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Geprobt. Im Institut werden die Werte der Studienteilnehmer gemessen.

© E. Bellin

Studie zu gesundem Essen: Neues Futter für Ernährungsforscher

Das Rehbrücker Institut will mit einer großes Studie an 500 Menschen zeigen, ob eine Ernährungsumstellung auch im Alter noch Auswirkungen hat.

Von Enrico Bellin

Nuthetal - Kann man mit über 50 Jahren noch seine Ernährung umstellen und dadurch die Gesundheit verbessern? Dieser Frage geht das Deutsche Institut für Ernährungsforschung in Bergholz-Rehbrücke in einer neuen Studie nach, die 500 Probanden drei Jahre lang beobachten soll. „Das ist die erste Studie, die über einen so langen Zeitraum geht und nicht nur einzelne Faktoren testet“, sagt Tilman Grune, der wissenschaftliche Vorstand des Instituts, bei einem gemeinsamen Rundgang mit Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) am gestrigen Montag. Ihr Ministerium fördert die Studie mit sechs Millionen Euro.

Deren Teilnehmer sind alle älter als 50 Jahre und haben leichte Erkrankungen wie Bluthochdruck oder erste Anzeichen einer Diabetes. Die Untersuchung soll zeigen, ob sich der Gesundheitszustand nur durch Ernährungsumstellung verbessern lässt. „Zur Gesundheit im Alter brauchen wir noch viel Forschung, etwa, was man in Sachen Ernährung falsch machen kann“, so die Ministerin. Dabei gibt es vier Hauptansatzpunkte: Herkömmlicher Zucker soll durch mit Hilfe von Enzymen aus Rüben hergestellten Zucker ersetzt werden, der den Blutzuckerspiegel weniger stark ansteigen lässt. Außerdem soll die Ernährung mehr Ballaststoffe und gesündere Fettsäuren sowie mehr Eiweiße enthalten. Die Probanden bekommen regelmäßige Pakete mit entsprechenden Lebensmitteln zugeschickt und haben anfangs wöchentliche Beratungsgespräche und Tests, später dann einmal im Monat. „Jeder Teilnehmer kann sich ernähren wie er möchte, wir geben lediglich Anreize“, so Tilman Grune. Schließlich sollen möglichst viele Probanden die kommenden drei Jahre durchhalten.

Entwickelt werden die entsprechenden Lebensmittel innerhalb des Kompetenzclusters „NutriAct“, in dem etwa 50 Unternehmen und Forschungseinrichtungen der Branche aus Berlin und Brandenburg vereinigt sind. So stellt etwa das Rehbrücker Institut für Getreideverarbeitung (IGV) Flakes her, die zu zwei Dritteln aus Erbseneiweiß bestehen und etwa zum Müsli gegeben oder als Grundstoff für vegetarische Bouletten dienen kann. Auch verschiedene Pasta-Sorten werden auf Grundlage des Erbsenproduktes gefertigt. „Unsere Herausforderung ist es, Gesundheit mit Genusswert zu verbinden“, so IGV-Prokurist Olaf Bauermann. Schließlich würden einige gesunde Grundstoffe eher bitter schmecken, würden sie nicht klug kombiniert. Seine Firma hatte für das Produkt in diesem Jahr bereits den Innovationspreis des Landes bekommen. Sollten sich im Rahmen der neuen Studie zeigen, dass seine Produkte das Gesundheitsbild verbessern, erhofft sich Bauermann einen besseren Absatz. Bisher hätten zwar Unternehmen aus England und den Niederlanden Interesse gezeigt, deutsche Hersteller etwa von Fleischersatzprodukten hätten sich aber noch nicht gemeldet.

Können Tomaten das Altern stoppen?

„Die Forschungsergebnisse können eine Steilvorlage für die Produzenten im Land sein“, sagt auch Steffen Kammradt, Geschäftsführer der Zukunftsagentur Brandenburg, den PNN. Die Ernährungsforschung sei in der Region ohnehin ein wichtiger Wirtschaftszweig und das Cluster „NutriAct“ erfolgreich darin, Forscher und Produzenten zusammenzubringen. Erst vor Kurzem habe sich auch die Schweizer Ernährungsberatungsfirma Oviva in Potsdam angesiedelt (PNN berichteten). „Durch deren Beratung werden die Erkenntnisse in der Forschung dann auch tatsächlich umgesetzt“, so Kammradt.

Die ersten Teilnehmer der Studie – noch werden Probanden gecastet – werden in den kommenden Tagen ihr erstes Ernährungspaket erhalten. Neben industriell angereicherten Produkten soll darin auch eine Flasche Rapsöl enthalten sein: Es soll erprobt werden, ob das heimische Öl den Fettgehalt in der Leber beeinflussen kann. In einer Pilotstudie der Rehbrücker Ernährungsforscher wurde bereits gezeigt, das Rapsöl im Vergleich zum Olivenöl den Cholesterinspiegel sowie die Leberwerte übergewichtiger Männer verbessern kann.

Geprüft wird auch, ob ein erhöhter Tomatenkonsum den Alterungsprozess verlangsamen kann: Der Tomatenfarbstoff Lycopin fängt im Blut freie Radikale, die ansonsten Zellen schädigen. Bei älteren und kranken Menschen ist der Gehalt des Farbstoffes im Blut geringer als bei gesunden Menschen, wie Vorstudien ergaben. „Jetzt müssen wir erkennen, ob diese Menschen den Stoff schwerer aufnehmen oder sich anders ernähren“, so Tilman Grune.

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