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Leer oder voll. Die Kosten für die Abfallentsorgung in Kleinmachnow hängen von der Haushaltsgröße ab, nicht von der Menge des Mülls. Wer Müll vermeidet, muss also trotzdem zahlen.

©  Manfred Thomas

Sind Familien zu stark belastet?: Der Müll der anderen

Warum sich eine Kleinmachnower Familie über zu hohe Müllgebühren ärgert.

Von Eva Schmid

Kleinmachnow - Mirjam Schwiderski schaut in ihre kleine schwarze Restmülltonne: Eine leere Kaffeeverpackung liegt darin, ein bisschen Staub, zwei bis drei Wegwerf-Windeln. Die 34-jährige Kleinmachnowerin ist Mutter von drei Kindern, sie setzt auf Stoffwindeln, nur ab und zu greift sie zu Pampers und Co. Sie will Müll vermeiden, wo es geht: Beim Einkauf auf dem Markt kommt der Stoffbeutel zum Einsatz, die Milch wird im Glas gekauft, Kindermöbel werden bis zum letzten Kind genutzt. Den Müllentsorger im Kreis, die APM, interessiert das wenig.

Laut der Abfallgebührensatzung muss Schwiderski nun auch für das jüngste, nur wenige Monate alte Familienmitglied eine Basisgebühr von 29,40 Euro zahlen. Schwiderski ärgert das. „Das ist widersinnig.“ Eine alleinstehende Person, die die gleiche Tonnengröße und den gleichen Leerungsrythmus hat, zahle vier Mal weniger, rechnet sie vor. Auch wenn sie genauso viel Müll produziere wie die fünfköpfige Familie. Es würden Anreize fehlen, um Müll zu vermeiden. Auch findet Schwiderski durch das Gebührensystem Familien zu stark belastet. „Kleinmachnow nennt sich familienfreundliche Gemeinde, wir leben in Zeiten endlicher Ressourcen.“ Die Kleinmachnowerin plädiert für eine Haushaltsgrundgebühr zu der wie bisher schon Kosten für die Tonnengröße und Entleerung hinzukommen. Familien könnten eine erhöhte Haushaltsgebühr bezahlen, „aber nicht das Fünffache“.

Zahlen für jedes Haushaltsmitglied

Der Kreis, der den Abfall von der Firma APM entsorgen lässt, verweist auf seine Abfallgebührensatzung. Die werde regelmäßig vom Kreistag angepasst und beschlossen. Die Satzung sieht für jedes Haushaltsmitglied eine Basisgebühr von 29,40 Euro pro Jahr vor – unabhängig vom Alter. Hinzu kommt die Entleerungsgebühr, die von 2,70 Euro für kleine bis 10,80 Euro für sehr große Tonnen reicht. Mindestens fünf Mal im Jahr muss man seine Tonne leeren lassen, so steht es weiter in der Satzung.

Durchschnittlich würde die Restmülltonne etwa alle vier Wochen von den Mittelmärkern rausgestellt werden, sagt Ina Müller, Sachbearbeiterin in der Kreisverwaltung und zuständig für alle Belange rund um die Entsorgung. Sie kann Schwiderskis Problem nicht verstehen: Die Familie könnte sich bei weniger Müllproduktion eine kleinere Tonne anschaffen oder seltener leeren lassen. „Im Landkreis kann man seine Müllgebühren durchaus niedrig halten, wenn man wenig Müll produziert.“ Müller verweist auf Potsdam, dort sei ein Mal pro Monat die Entleerung der Tonne Pflicht.

Ärger der Kleinmachnower sei kein Einzelfall

Zudem würde die Basisgebühr zu hundert Prozent die für den Betrieb anfallenden Kosten abdecken. Dazu zählten das Personal, die Fahrzeuge, das Bestehen der Wertstoffhöfe, der Sperrmüllabtransport zwei Mal im Jahr, das Schadstoff-Mobil, aber auch die Entsorgung illegaler Abfälle. „Eine Gebührendegression – im Sinne von mehr Personen weniger Müll – das gibt das Kommunalabgabengesetz nicht vor“, so Müller. Der Ärger der Kleinmachnower Familie sei kein Einzelfall, immer wieder gebe es Beschwerden zum Gebührenmodell.

Auch Mirjam Schwiderski weiß von anderen Kleinmachnower Familien, die sich über die Müllgebühren ärgern. Dabei gehe es nicht um das Geld, sondern ums Prinzip. Für Schwiderski ist es eine gesellschaftliche Frage: Zum einen gehe es darum, wie sehr Familien belastet werden, zum anderen gehe es um den Umgang mit den Ressourcen.

Einer, der das jetzige Modell zusammen mit anderen Kreistagsabgeordneten abgesegnet hat, ist Henry Liebrenz. Er lebt in Kleinmachnow und sitzt im Kreis in der Grünen-Fraktion. Er versteht das Anliegen der Familie Schwiderski und bestätigt, dass es bisher keine Möglichkeit gibt, ökologisches Verhalten zu fördern.

Änderungen seien sehr komplex

Er spricht aber auch von „gewissen Grundparametern, die im Ablauf da sein müssen“. Damit meint er die anfallenden Kosten des Müllentsorgers etwa für Personal, Fahrzeuge. Durch die Gebührenanteile werde das System am Laufen gehalten. Daran etwas zu ändern, sei sehr komplex. Jedoch nicht ausgeschlossen: „Man müsste an einigen Stellschrauben fein justieren, um noch Anreize zur Müllvermeidung zu schaffen.“

Derartige Überlegungen stünden auch auf der politischen Agenda der Grünen-Fraktion im Kreis. Man versuche, keinen Gebührenzahler gegen den anderen auszuspielen. Ein Modell indes, dass alle gleichermaßen zufrieden stellen wird, könne es nicht geben, ergänzt Liebrenz. Würden Müllvermeider stärker entlastet, würden die Kosten denen, die viel Müll produzieren – was nun mal oft Familien mit mehreren Kindern sind – aufgeladen. „Die reine Lehre gibt es an dieser Stelle einfach nicht.“

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