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Die Brüder Michael und Johannes Schuke (v.l.) führen heute die 1820 gegründete Orgelbau-Firma in Werder weiter. 

© Andreas Klaer

Traditionsunternehmen aus Werder (Havel): Schuke-Orgelbau feiert 200. Geburtstag

Das Unternehmen Schuke Orgelbau blickt auf eine lange Geschichte und viele spannende Aufträge zurück. Am Samstag feiert die Firma ihr 200-jähriges Bestehen. 

Von Sarah Stoffers

Werder (Havel) - Orgelbaumeister Michael Schuke lobt seine Alleskönnerin. Violine, Cello, Posaune oder Trompete - alles kein Problem. Die Orgel kann das alles nachahmen. „Die Orgel" resümiert Schuke, "wird auch die Königin unter den Instrumenten genannt.“ Der 31-Jährige weiß sehr genau wovon er redet, denn gemeinsam mit seinem Bruder Johannes führt er die renommierte Firma Schuke Orgelbau in Werder (Havel). Das traditionsreiche Unternehmen feiert am Samstag sein 200. Firmenjubiläum.

Der Ursprung liegt in der Potsdamer Charlottenstraße

Das heute unter dem Namen Alexander Schuke Orgelbau GmbH bekannte Unternehmen wurde ursprünglich 1820 von dem gelernten Orgelbauer Gottlieb Heise gegründet, wie Johannes Schuke am Dienstag bei einem Presserundgang anlässlich des Jubiläums erklärt. Heise eröffnete seine Werkstatt in der Potsdamer Charlottenstraße 50 und konnte sich schnell einen Namen machen. So erhielt er unter anderem den Auftrag, die Orgel für das neu errichtete Kirchengebäude der St-Nikolai-Kirche zu bauen. Die Orgel, die 1837 fertiggestellt und später von der Orgelbauer-Firma Sauer erweitert wurde, verbrannte zum Ende des Zweiten Weltkrieg vollständig.

Nach dem Tod von Heise 1847 übernahm Carl Ludwig Gesell das Geschäft in Potsdam. Er hatte zuvor bereits einige Jahre als Gehilfe bei Heise gearbeitet. Später, ab etwa 1868, führte sein Sohn Carl Eduard Gesell die Werkstatt fort. Urgroßvater Schuke erlernte bei ihm schließlich das Orgelbauen und übernahm nach Gesells Tod 1894 die Firma. Ab 1933 leiteten die beiden Söhne Hans-Joachim und Karl Ludwig Schuke die Geschäfte zunächst gemeinsam, später führte Hans-Joachim das Unternehmen alleine. Doch dann wurde die Potsdamer Firma 1972 verstaatlicht. „Das war ein herber Schlag für unseren Großvater“ sagt Johannes Schuke. Er habe sich nie mehr richtig von dem Schicksalsschlag erholt und erlitt wenige Jahre später einen Schlaganfall. 

Reprivatisierung nach der Wende

Sein Sohn, Matthias Schuke, setzte die Familientradition fort, machte in dem Potsdamer Betrieb seine Ausbildung und 1988 seinen Meister. „Nach der Wende konnte unser Vater das Unternehmen schließlich reprivatisieren und übernehmen“, sagt Johannes Schuke. Seit Oktober 2018 führen die Michael und Johannes die Firma, die seit 2004 in den Havelauen in Werder sitzt. Matthias Schuke wird Ende des Monats in Rente gehen, aber weiterhin mit seinem enormen Fachwissen den Söhnen zur Seite stehen, wie Johannes Schuke erklärt.

Die Alexander Schuke Orgelbau GmbH konnte sich in den vergangenen Jahrzehnten dank hochkarätiger Aufträge einen Namen machen. So war die Firma unter anderem verantwortlich für Neubau-, Restaurierungs- und Rekonstruktionsarbeiten im Leipziger Gewandhaus, im Dom zu Magdeburg, im Dom zu Erfurt, im Dom zu Schwerin, in Dom zu Brandenburg und in der St. Stephan-Kirche in Tangermünde. Die um 1623/1624 gebaute Scherer-Orgel in der Kirche St. Stephan in Tangermünde ist eines der renommiertesten Projekte der Werderaner Orgelbauer. Sie wurde Anfang der 90er Jahre sehr aufwendig restauriert und rekonstruiert.

