bahnhofsgebäude von 1879 hat der Berliner Unternehmer Thomas Drechsel (B. u. l.) gekauft und saniert es mit Architekt Hajo Mattern (r.). Im Eingangsbereich der Bahnhofshalle soll es künftig einen Kiosk in einem Pavillon geben.

© A. Klaer,privat,es

Wandel im Bahnhof Michendorf: Wie im eigenen Haus

Der Michendorfer Bahnhof soll im Frühjahr 2019 fertig saniert sein. Eigentümer Thomas Drechsel über seine Pläne und Leidenschaft für den Ort.

Von Eva Schmid

Michendorf - Thomas Drechsel streicht über die Backsteine an der Fassade des Michendorfer Bahnhofs. Es ist schon fast eine zärtliche Geste. Prüfend schaut er auf die ockerfarbenen Steine. Das verblasste Graffiti ist noch immer zu sehen. „Da müssen wir nochmal ran“, sagt der Mann mit den kurzen, strohblonden Haaren und der markanten, schwarzen Brille. Der einstige Wurstbaron Berlins, Thomas Drechsel, hat ein neues Lieblingsobjekt: seinen Michendorfer Bahnhof. Bei einem Pressetermin am Donnerstag informierte der 57-Jährige Unternehmer, dem die Berliner Imbisskette Wurstmaxe gehört, zusammen mit seinem Architekten und Michendorfs Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) seine Pläne für das denkmalgeschützte Gebäude und den bisherigen Stand der Sanierung. Drechsel kündigte an, bis zum Frühjahr 2019 den Bahnhof im Ortszentrum fertig saniert zu haben.

Seit mehreren Monaten bereits geht es mit der Schönheitskur für das über die Jahre immer stärker verwahrloste Gebäude voran. Ersteigert hatte Drechsel den Bahnhof wie berichtet Ende März vergangenen Jahres. Zuvor gab es in Michendorf viel Diskussion darum, ob die Gemeinde ihren Bahnhof nicht selbst kaufen sollte und wenn ja, für welchen Preis. Michendorf hatte von der Deutschen Bahn ein Vorkaufsrecht angeboten bekommen. Der Preis, den die Gemeinde aber zu zahlen bereit war, lag so niedrig, dass die Bahn das noch nicht einmal kommentieren wollte. Das Bahnhofsgebäude von 1879 kam unter den Hammer, für rund 334 000 Euro erhielt Drechsel den Zuschlag. Wenn die Sanierung fertig ist, wird Drechsel mit der Kaufsumme insgesamt knapp 700 000 Euro investiert haben. Das Geld, so scheint es, ist aber wohl eher Nebensache. Hauptsache ist, dass es schön aussieht.

Bahnhöfe zu einem Juwel zu machen

Prachtstück des neuen Bahnhofs soll ein Pavillon in der Eingangshalle sein. Darin soll ein Kiosk einziehen. Drechsels Architekt Hajo Mattern zeigt Bilder, das neue Häuschen soll ähnlich dem am Berliner S-Bahnhof Nikolassee gestaltet werden. Mattern, der seit 20 Jahren mit Drechsel zusammenarbeitet, schwärmt von seinem Arbeitgeber. Er habe einen Sinn dafür, Bahnhöfe zu einem Juwel zu machen. So auch jetzt in Michendorf. In Drechsels Besitz befinden sich rund sieben Bahnhöfe, darunter die Berliner Stationen Mexikoplatz, Nikolassee und Humboldthain, auch der Bahnhofsvorplatz in Bad Saarow gehört ihm. Der Unternehmer ist ein Liebhaber alter Baudenkmäler und hat sich vor fünf Jahren aus dem Wurstgeschäft zurückgezogen, um genügend Zeit für seine Leidenschaft zu haben.

Zeit braucht der neue Eigentümer auch: Die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn und der Bauaufsicht hätten sich in die Länge gezogen. Und auch im Grundbuch sei er bisher nur vorgemerkt, nicht aber eingetragen, erzählt Drechsel. Die Bahn will ihm das Gebäude nicht ganz überschreiben, die Bauaufsicht indes kann keine Baugenehmigungen ausstellen, wenn das Gebäude ihm nicht vollständig gehört.

Der Grund für die Blockadehaltung der Bahn: Der Inhaber des Bahnhofs muss die Zuwegung zu den Gleisen sicherstellen. Streitigkeiten dieser Art kennt Drechsel, mit Mirbachs Hilfe ließ sich einiges davon klären. Die Bauanträge jedoch könnten dennoch erst jetzt gestellt werden.

„Für Michendorf ist das Engagement von Herrn Drechsel ein Glücksfall“

Mirbach hingegen ist froh, dass seine Gemeinde ein derartiges Tauziehen nicht aussitzen muss. „Für Michendorf ist das Engagement von Herrn Drechsel ein Glücksfall“, so Mirbach. Für die Gemeinde hätte es zu viele Unwägbarkeiten gegeben bei der geforderten Sanierung. Zudem hätte das Rathaus alle Leistungen einzeln ausschreiben müssen, man wäre niemals so schnell und so günstig weggekommen wie der jetzige Privatbesitzer.

Tatsächlich ist auf der Baustelle am Bahnhof ein eigenes Handwerkerteam des Unternehmers am Werk. Sie verputzen Wände, ersetzen zerbrochene Scheiben, entfernen Graffitis, immer und immer wieder. „Bis diejenigen, die das machen, keine Lust mehr haben“, sagt Drechsel. Um sein Eigentum besser vor Vandalismus zu schützen, will er Kameras einbauen lassen. Bis jetzt fährt Drechsel selbst an seinen Objekten vorbei und schaut nach dem Rechten.

Viel Liebe zum Detail

Mittlerweile kennt er auch seine Mieterin, die Pächterin des Restaurants Schneider, gut. Sie arbeitet und wohnt im Bahnhof. Und hat Interesse gezeigt, den Kiosk zu betreiben. Außer ihr wird künftig niemand mehr im Bahnhof wohnen, die Behörden hätten sich eine gewerbliche Nutzung gewünscht, so Drechsel. Die dort ansässige Psychotherapiepraxis ist bereits nach Wilhelmshorst umgezogen. Die noch ansässige Kubus gGmbH, die Langzeitarbeitslose betreut, wolle die frei werdenden neuen Räume komplett nutzen, teilte Drechsel am Donnerstag mit.

Dann sei da noch etwas. Drechsel grinst. Er habe auf einem der Berliner Trödelmärkte, auf denen er häufig unterwegs sei, etwas Tolles entdeckt: Ein altes Emailleschild der Sparkasse. Zufällig im passenden Gelb der Klinkerfließen. Darauf der Satz: „Das Geld des Dorfes dem Dorfe“. Das Schild, ebenso wie alte Postkarten, will Drechsel in der Bahnhofshalle aufhängen. Als ob die Michendorfer Station Drechsels Wohnzimmer wäre, Drechsel zeigt viel Liebe zum Detail. Und die lohnt sich: „Einmal saniert, sind Bahnhöfe unkaputtbar.“

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