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Oldtimer-Museum eröffnet: Vom Dachboden und Schrottplatz gerettet

Herbert Schmidt öffnet am Samstag sein Oldtimer-Museum - und erzählt schon jetzt voller Faszination was es mit den 200 Motoren, Motorrädern und Autos auf sich hat.

Von Enrico Bellin

Nuthetal - Herbert Schmidt dreht den Zündschlüssel seiner grünen Lieblingslimousine. Kurz röhrt die Zündung, doch nach zwei Sekunden läuft der Motor des Ford Model A von 1930 rund und der lind- und froschgrüne Flitzer fährt aus der Garage auf den Hof des Oldtimer-Museums in Rehbrücke. Er ist noch mit weißen Schleifen geschmückt, Schmidts Lieblingsauto wird oft für Hochzeiten gebucht. „Die Braut kann auch mit breitem Kleid bequem im Auto sitzen“, sagt der 84-Jährige. Denn der Ford ist ein Sechssitzer. Die an der Rückseite der Vordersitze angebrachten Klappsitze sind jedoch im Normalfall hochgeklappt. Eine Stunde im Oldie mit Fahrer kostet 50 Euro.

1984 hat Schmidt den Ford vom Erstbesitzer erworben. Schmidt ist Maschinenbaumeister und hat sich 1965 mit einem Betrieb für Bootsbau und -reparatur in seinem Elternhaus selbstständig gemacht. Schon als Jugendlicher liebte er Motorräder. Seit 1977 sammelt er Fahrzeuge, 1995 hat er sein privates Museum in Rehbrücke eröffnet. Etwa 200 Ausstellungsstücke hat er derzeit: Autos, Motorräder und stationäre Motoren. An diesem Samstag sind sie anlässlich der landkreisweiten Aktion „Feuer und Flamme für unsere Museen“ ab 13 Uhr kostenlos zu sehen.

Herbert Schmidt erklärt detailverliebt die Besonderheiten seiner Oldtimer-Schätze

In den Hallen des früheren Bauerngehöfts kann man entweder wandeln und das ausgeklügelte Design vergangener Jahrzehnte bewundern, oder sich detailverliebt von Schmidt die Technik erklären lassen. „Eine Braut hat im Ford mal ein Fenster runtergekurbelt. Da hab ich nur nach hinten gerufen, dass ich mal die Klimaanlage anmache“, sagt Schmidt, lächelt verschmitzt, öffnet den Verschluss der Frontscheibe und drückt sie am unteren Ende etwa 15 Zentimeter nach außen. Den Wagen hat er wie alle Ausstellungsstücke selbst hergerichtet, auch Lackieren ist für den noch immer rüstigen Rentner kein Problem. Nur die Ersatzteilbeschaffung, die war besonders in der DDR nicht einfach.

Hilfreich war, dass sich Schmidts Mutter in den Westen abgesetzt hatte und er sie oft besucht hat. „Einmal hat sie mir 1000 Mark in die Hand gedrückt, damit ich die Reifen für den Ford kaufen konnte.“ Der Händler habe erst 1500 Mark haben wollen, sie nach zwei Stunden aber für 1000 Mark verkauft. Schmidt ist schließlich beharrlich.

Ein Peugeot-Motorrad von 1914 in zwei Monaten in den Auslieferungszustand versetzt

Das sieht man auch in der Halle, in der der Hausherr einmal Boote hergestellt hat und in der heute der größte Teil der Sammlung – die übrigens komplett fahrbereit ist – steht. An vielen von Schmidts Motorrädern sind Bilder zu sehen, die zeigen, in welchem Zustand sie nach Rehbrücke gekommen sind. Meist nur als rostiges Gerippe mit Motor und ein paar Rohren. Den Rest schweißt er selbst zusammen, auch löchrige Bleche ersetzt er durch Eigenbauten. Für ein Peugeot-Motorrad von 1914, das auf dem Dachboden eines Bekannten vor sich hin rostete, hat er zwei Monate gebraucht, um es nahezu in den Auslieferungszustand zu versetzen. Bekommen hat er es, weil er für den Freund eine Kurbelwelle anfertigte. „Als er die abholte, hat er mich gefragt, warum ich denn sein Motorrad haben wolle, da stehe doch das gleiche Modell“, sagt Schmidt stolz. Der Freund hatte sein früheres Rad nicht wiedererkannt.

Über Aktionen wie diese ist der Maschinenbaumeister an seine beachtliche Sammlung gekommen. So hatte etwa ein Tischler, der bei ihm Kunde war, Koffer nach Originalmaßen angefertigt, die genau in den abgerundeten Kofferraum des weinroten Mercedes von 1936 passen. Auch seine drei Söhne sind Oldie-begeistert, bringen schon mal von Reisen Motorräder mit, die sie auf dem Schrottplatz finden und denen wieder neues Leben eingehaucht wird. Ein Kinderhochrad, um 1885 entstanden, hatte noch ein früherer Geselle Schmidts zu Hause und beigesteuert.