Eine fertige Orgel in der Montagehalle kurz vor der Überführung nach Shanghai.
Eine fertige Orgel in der Montagehalle kurz vor der Überführung nach Shanghai.

© Andreas Klaer

Russlands größte Orgel kommt aus Werder

Der größte Auftrag war bisher jedoch die Orgel für den Königsberger Dom in Kaliningrad, wie Johannes Schuke erzählt. Das Original wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Das Gehäuse der Hauptorgel ist ein Barocker Nachbau, dahinter befindet sich jedoch eine symphonische Orgel, wie Johannes Schuke erklärt. „Denn sie ist für Konzerte im Dom gedacht.“ Drei Jahre lang, von 2005 bis 2008, habe ihre Werkstatt an der Rekonstruktion gearbeitet. Neben der Hauptorgel ist auch eine kleinere Chororgel gebaut worden. Vom Spieltisch können dank modernster Technik beide Orgeln angespielt werden. Insgesamt verfügen die Orgeln über 122 Register. Als Register bezeichnet man eine Reihe Orgelpfeifen, die alle Töne einer Art beinhaltet. Etwa 8000 bis 9000 Pfeifen wurden eingebaut, schätzt Michael Schuke. „Diese Dimensionen sind schon sehr, sehr selten. Das ist etwas ganz Besonderes.“

Doch auch aus weiter Ferne kommen die Aufträge nach Werder, wie Johannes Schuke erzählt. Erst kürzlich sei eine Orgel nach Australien ausgeliefert worden, weitere Arbeiten der Orgelbauer stehen in Taiwan und Mexiko. Für die Musikstudenten einer Shanghaier Universität wurde gerade eine Übungsorgel gebaut, die nun noch auf ihre Auslieferung wartet. Erst in diesem Jahr wurde die Restaurierung und Erweiterung der Orgel in der St. Katharinenkirche in Brandenburg an der Havel fertig. Dabei handelte es sich, wie berichtet,  um das bislang größte Orgelbauprojekt in Ostdeutschland. Vom Spieltisch können nun vier Orgeln angespielt werden. Die Orgel verfügt über 96 Registern und ist nun das größte im Land Brandenburg.

Corona-Folgen noch nicht spürbar

Die Corona-Pandemie habe sich bisher noch nicht bemerkbar gemacht, sagt Johannes Schuke. Doch die wirtschaftlichen Einbrüche kämen wegen der langen Vorlaufzeit der Aufträge wenn dann erst rund ein bis zwei Jahre später. „Wir werden sehen, ob es so weiterläuft wie bisher.“ Doch noch sieht es gut aus. Erst im September hat die Firma einen neuen Auszubildenden eingestellt. Insgesamt sind mit den beiden Brüdern rund 20 Mitarbeiter mit den Instrumenten beschäftigt. Die Brüder wollen auch weiterhin Orgeln bauen. „Man bearbeitet verschiedenste Materialien und schafft eine Art Bauwerk, dass einzigartige Klänge schafft und die Leute begeistert,“ sagt Johannes Schuke.

Anlässlich des Jubiläums findet am Samstag in den Werkstätten in der Otto-Lilienthal-Straße 33 zwischen 10 und 15 Uhr ein Tag der öffnen Tür statt. Von 13 und 16 Uhr kann zudem die neue Orgelanlage und ihre Technik in der Brandenburger St. Katharinenkirche besichtigt werden. Anschließend erklingt die neue Orgel um 16.30 Uhr bei einem kostenfreien Konzert in der Kirche mit dem Kirchenmusikdirektor Fred Litwinski.

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