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Weißes Gold. Landwirt Axel Szilleweit ist in diesem Jahr zufrieden mit seiner Rübchen-Ausbeute. Auf 30 Hektar baut er gemeinsam mit seiner Frau seit der Wendezeit das Gemüse an. Interessenten für die Rübchen gibt es sogar in Frankreich.

© Andreas Klaer

Teltow: Renaissance der Rübe

Die diesjährige Rübchenernte sieht bei Axel Szilleweit vielversprechender aus als im vergangenen Jahr.

Teltow - Mit einem kräftigen Ruck ziehen Rübchenprinzessin Aurelia und Rübchenprinz Jonas je eine weiße Knolle aus der Erde. Rundherum blitzen die Kameras der Pressefotografen – schon mal eine gute Übung für das Rübchenfest, das die beiden Viertklässler am Sonntag eröffnen werden. Neben dem Prinzenpaar sitzt Landwirt Axel Szilleweit mit einem Korb auf dem Schoß, in dem die erste Kostprobe von seinem Rübchenfeld liegt. Die kann sich im Vergleich zum Vorjahr sehen lassen. Wegen extremer Trockenheit hatten die ersten Rübchen in der vergangenen Saison nur ungefähr Radieschengröße. Auch dieses Mal ist Szilleweit nicht ganz zufrieden mit dem Wetter: „Erst hatten wir extreme Trockenheit, dann schwammen uns die Aussaaten fast weg.“ Aber irgendwie seien die Rübchen diesmal dann doch was geworden, fügt er hinzu.

Zum Anstich sind auch die geladenen Politikvertreter guter Stimmung und halten launige Eröffnungsreden. Einige Menschen würden ihm ja Ähnlichkeit mit dem Teltower Rübchen bescheinigen, sagt Landrat Wolfgang Blasig: „Aber das Rübchen hat einen Backenbart, keinen Vollbart.“ Zum Beweis hält er in Gesichtshöhe eine weiße Rübe von der die dünnen Wurzelstränge seitlich abstehen. Immer wieder erstaunlich sei für viele Menschen auch, dass es in Teltow überhaupt Landwirtschaft gebe, fährt Blasig fort. „Das glaubt man manchmal kaum, bei all den High-Tech-Firmen hier.“

In Teltow wird immer mehr Bauland gebraucht - für die Rüben von Axel Szilleweit wird es allmählich eng

Wenn es nach Axel Szilleweit ginge, dann könnte es allerdings ruhig etwas weniger Platz für neue Firmen und Wohnungen in Teltow und wieder etwas mehr Platz für seine Rübchen geben. Als seine Frau und er zur Wendezeit anfingen, die Rübchen für den Verkauf anzubauen, seien sie mit 63 Hektar Gemüseanbaufläche gestartet. „Inzwischen haben wir noch knapp 30 Hektar“, sagt der Landwirt, der auch für die Linke in der Teltower Stadtverordnetenversammlung sitzt. Ein Teil seiner einstigen Pachtfläche musste dem Bau einer Verbindungsstraße zum geplanten Flughafen Berlin-Brandenburg weichen. Szilleweit befürchtet, dass in den kommenden Jahren noch mehr seiner Anbaufläche wegbrechen könnte, weil immer mehr Bauland gebraucht werde. Wenn das der Fall sein sollte, würde er aber zuerst auf den Anbau anderer Gemüsesorten verzichten. „Die Rübchen haben Vorrang.“

Pro Jahr erntet der 55-Jährige rund zehn bis 15 Tonnen Rübchen von seinen Feldern und verkauft sie ab Mitte Oktober in seinem Hofladen. Die Preise lägen jeweils relativ konstant zwischen 6,50 und 7,50 Euro pro Kilo. Die Kundschaft, die Szilleweit bedient, besteht größtenteils aus Gastronomen, außerdem kaufen auch einige Privatleute Rübchen, um sie selbst zu Hause zu kochen. Das Kundeninteresse reiche bis nach Frankreich, sagt Szilleweit. Aber das sei ja auch kein Wunder, denn da käme das Gemüse ursprünglich her. Vor 350 Jahren sollen die Hugenotten die Rübchen nach Teltow gebracht haben, so Szilleweit.