Ein Victoria-Klappfahrrad hatte ein Kunde dabei, der in der Werkstatt Bootsteile reparieren ließ und auf der Rückfahrt im Auto keinen Platz hatte, alles mitzunehmen – und das Klapprad zu den Motorrädern der Marke Victoria stellte.

„Aber warum sollte ich die denn verkaufen?“

Wahllos ist die Sammlung aber nicht zusammengestellt. So stehen im Museum inzwischen alle Motorräder, die die Marke Zündapp vor 1945 hergestellt hat. Aus der gleichen Zeit stammt auch die lange Reihe Motorräder der Firma NSU. Ein Modell von 1930 hatte sich das Studio Babelsberg einst ausgeliehen: Für den 2013 gesendeten ARD-Fernsehfilm „Nacht über Berlin“ braust die Schauspielerin Anna Loos damit durch Dänemark. „Bei den Dreharbeiten haben sie den Stuntman nach Hause geschickt, weil Anna mit dem Motorrad besser klargekommen ist“, sagt Schmidt.

Der 84-Jährige macht auch keinen Hehl daraus, welche Werte bei ihm untergebracht sind. Er selbst hat etwa das Cabrio W 22 der Marke Wanderer von 1934 einst für 7000 Ostmark gekauft, ohne Dach und Kotflügel, und es wieder hergerichtet. Das gleiche Modell habe vor Kurzem bei einer Versteigerung 145 000 Euro gebracht. Auch für die himmelblauen Motorräder von Victoria habe ein Interessent 20 000 Euro pro Stück geboten. „Aber warum sollte ich die denn verkaufen?“, fragt Schmidt. Und sollte er doch mal mit dem Gedanken spielen, sich von einem Fahrzeug zu trennen, würden inzwischen ohnehin auch seine Söhne fragen, warum das denn sein müsse. Auch sie sind große Fans des alten Blechs, der Fortbestand des Museums sei gesichert.

Das Museum in der Schlüterstraße 40 in Bergholz-Rehbrücke kann außer Samstag nach Vereinbarung unter Tel.: (033200) 401 65 besucht werden

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Service: Das Programm zu Feuer und Flamme

Die Aktion „Feuer und Flamme für unsere Museen“ findet am Samstag zum 13. Mal statt. 67 Museen öffnen mindestens von 13 bis 20 Uhr. Es gibt insgesamt neun Museumsrouten, die Besuchern eine Orientierungshilfe bieten sollen. Das Fahrzeugmuseum Herbert Schmidt liegt an der Route 1, die auch die Teltower Region umfasst. Am Grenzmuseum Dreilinden/Drewitz werden die Ausstellungen am Abend beleuchtet. Das Teltower Heimatmuseum bietet Vorführungen zum Thema „Licht ohne Strom“.

Auch das Industriemuseum ist geöffnet. Auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof gibt es Führungen um 13, 15 und 17 Uhr. Auch die Heimatmuseen in Sputendorf und Nudow sind geöffnet. Eröffnet wird die Aktion um 13 Uhr von Politikvertretern am Glindower Heimatmuseum, das an der Route 4 liegt. Auch das Ziegeleimuseum im Ort macht bei der Aktion mit. Im Werderaner Stadtkern sind Obstbaumuseum und Bockwindmühle, an der frisches Brot gebacken wird, geöffnet. Im Christian- Morgenstern-Museum auf der Bismarckhöhe gibt es um 17 Uhr einen Vortrag über das Leben und Wirken von Adolf Damaschke. Im Derwitzer Lilienthal-Museum kann man Leben und Wirken des Flugpioniers Otto Lilienthal studieren.

Ab der Route 3 liegen die Attraktionen in Schwielowsee und Petzow. So kann man in der Geltower Handweberei Mitarbeitern dabei zusehen, wie sie wie vor 300 Jahren ihre Schiffchen über den Webstuhl sausen lassen. Auch das Caputher Einstein-Haus und das Schloss sowie das Museum der Malerkolonie Ferch sind geöffnet. Die Route 2 umfasst die Region Michendorf/Beelitz/Seddiner See.

Unter anderem kann im Michendorfer Heimatmuseum Alte Mühle der Schulalltag von früher besichtigt werden. Auch die Beelitzer Mühle und das Museum Posthalterei sind geöffnet. In Kähnsdorf kann man das Heimatmuseum und den Findlingsgarten besuchen, in dem es zum Abschluss der Aktion um 20.30 Uhr ein kleines Feuerwerk gibt.

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