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Während die Bauarbeiten auf der Großbaustelle ruhen, wird hinter den Kulissen an einem neuen Konzept für das mittlerweile recht kostspielig gewordene Projekt gearbeitet. Der renommierte Stadtplaner und Architekt Heiner Haass soll Teltow vor einer Investitionsruine retten.

© Sebastian Gabsch

Teltow: Kein Hafen ohne Wasser

Der Marina-Experte Heiner Haass präsentierte dem Teltower Ausschuss Ideen für Land-Anleger. Das Interesse war jedoch begrenzt, die Marina-Befürworter ließen ihn auflaufen.

Teltow – Es bleibt dabei: Die Teltower Marina wird wohl weitergebaut wie derzeit geplant – mit allen Risiken. Am Dienstagabend hatte zwar der Hannoveraner Hafen-Experte Heiner Haass dem städtischen Hafenausschuss seine Überlegungen zu einer wirtschaftlicheren Entwicklung des Kanal-Areals präsentiert, doch statt des erhofften Rückenwinds ließen ihn die Befürworter der Marina mehrheitlich auflaufen. „Ich hätte mir mehr Interesse an den Ideen erhofft“, sagte der Professor für Städtebau und Tourismusarchitektur im Anschluss an die Sitzung. „Aus fachmännischer Sicht mache ich mir erhebliche Sorgen“, erklärte er. So wie derzeit geplant, werde sich im Winterhalbjahr am Kanal kein Leben generieren lassen, das Projekt auf Dauer nicht wirtschaftlich zu betreiben sein.

Seine Idee: Anstelle ein Wasserbecken auszuheben, könne eine sogenannte Trockenmarina – ein Hafen an Land – entstehen. So müsse nicht weiter in das kontaminierte Erdreich eingegriffen werden, die Kosten blieben überschaubar. Wie im Wasser würden die Boote etwa an einer Steganlage anliegen oder in einer Halle in einem Regal untergebracht sein. Von dort könnten sie mit einer Art Gabelstapler zum Wasser transportiert und per Lift in den Kanal gesetzt werden, wo zudem noch einige wenige Wasserwanderliegeplätze geschaffen werden könnten. Für alle eine komfortable Lösung, sagte der Experte. Serviceleistungen, wie das Bereitstellen der Boote, Pflege und Reparaturen, könnten in den Preis für den Liegeplatz inkludiert werden und würden vor Ort ganzjährig Arbeitsplätze schaffen. Für Bootsbesitzer ergäben sich zudem weitere Vorteile. Die Schiffe benötigten keinen aufwendigen Unterwasserschutz, und seien weniger der Gefahr der Osmose – einer durch einen Zersetzungsprozess auftretenden Blasenbildung am Rumpf – ausgesetzt. Die Nachfrage nach solchen vor allem in Italien und den USA verbreiteten Liegeplätzen sei gerade aus dem Berliner Raum enorm, das Konzept an diesem Standort ideal, so der Professor.

Bürgermeister Schmidt will auf ein wassergefülltes Becken nicht verzichten

Zudem seien diese Plätze deutlich günstiger zu schaffen. Während ein Wasserliegeplatz rund 10 000 Euro koste, fielen bei einem Trockenliegeplatz gerade 4000 Euro an. Haass ging in seinen Berechnungen von einer Marina mit 80 Liegeplätzen aus, dafür würden sich die Investitionskosten auf rund fünf Millionen Euro belaufen, mit allen dazugehörigen Bauten und Anlagen. Dazu zählte auch ein Restaurant- und Hafengebäude, das durch weitere touristische Segmente ergänzt werden könne, etwa auch durch die in der Region diskutierte Schwimmhalle, die zusätzliche Synergien ermöglichte.

Eine solche Diskussion wollte Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) im Zusammenhang mit der Marina vor Ort aber nicht führen. Doch auch ohne Schwimmhalle wäre selbst bei einer Auslastung von nur 70 Prozent, was 56 Liegeplätzen entspricht, abzüglich der jährlichen Kosten ein Plus von rund 400 000 Euro pro Jahr zu erwarten, rechnete Haass vor.

