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Start in die diesjährige Spargelsaison - in ganz speziellen Zeiten.

© Jens Büttner/dpa

Start in die Spargelsaison: 2000 Erntehelfer fehlen noch in Beelitz

Auf den Beelitzer Spargelhöfen gibt es viele Bewerber, doch die Arbeit halten nicht alle durch. Die Folge: Die Höfe ernten nicht mehr überall.

Von Enrico Bellin

Schäpe - Rumänisch ist die vorherrschende Sprache auf dem Spargelfeld von Josef Jakobs in Schäpe, als am Dienstag die Saison offiziell eröffnet wird. Rund zwei Drittel der Erntehelfer aus Rumänien und Polen sind inzwischen rund um Beelitz im Einsatz, da sind sich die am Feld versammelten Spargelbauern der Region einig. Auch darin: Rund 2000 Helfer bräuchte es noch. Alle haben in den vergangenen Wochen Initiativbewerbungen bekommen, von Menschen, die wegen der Coronakrise arbeitslos geworden sind oder in Kurzarbeit geschickt wurden. Die körperlich schwere Arbeit auf dem Feld werden jedoch nicht viele Bewerber durchhalten. „Wer nicht körperlich topfit ist, braucht das tatsächlich gar nicht erst versuchen“, sagt Ernst-August Winkelmann vom Klaistower Spargelhof den PNN.

Bis zu zehn Stunden pro Tag Spargelstechen

Am Donnerstag werden bei ihm die ersten rund 40 Erntehelfer geschult. Denn: Spargelstechen ist eine Kunst, wer sie nicht beherrscht, kann den Damm für die ganze Saison ruinieren. In der Hauptsaison stehen die Arbeiter zehn Stunden täglich gebückt über dem Damm, bei jedem Wetter, nur in der Mittagshitze wird nicht gestochen. Winkelmann vermag am Dienstag noch nicht abzuschätzen, wie viele Teilnehmer nach der Schulung noch Interesse an der Arbeit haben werden.

Thomas Syring vom Zauchwitzer Spargelhof.
Thomas Syring vom Zauchwitzer Spargelhof.

© Enrico Bellin

Sein Kollege Thomas Syring vom Zauchwitzer Spargelhof kann auf Erfahrungswerte zurückgreifen: Als es vor Jahren einmal die Vorgabe gab, bevorzugt Deutsche einzustellen, hätten zwei von zehn Erntehelfern tatsächlich durchgehalten. Wie die meisten seiner Kollegen will er aktuelle Bewerber deshalb vor allem im Verkauf und in der Logistik einsetzen. Denn auch da herrscht Mangel: „Es waren ja oft Rentner, die in den Vorjahren in den Verkaufsständen gearbeitet und sich etwas dazu verdient haben. Aus Angst vor einer Corona-Infektion machen sie das als Risikogruppe jetzt natürlich nicht mehr“, so Syring.

Kooperation mit Großbetrieben

Rund 50 Bewerbungen habe allein sein Hof bekommen und allen Fragebögen zurückgeschickt, um zu erfassen, wer wie einsetzbar ist. Fünf bis zehn Interessenten könne er zunächst einmal auswählen, eventuell werden es später mehr. Sogar Großbetriebe haben sich bei Syring gemeldet: Der Motorenhersteller MTU und Mercedes Benz, beide aus dem nahen Ludwigsfelde (Teltow-Fläming), hätten angeboten, ihre Mitarbeiter aus der derzeit weitgehend stillstehenden Produktion zur Verfügung zu stellen. 

Ob die Kooperation zustande kommt, ist noch offen. Doch es sind nicht nur Menschen und Betriebe aus nächster Nähe, die auf den Feldern aushelfen wollen. René Falkenthal, der im Beelitzer Ortsteil Schlunkendorf den Spargelhof Märkerland betreibt, bekommt vor allem Bewerbungen aus Berlin. „Rund 80 Prozent stammen aus der Hauptstadt. Ich habe inzwischen aber eine Stammbelegschaft aus der Region aufgebaut“, so Falkenthal. Denn er glaubt nicht, dass die Pendler aus der Hauptstadt den Weg oft auf sich nehmen würden.

René Falkenthal betreibt im Beelitzer Ortsteil Schlunkendorf den Spargelhof Märkerland.
René Falkenthal betreibt im Beelitzer Ortsteil Schlunkendorf den Spargelhof Märkerland.

© Enrico Bellin

Falkenthal hat sich in diesem Jahr dazu entschieden, auf einem Drittel seiner rund zehn Hektar Fläche gar nicht zu stechen. Denn: Da die Restaurants geschlossen sind, bricht der Absatz weg. Ein Drittel seines Gemüses habe er bisher an Gastronomen von Berlin bis Leipzig verkauft. „Die Stammkundschaft hatten wir uns über viele Jahre aufgebaut“, so Falkenthal. Ob sie je wieder so viel Spargel wie in den Vorjahren abnehmen wird, ist offen: So habe etwa ein Berliner Restaurantbetreiber dem Spargelbauern angekündigt, nach der Krise nur zwei seiner drei Häuser wieder zu öffnen.

Falkenthal hatte jedoch Glück: Über Kontakte hat er fünf gelernte Spargelstecher aus Polen anstellen können, für seinen vergleichsweise kleinen Hof reicht das. Wie alle Bauern hofft er aber, dass die Mitarbeiter in dieser Saison aber länger bleiben: Statt 75 Tagen dürfen Saisonarbeiter aus der EU wie berichtet 115 Tage lang im Land bleiben. Fraglich ist nur, wie viele das angesichts der schweren körperlichen Arbeit auch machen. Sie werden in und um Beelitz derzeit auch nicht nur für die Spargelernte gebraucht: Junge Spargelpflanzen, die in drei Jahren Ertrag bringen, müssen jetzt in die Erde. Falkenthal baut zudem Kartoffeln an, auch sie müssen jetzt gesetzt werden. Und Thomas Syring braucht dringend helfende Hände, um Kürbispflanzen in die Erde zu bringen. Das Herbstgemüse ist zu einem großen Standbein für den Betrieb geworden, der Anbau zum Großteil Handarbeit. 

40 000 Erntehelfer sollen eingeflogen werden

Jürgen Jakobs, der Vorsitzende des Beelitzer Spargelvereins, hofft deshalb, dass Brandenburg viele der 40 000 Erntehelfer abbekommt, die laut Regierung monatlich nach Deutschland eingeflogen werden sollen. „Auf ganz Deutschland gerechnet bräuchte man mehrere Hunderttausend, und in Bayern und Baden-Württemberg gibt es bereits Anforderungen“, so Jakobs.

Josef Jakobs neben Spargelkönigin Gina-Luise Schrey.
Josef Jakobs neben Spargelkönigin Gina-Luise Schrey.

© Enrico Bellin

Immerhin eine gute Nachricht haben die Spargelbauern aber doch, eine Konstante gibt es: den Verbraucher. „An den Ständen und in den Hofläden läuft der Verkauf super“, sagt Ernst-August Winkelmann, und seine umstehenden Kollegen nicken. Als erstes frisches Gemüse des Jahres sei der Spargel einfach beliebt, die Kunden hätten auf ihn gewartet. Und erhalten an den Ständen ebenfalls eine gute Nachricht: Die Preise sind trotz der Ernteprobleme stabil. Je nach Qualität kostet ein Kilogramm derzeit zehn bis 15 Euro. Nach Ostern, wenn die Hauptsaison beginnt, soll der Preis einstellig werden.

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