Rübchen: Die beste Wahl

Mit der Industrialisierung jedoch wurde es in der Teltower Region still um das Rübchen. Nur einzelne Hobbygärtner bauten noch kleine Mengen für den Eigenverzehr an. Auch Szilleweit und seine Familie begannen in den 1980er-Jahren mit dem Rübchenanbau in kleinen Mengen. Ursprünglich sei es nur darum gegangen, ein besonders nährstoffreiches Gemüse zu finden, das im märkischen Sand gut gedeihe. Beim Experimentieren mit verschiedenen Gemüsearten stellte sich das Rübchen als die beste Wahl heraus. Es gilt heute wieder als Delikatesse und wird gern von Spitzenköchen verwendet. Seit 1993 ist das Teltower Rübchen sogar als Marke beim Patentamt geschützt.

Nach der Wende begann der Teltower Heimatverein sich für eine Renaissance der Rübe in der Region einzusetzen. Dass das Gemüse heute wieder so viel Aufmerksamkeit erhält und trotz der vergleichsweise kleinen Anbaufläche sein Erntebeginn sogar von Landräten und Bürgermeistern feierlich begangen wird, ist allerdings erst eine Entwicklung der vergangenen zwei Jahrzehnte. Im Jahr 1999 gründete sich der Förderverein für das Teltower Rübchen, mit dem Ziel, den Anbau zu beleben und dem vergessenen Gemüse wieder zu mehr Bekanntheit zu verhelfen. Dazu soll auch das Teltower Rübchenfest dienen, das der Verein in diesem Jahr zum 18. Mal organisiert.

Rivalisierende Teltower Rübchenbauer und zwei mysteriöse Todesfälle

Entlang der Güterfelder Straße gibt es am Sonntag ab 12 Uhr nicht nur Rübchenspezialitäten satt, sondern auch Präsentationen örtlicher Vereine wie dem Männerchor Frohsinn, dem Teltower Carnevalsclub oder dem Cheerleader SV Grün-Weiß Großbeeren. Die freie Autorin Manuela Kuhlbrodt, die sich von der Rübe zu ihrem ersten Krimi inspirieren ließ, wird auf dem Fest Leseproben verteilen. In „Todsicher – die Spur des Rübchens“ gehe es um zwei rivalisierende Teltower Rübchenbauer und zwei mysteriöse Todesfälle, sagt Kuhlbrodt. „Die Personen sind natürlich rein fiktiv, es gibt keine charakterlichen Parallelen zu real existierenden Rübchenbauern in Teltow.“

Eigentlich hatte die Autorin gehofft, dass ihr Buch noch rechtzeitig zum Fest erscheinen könne. Nun wird es aber erst im November so weit sein. Das Buch, das vom Buchkontor Teltow herausgebracht wird, soll dann im örtlichen Buchhandel erhältlich sein.

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REZEPT

Teltower Rübchentorte

Zutaten:

50 g Rohrzucker

200 g Butter

6 Eier

1 EL Crème Double

1 TL Koriander

1 TL Zimt

1/2 TL Nelkenpulver

150 g gehackte Macadamianüsse

1 Prise Salz

250 g Teltower Rübchen

2 EL weißer Rum

350 g Mehl

1/2 Päckchen Backpulver

Zubereitung:

Den Rohrzucker und die Butter in einer Schüssel gut miteinander verrühren, Eier und Crème Double zugeben. Anschließend Koriander, Zimt und Nelkenpulver, gemahlene und gehackte Haselnüsse sowie Macadamianüsse hinzugeben. Die Teltower Rübchen waschen und fein raspeln. Mehl und Backpulver vermengen und über den Teig sieben. Alles gut vermengen. Den Herd auf 190 Grad vorheizen. In eine ausgebutterte Springform den Teig füllen und etwa 60 Minuten im Ofen backen. Zum Schluss den Teig auskühlen lassen und mit Puderzucker bestäuben. Die Torte kann mit Buttercreme und Marzipanrübchen verziert werden. PNN

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