Bürgermeister Thomas Schmidt konnte sich indes wie die SPD-Mitglieder insgesamt nicht vorstellen, auf ein wassergefülltes Becken zu verzichten. Es sei ein bewusst gewählter Weg, das Wasser an die Stadt und zu den Besuchern zu bringen, erklärte er und verzichtete auf nähere Nachfragen. Die Marina solle den Kanal mit der Altstadt verbinden.

Grünen-Politiker warnte vor einem Dauerzuschussgeschäft

Doch daran, dass dies tatsächlich gelingen kann, hat nicht nur der Sachverständige für Sportboothäfen seine Zweifel. Die Marina treffe gar nicht direkt auf die Altstadt, sondern auf die einige Hundert Meter entfernte Jahnstraße und werde zudem durch die Oderstraße als Ortsumfahrung abgeschnitten, sagte etwa Rolf Kasdorf (B.I.T). Der bevorstehende Aushub des Hafenbeckens bereite ihm zudem ein flaues Gefühl, erklärte er. Niemand wisse, was sich dort noch in der Erde verberge. Die Stadt verfüge über rund zwei Hektar Fläche am Kanal, er hätte sich gewünscht, dass sie sich die Zeit nehme, den neuen Ansatz zu durchdenken. Gleiches betonte auch der Grünen-Politiker Eberhard Adenstedt. „Selbst wenn der Bau genauso teuer käme, wäre eine Trockenmarina immer noch wirtschaftlicher zu betreiben“, sagte er. So bliebe die Marina ein Dauerzuschussgeschäft.

Teltows Baubeigeordnete Beate Rietz (SPD) verwies einmal mehr auf die Fördermittel für den mit 39 Booten konzipierten Anleger. Die Richtlinien ließen keine anderen Planungen zu, erklärte sie. Zudem drohten Schadensersatzforderungen der beauftragten Firmen. Beides träfe nicht unbedingt zu, entgegnete Heiner Haass. Die Fördermittel ließen sich aufgrund der neuen Planungen neu berechnen und akquirieren, durch die Umplanungen würden die Arbeiten nicht gänzlich entfallen. Auf die Fördermittel käme es auch gar nicht mehr an, meinten Adenstedt und Kasdorf. „Damals bei der Anfangskalkulation haben sich die eine Million Euro Fördermittel gut angehört, heute haben wir eine ganz andere Relation“, sagte Rolf Kasdorf. Wie berichtet haben sich die Kosten von anfänglich rund 4,9 Millionen Euro inzwischen um das Dreifache summiert.

Bürgermeister Schmidt: Wir sind auf einem guten Weg

„Das Projekt war von Anfang an umstritten", erklärte Bürgermeister Schmidt, der sich wenig gewillt zeigte, die Planungen noch mal anzupacken. Die Stadt befände sich in der Umsetzung der Beschlüsse, die zwar knapp, aber mehrheitlich gefasst worden sind, sagte er. Auch würde die geplante Marina viele der von Professor Haass dargelegten Punkte erfüllen. Dies sei der beste Beleg, dass die Stadt hier auf einem guten Weg sei. „Für 39 Boote baggert man kein so teures Hafenbecken in die Landschaft“, meint indes der Sachverständige. „Das Anziehende für die Gäste ist nicht allein das Wasser, sondern der Bootsbetrieb. Sie wollen Schiffe gucken“, sagte der Professor.

Andreas Wolf (BfB), der sich bereits in der Sitzung äußern wollte, aber nicht zu Wort kam, weil er kein Ausschuss-Mitglied ist, will nun nochmals die Kommunalaufsicht einschalten. Es könne nicht sein, dass die Stadt ein sichtbar günstigeres Konzept ignoriere, erklärte er.

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