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Nach dem Feuerwehr-Unglück auf der A2: Tödlicher Rettungseinsatz: Wie konnte es dazu kommen?

Am Tag nach dem tragischen Unfall auf der A2 ist ganz Brandenburg in Trauer. Ein Laster war am Dienstagmorgen in eine Unfallstelle auf zwischen Brandenburg/Havel und Netzen gerast – zwei Feuerwehrleute sind dabei gestorben.

Kloster Lehnin - Am Tag nach dem tragischen Unfall auf der A2 ist ganz Brandenburg in Trauer, die Einsatzkräfte stehen unter Schock: Zwischen den Anschlussstellen Brandenburg/Havel und Netzen sind am Dienstagmorgen zwei Feuerwehrmänner im Alter von 23 und 38 Jahren ums Leben gekommen. Die Retter hatten gerade nach einem Unfall Verletzte geborgen und Fahrzeuge gesichert. Einer der Männer war Mitglied der Ortsfeuerwehr Lehnin, der andere war bei der Potsdamer Berufsfeuerwehr beschäftigt.

Ein Kleintransporter war auf einen Sattelzug aufgefahren. Durch die Wucht des Aufpralls wurde der Fahrer des Kleintransporters in seinem Fahrzeug eingeklemmt und schwer verletzt. Für Rettungs- und Bergungsarbeiten wurden die rechte und mittlere Fahrspur der dreispurigen Richtungsfahrbahn anschließend voll gesperrt. Eine Stunde später fuhr ein 55-jähriger Lkw-Fahrer aus noch ungeklärter Ursache in den abgesperrten Bereich. Dort streifte er einen Polizeiwagen und fuhr dann auf das stehende Feuerwehrfahrzeug auf. Der Einsatzwagen kippte um und begrub den 23-Jährigen und den 38-Jährigen unter sich. Beide Feuerwehrmänner verstarben noch an der Unfallstelle. Der 55 Jahre alte Lkw-Fahrer kam ins Krankenhaus.

Feuerwehrleute auf der A2 wurden nach dem Unfall abgelöst - sie standen unter Schock

An der Unfallstelle stand der Lastwagen mit einem völlig demolierten Führerhaus. Die Vorderfront war aufgerissen, der Motor lag frei. Das Einsatzfahrzeug der Feuerwehr lag auf der Seite. Spezialkräfte stellten die Unfallfahrzeuge sicher. „Ich kann mich gar nicht in die Lage der Kameraden hineinversetzen, die sehen mussten, was mit ihren Kameraden passiert ist“, sagte der Schichtführer der Brandenburger Berufsfeuerwehr. Die Kräfte, die im Einsatz waren, wurden abgelöst. Sie standen unter Schock. Seelsorger übernahmen die Betreuung. Auch zwei weitere Feuerwehrleute wurden bei dem Unfall verletzt. Einer von ihnen konnte nach ambulanter Behandlung vor Ort entlassen werden. Ein 22-Jähriger wurde mit Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht.

Die A2 blieb noch bis 12.30 Uhr voll gesperrt. Es hatte sich ein mehrere Kilometer langer Rückstau gebildet. Die Staatsanwaltschaft Potsdam beauftragte einen Gutachter mit der Ermittlung der Unfallursache. Polizei und Rettungskräfte waren mit einem Großaufgebot im Einsatz, darunter 22 Wagen der Polizei, ein Polizeihubschrauber und Kriminaltechniker.

Woidke: „Sie wollten Leben retten und kamen dabei selbst zu Tode“

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zeigte sich tief erschüttert und sagte: „Es ist eine Tragödie, die für mich kaum zu fassen ist. Sie wollten Leben retten und kamen dabei selbst zu Tode.“ Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) ordnete an allen öffentlichen Gebäuden des Landes für den gestrigen Dienstag Trauerbeflaggung an. Woidke und Schröter hatten am Dienstagmorgen die Freiwillige Feuerwehr in Kloster Lehnin besucht, sich von Einsatzkräften über den Unfallhergang unterrichten lassen. Auch der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg, Ingo Senftleben, reagierte bestürzt: „Wir trauern um die beiden Kameraden, die beim Versuch, Menschen zu retten, ihr eigenes Leben auf dramatische Weise verloren haben.“ Der Einsatz führe auf dramatische Weise vor Augen, dass Feuerwehrleute unter Einsatz ihres Lebens arbeiteten. Dafür gebühre den Rettern tiefster Respekt, sagte Senftleben.

