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Wachstum in Potsdam-Mittelmark: Grüne wollen schnellen Wohnungsbau in Michendorf stoppen

Michendorfs Grüne wollen gegen weitere Neubauten vorgehen. Sie sehen die Lebensqualität in der Kommune gefährdet.

Von Eva Schmid

Michendorf - Ein Einfamilienhausrohbau reiht sich derzeit in den Michendorfer Ortsteilen an den nächsten. Die Gemeinde wächst sichtbar. Allein am heutigen Montag wird im Hauptausschuss über drei neue Bebauungspläne beraten. Die Infrastrukturentwicklung kann kaum mithalten. Die Grünen fordern deshalb, schnelle Bauplanungsverfahren künftig nicht mehr zuzulassen.

Bereits im Mai dieses Jahres hat Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) versucht, die Notbremse zu ziehen. Er schlug vor, einige B-Pläne auf das Jahr 2021 zu verschieben. Die Gemeinde sei mit ihren Kapazitäten in Kitas, Schule und Hort am Limit.

Ein großes Problem der Gemeinde ist den Michendorfer Grünen zufolge der Paragraph 13 b des Baugesetzbuches, der Wohnbebauung im Außenbereich von Ortschaften erleichtern soll. Er soll laut Grünen-Antrag in Michendorf künftig nicht mehr angewendet werden dürfen. Für Grundstücke mit einer Fläche von bis zu 10 000 Quadratmetern, die sich an die Ortslage anschließen, muss dem Paragraphen zufolge keine Umweltprüfung erfolgen. Dementsprechend entfallen auch Ausgleichsmaßnahmen wie Ersatzpflanzungen von gefällten Bäumen. Das Verfahren zum Wohnungsbau wird dadurch nicht nur schneller, sondern auch um einiges günstiger für den Investor, Bauträger oder Flächeneigentümer.

Im Mai vergangenen Jahres ist diese vereinfachte Planung von der Bundesregierung beschlossen worden. Sie will damit EU-Recht umsetzen, Naturschutzverbände sowie der Bundesrat haben im Vorfeld ihr Veto gegen die Gesetzesänderung eingelegt. Gebracht hat es nichts. Zumindest bis Ende 2019 soll die neue Regelung gelten mit dem Ziel, schneller preiswerten Wohnraum zu schaffen.

Laut dem Sprecher der Michendorfer Grünen, Andree Halpap, sind die Schwerpunkte für derartige beschleunigte B-Planverfahren vor allem in Wilhelmshorst und Wildenbruch spürbar. Die Zersiedlung falle in einer waldreichen Gemeinde nahe am Landschaftsschutzgebiet Nuthe-Nieplitz besonders stark auf. „Wir sind nicht gegen Zuzug, er muss aber geregelt sein und die Gemeinde soll entscheiden, wo er stattfinden soll.“ Das sei nicht auf Basis einzelner B-Planverfahren möglich, sondern müsse größer gedacht werden.

Wichtig sei zudem, dass die Gemeinde mit dem Zuwachs an Wohnraum auch die Infrastruktur mitentwickeln könne. Es helfe nichts, zusätzliche Einwohner nach Michendorf zu holen, wenn der Regionalexpress in Richtung Berlin und Potsdam jetzt schon voll sei. Die derzeit neu geschaffenen Plätze in Kitas, Schulen und im Hort reichten auch nur nur für die Familien aus, die in den im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Baufeldern ihr Haus errichten und nicht am Ortsrand neubauen.

In der Begründung erklären die Grünen, dass weitere Wohngebiete die angespannte Situation verschärfen und die Lebensqualität aller Michendorfer nachteilig beeinflussen würden. Beschleunigte Verfahren sollten wenn überhaupt erst wieder angewandt werden, wenn der Ausbau der Infrastruktur es zulasse. Eine Gemeinde, die mit Wohnen im Grünen für sich werbe, und dann leichtes Spiel bei der Bebauung des Außenbereichs lasse, passe nicht zusammen, findet Halpap.

Bauamtschef Christopher Gerhardt bestätigt gegenüber den PNN, dass sich in den vergangenen Monaten die Zahl derartiger vereinfachter Bauverfahren deutlich erhöht habe. Nicht nur aufgrund der geringeren Kosten sind diese Verfahren für Investoren attraktiv, auch sind sie wesentlich schneller abgeschlossen. Während ein normales B-Planverfahren bis zu zwei Jahre dauern kann, ist Baurecht im Schnellverfahren in weniger als einem Jahr, oft gar schon nach sechs Monaten geschaffen.

Weniger problematisch sieht Wilhelmshorst Ortschef Gerd Sommerlatte (FBL/UWG) die Sache. In Wilhelmshorst hätte bisher immer eine Umweltprüfung für Bauanträge stattgefunden. Es liege in der Hand der Kommune, darüber zu entscheiden. Er findet, dass darüber zu viel Aufhebens gemacht wird. Zudem würde Michendorf Zuwachs noch vertragen. Der Wildenbrucher Ortschef war für eine Stellungnahme für die PNN bislang zu erreichen.

Sommerlatte indes will dennoch für den Antrag der Grünen stimmen, der die Gemeinde dazu bemächtigt, von vornherein die Antragsteller das normale Verfahren durchlaufen zu lassen. Per se sei der Antrag ja nicht schlecht und bestätige mit der Umweltprüfung nur das, was die Gemeinde ohnehin schon umsetzen würde.

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Wohnen an der alten Gärtnerei

Ein umstrittenes Projekt, die Bebauung der alten Gärtnerei am Rande von Wilhelmshorst, wird am heutigen Montag vom Hauptausschuss beraten. Der Investor Philipp Krentz wollte ursprünglich eine Fläche von 3,6 Hektar bebauen - ein Drittel der Fläche jedoch hat er nach Protest von Wilhelmshorstern aus dem B-Planverfahren herausgenommen. Die Gegner des Projektes werfen Krentz eine Salami-Taktik vor: Erst würde er zwei Drittel der Fläche bebauen und später dann den restlichen Teil, das sei absehbar. Als brisant erachten sie zudem, dass für die Bebauung der alten Gärtnerei der Flächennutzungsplan geändert werden muss. Der sieht an dieser Stelle unter anderem Grünfläche vor. Würde die Gemeinde leichtfertig den Plan ändern, werde ihr damit im Kampf gegen die Deponie in der benachbarten Fresdorfer eines ihrer wichtigsten Argumente genommen. Der Plan sieht dort lediglich die Abgrabung oder Gewinnung von Bodenschätzen vor. 

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