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Die Bäume auf dem Tannenhof Werder werden ihr ganzes Leben lang darauf vorbereitet, im weihnachtlichen Wohnzimmer eine gute Figur zu machen. 

© Monika Skolimowska/dpa

Tannenbäume aus Werder: Warten auf den großen Auftritt

Bis Weihnachten wird er verhätschelt, danach darf sich der Tannenbaum auch mal nützlich machen. Was man jetzt zum Baumkauf wissen muss.

Werder (Havel) - In dem Märchen „Der Tannenbaum“ von Hans-Christian Andersen ist der weihnachtliche Schmuckbaum eine tragische Figur. Sein ganzes Leben lang freut er sich auf die Zeit, in der er reich geschmückt in einem Wohnzimmer bewundert wird, muss aber am Ende seines Lebens feststellen, dass es ihm im Wald besser erging. Gut möglich, dass auch die Bäume auf dem Werderaner Tannenhof sich nach Weihnachten auf die Plantage zurückwünschen, denn dann erwartet sie ein Lebensabend als Häckselmaterial auf dem Kompost.

Kindheit

Zu Beginn ihres Lebens unternehmen die späteren Weihnachtsbäume allerdings zunächst eine abenteuerliche Reise: „Das Saatgut der Bäume stammt aus Georgien“, erklärt Tannenhofchefin Karin Lorenz. In Osteuropa gibt es den Beruf des „Zapfenpflückers“. Wer ihn ausübt, klettert mit umgebundenem Bauchsack und Sicherungsgurt auf Nadelbäume, um die noch grünen Zapfen zu ernten. Nur wenn sie noch grün sind, eignen sich die Zapfen als Saatgut, so Karin Lorenz.

In Baumschulen in Dänemark und in Hamburg wird die importierte Saat zu Setzlingen herangezogen. „In Werder pflanzen wir sie erst, wenn sie im dritten Standjahr sind“, fährt Lorenz fort. Die Bäume werden in den folgenden Jahren mit großer Sorgfalt behandelt: Vor dem Einpflanzen tauchen Karin Lorenz und ihre Mitarbeiter die Wurzeln in eine Zellulose-Lösung, damit sie besser Wasser speichern können. Der Boden wird mit Saatgut gedüngt und Bodenproben entnommen, um zu prüfen, welche Nährstoffe noch für den optimalen Wuchs fehlen könnten. Während ihrer ersten Lebensjahre werden die Tannen künstlich beregnet und ein spezieller Hochtraktor befreit den Boden von Unkraut, ohne die zarten Bäumchen zu beschädigen. Die Trockenheit der vergangenen paar Jahre hat auch die Plantageninhaber in Besorgnis versetzt. „Zum Glück liegt bei uns eine Wasserleitung an, die uns Oberflächenwasser aus einem der vielen Havelseen liefert“, sagt Karin Lorenz. „Normalerweise beregnen wir nur die frisch gepflanzten Jungpflanzen in den ersten zwei Standjahren.“ Zuletzt jedoch hätten auch Bäume im dritten und vierten Jahr beregnet werden müssen, im Hochsommer sogar die größeren Bäume.

Jugend

Im Alter von fünf bis sechs Jahren beschneiden Forstmitarbeiter die Tannenbäume zum ersten Mal. Die Baumspitzen werden mit kleinen Stöckchen versehen, um Sitzgelegenheiten für Vögel zu schaffen. „Die sollen sich ja nicht auf die echte Baumspitze setzen“, erläutert Karin Lorenz. Denn da muss schließlich später noch ein aufgesteckter Weihnachtsstern Halt finden.

Im besten Alter

Ab August werden die Bäume je nach Wuchs und Sorte mit Etiketten versehen, so die Plantageninhaberin. Im Herbst beginnt auf dem Tannenhof der Weihnachtsbaumverkauf – jährlich werden mehrere Zehntausend Stück an den Mann und die Frau gebracht. Zu über 90 Prozent wird die Nordmanntanne nachgefragt, erst danach kommen Douglasie, Blaufichte, Kiefer und andere Nadelgehölze. Die jüngsten angebotenen Exemplare sind beim Verkauf sieben Jahre alt. Hotels, Weihnachtsmärkte oder öffentliche Institutionen lassen sich aber auch gern mal eine 20-jährige Nordmanntanne liefern, die dann schon gute zehn Meter misst. Von Mitte November bis zum 23. Dezember können Familien, Freundes- oder Kollegengruppen auf der Tannenhof Werder auch ihren eigenen Weihnachtsbaum schlagen.

Letzter Akt

Nachdem das Nadelgehölz in der Adventszeit seinen großen Auftritt hatte, wollen seine Besitzer es spätestens nach Silvester in der Regel wieder loswerden. Die Abfallwirtschaft Potsdam-Mittelmark (APM) fährt im Januar und Februar spezielle Touren zum Einsammeln von Weihnachtsbäumen. Genaue Termine sind nach Ort und Straße im Internet zu erfahren. Nach Aussage von Kreissprecherin Andrea Metzler wurden bei diesen Touren im vergangenen Jahr im Landkreis fast 20.000 Bäume eingesammelt. Sie werden anschließend zu sogenanntem Strukturmaterial verarbeitet, das in Kompostieranlagen Anwendung findet. „Das Strukturmaterial sorgt dafür, dass kleine Luftblasen für Mikroorganismen im Komposthaufen bleiben“, erklärt Mona Belz, Sprecherin der APM. Abnehmer finden sich laut Aussage des Landkreises sowohl in privaten Haushalten als auch in Betrieben der Garten- und Landschaftspflege oder der Landwirtschaft.

Damit die Bäume problemlos verarbeitet werden können, sollten sie auf eine Länge von jeweils 1,50 Meter geteilt werden und der Stamm- und Geästdurchmesser solle zehn Zentimeter nicht überschreiten, so Metzler. Verbraucher sollen die Weihnachtsbäume erst am Entsorgungstag bis um 6 Uhr gut sichtbar vor dem Grundstück bereitlegen. Wichtig ist auch, dass jeglicher Baumschmuck entfernt wird. Auf dem Komposthaufen zählen auch beim Star der Weihnachtszeit schließlich nur noch die inneren Werte.

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Hintergrund

Der Baum sollte am besten schon einen Tag vor dem Schmücken aufgestellt werden, damit die Äste wieder in die richtige Position kommen. Er sollte im Netz aufgestellt werden, das Netz sollte dann von unten nach oben aufgeschnitten werden. Ein etwa zwei Meter hoher Baum benötigt zwei Liter Wasser am Tag.

Weihnachtsbaum und Ökologie stehen in der bisherigen Praxis nach Einschätzung von Naturschützern im krassen Widerspruch. Die meisten Bäume stammen aus eigens angelegten Weihnachtsbaumkulturen, die gespritzt und gedüngt werden. Der Bundesverband der Weihnachtsbaumerzeuger nennt dagegen den Einsatz von Düngemitteln im Vergleich zum regulären Ackerbau gering. Es gibt auch Öko-Weihnachtsbäume, ihr Marktanteil ist aber bisher mit 0,37 Prozent sehr klein. Die Zahl der Verkaufsstellen mit ökologischen Bäumen liegt derzeit bei 700, Robin Wood veröffentlicht die Listen dazu auf seiner Homepage.

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