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Beschlossene Sache. Befürworter der Gewog setzen darauf, dass das kommunale Unternehmen den Neubau von Wohnungen in Michendorf vorantreibt. 

© Lutz Hannemann

Streit um kommunalen Wohnungsbestand: Michendorf tritt der Gewog bei

Das Bürgerbegehren gegen den Beitritt scheiterte wegen einer Stimme. Die Initiatoren wollen nicht aufgeben und es erneut probieren.  

Von Eva Schmid

Michendorf – Der Beitritt Michendorfs zur Kleinmachnower Wohnungsgesellschaft Gewog ist beschlossen. Der Weg dorthin glich am Montagabend im Gemeindeparlament einem Showdown. Es wurde laut und emotional debattiert – der Ausgang war lange offen. Was ist passiert?

Die Gemeindevertreter sollten am Montagabend sowohl über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen den Gewog-Anschluss, als auch über den Beitritt zu Gewog entscheiden. Michendorfs Rathauschef Reinhard Mirbach (CDU) will wie berichtet 71 kommunale Wohnungen an die Gewog, die bisher Kleinmachnow und Nuthetal gehört, übertragen. Im Gegenzug erhält er für die Immobilien im Wert von vier Millionen Euro Anteile von 3,65 Prozent an der Gewog und einen Sitz im Aufsichtsrat. Das Vorhaben ist bei SPD, Linken, Grünen und FDP umstritten, auch viele Michendorfer sind skeptisch.

Viele ungültige Stimmen weil Angaben fehlten

Von Mitte August bis Anfang Oktober haben die Initiatoren des Bürgerbegehrens 1159 Stimmen gesammelt – von denen nur 993 Stimmen gültig sind. Viele der Unterstützer hätten nicht alle erforderlichen Angaben in die Listen eingetragen, erklärt Wahlleiterin Bettina Krämer gegenüber den PNN. Es fehlten unter anderem Straßennamen, Geburtsdaten und Vornamen.

Jürgen Rose, einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens, reichte auf der Sitzung am Montagabend weitere 43 Unterschriften nach. Krämer prüfte sie noch am selben Abend, um kurz vor zehn Uhr stand fest: 1034 Unterschriften wurden benötigt, 1033 gültige lagen vor. Einwohner aus dem Publikum beschlossen kurzerhand, die fehlende Stimme nachzureichen. Doch Bürgermeister Mirbach und die Mehrheit der Gemeindevertreter widersprachen. Irgendwann sei Schluss, hieß es.

Mirbach will auf Antrag der Grünen mit Gewog nachverhandeln

Kurz zuvor hatten die Gemeindevertreter dem umstrittenen Anschluss an die Gewog bereits zugestimmt – mit 13 Ja-Stimmen und 8 Nein-Stimmen. Für den Anschluss sprachen sich die CDU, die Listenvereinigung FBL/UBG und das Bündnis für Michendorf aus. Ab 1. Januar 2019 soll der Vertrag mit der Gewog beginnen. Mirbach sicherte auf Antrag der Grünen zu, sich für eine Entfristung des Vorkaufsrechts einzusetzen. Eigentlich sollte dieses zunächst zehn Jahre lang gelten. Zudem soll die Gewog schriftlich zusichern, dass bei Neubauprojekten soziale Mieten ermöglicht werden. Und es soll eine Option für den Rückkauf in die Verträge aufgenommen werden, so die Forderung der Grünen – für den Fall, dass Michendorf wieder aus der Gesellschaft mit Nuthetal und Kleinmachnow austreten sollte. Am Tag nach der Entscheidung drehte sich alles um die Frage, wie lange Unterschriften für ein Bürgerbegehren überhaupt eingereicht werden dürfen. SPD und Grüne kritisieren, dass die Stimme der SPD nicht mehr beachtet wurde.

Experte: Nachreichen von Stimmen ist zulässig

Die Kommunalverfassung macht dazu keine Aussagen, so Oliver Wiedmann, Sprecher vom brandenburgischen Landesverband Mehr Demokratie e.V. Daher sei ein Nachreichen bis zur Entscheidung zulässig. „wenn politisch die Bereitschaft dazu da ist“, betont Wiedmann. Kritisch sind laut dem Sprecher auch die große Anzahl der ungültigen Unterschriften. Laut dem Kommunalwahlgesetz ist die Unterschrift nur dann ungültig, wenn die Identität nicht zweifelsfrei erkennbar ist. „Wenn jedoch wie in Michendorf Angaben fehlen, dann lässt sich mit einem Blick ins Melderegister die Person oft schnell identifizieren.“ Dafür bräuchte es im Zweifel nur den Namen und das Geburtsdatum. Aber auch das sei ein Entgegenkommen der Wahlleitung.

Kritiker wollen kassierendes Bürgerbegehren starten

Und die hat am Montagabend anders entschieden. Nachdem Bettina Krämer sich kurzfristig dazu bereit erklärte, die 43 nachgereichten Stimmen zu überprüfen, verließ sie gegen 22 Uhr die Sitzung. Die SPD reichte nach einer kurzen Beratung ihre Stimme kurz nach 22 Uhr ein, da war Krämer schon auf dem Heimweg. Ihr Entgegenkommen sei schon hoch gewesen, so Krämer. Eigentlich sehe die Rechtsauslegung der Kommunalverfassung es vor, dass ein Bürgerbegehren mit der Abgabe der Unterschriftenlisten ende.

Es bleibt spannend: Die Initiatoren wollen weitermachen. Und ein so genanntes kassierendes Bürgerbegehren starten, kündigte Jürgen Rose an. Dafür gibt ihnen das Gesetz nach Veröffentlichungen des Beschlusses acht Wochen Zeit. Rose hält das für machbar.

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