Woidke sicherte den Familien der beiden Feuerwehrleute volle Unterstützung des Landes zu – offenbar mit Soforthilfe für die Familien wie in früheren Fällen etwa bei im Einsatz getöteten Polizeibeamten. Wörtlich sagte Woidke: „Wir werden alles tun, um für die Angehörigen Zukunftssicherheit und soziale Absicherung möglichst gut zu gestalten.“ Der Landesfeuerwehrverband Brandenburg hat am Dienstagnachmittag ein Spendenkonto eingerichtet, um die Familien zu unterstützen. Innenminister Schröter sagte: „Es gibt eine große Solidarität der Menschen in Brandenburg mit den betroffenen Familien.“ Auch der Potsdamer Ordnungsdezernent Mike Schubert (SPD) sicherte der Familie des ums Leben gekommenen Beamten der Stadt „volle Unterstützung“ zu.

Grundsätzlich tritt für die Hinterbliebenen der getöteten Männer in beiden Fällen die Feuerwehr-Unfallkasse Brandenburg ein. „Das gilt auch für Angehörige freiwilliger Feuerwehren, da die jeweilige Gemeinde gesetzlich als ihr Arbeitgeber gilt“, sagte Herbert Baier, Kreisbrandmeister des Landkreises Potsdam-Mittelmark. Die Hinterbliebenen des Mitglieds der Ortsfeuerwehr Lehnin erhielten somit dieselben Leistungen wie die des Mitglieds der Potsdamer Berufsfeuerwehr, unter anderem Witwen- und Waisenrenten.

Später kam die Gefahrguteinheit der Feuerwehr zum Einsatz

Infolge des Rückstaus nach dem nächtlichen Unglück ereignete sich in dem dichten Verkehr auf der A2 am Dienstagmittag zwischen Wollin und Brandenburg/ Havel ein weiterer Lkw-Unfall. Ein Sattelzug aus Litauen fuhr am Stauende auf einen anderen Lastwagen aus Frankreich auf. Der Fahrer aus Litauen wurde dabei schwer verletzt. Die Autobahn musste erneut in Richtung Berlin komplett gesperrt werden, der Stau war zeitweise bis zu sieben Kilometer lang. Autofahrer wurden weiträumig umgeleitet. Der Sattelzug aus Frankreich hatte zudem in fünf Containern insgesamt 5000 Liter einer „leicht entzündbaren, chemischen Flüssigkeit“ geladen. Drei Behälter wurden beschädigt, die Feuerwehr rückte mit zwei sogenannten Gefahrguteinheiten an. Zwar habe keine Gefahr für die Autofahrer bestanden, dennoch richtete die Feuerwehr einen Sperrkreis ein. Die Chemikalie könne zu Reizungen der Augen und Atemwege führen, hieß es. Die Polizei bat Autofahrer, beim Passieren der Unfallstelle die Fenster zu schließen.

An der Landesfeuerwehrschule in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) wurde mit einer Schweigeminute der verstorbenen Kameraden gedacht. Auch zum Tag der offenen Tür der Potsdamer Feuerwehr am Samstag wird es eine Schweigeminute geben. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte: „Wir sind jetzt mit unseren Gedanken bei den Familien.“ Der Potsdamer Feuerwehr-Chef Wolfgang Hülsebeck sagte: „Ein furchtbarer Unfall hat zwei Kameraden aus dem Leben gerissen. Wir sind fassungslos und traurig.“ (mit dpa)

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