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Voll. Zwischen Potsdam und Teltow müssten mehr Busse fahren.

© Andreas Klaer

Mobilitätsforum in Kleinmachnow: Ab 2034 über die Stammbahn?

Beim Mobilitätsforum in Kleinmachnow wurde am Samstag überlegt, wie der Verkehr in der Region besser fließen kann. Neben einer Bahnanbindung soll auch der Bus- und Radverkehr gestärkt werden.

Von Enrico Bellin

Region Teltow - Radschnellwege nach Berlin und Potsdam, mehr Busse sowie die Anbindung an U-, S- und Regionalbahn: Die Ideen, wie der Verkehr in Stahnsdorf, Kleinmachnow und Teltow künftig organisiert werden soll, waren auf dem zweiten Mobilitätsforum der Lokalen Agenda 21 am Samstag im Kleinmachnower Rathaus vielfältig. Einige Projekte sind bereits in Planung, andere werden wohl frühestens in Jahrzehnten realisiert. Die PNN geben einen Überblick:

Die Stammbahn

„Wir sind uns alle einig, dass die Stammbahn kommt. Die Frage ist nur, ob als Regional- oder S-Bahn.“ So deutliche Worte wie am Samstag von Thomas Dill, Bereichsleiter des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), hatte man vom VBB zur Stammbahn bisher noch nicht gehört. Wie berichtet werden derzeit drei Varianten untersucht, wie wieder Züge über die Bahnstrecke von Potsdam über Kleinmachnow nach Berlin fahren können, die nach 1945 größtenteils abgebaut wurde: Der Wiederaufbau der Strecke als normale Bahnstrecke, als S-Bahnstrecke und der Aufbau der Stammbahn zwischen dem Potsdamer Platz und Zehlendorf, von wo aus eine bestehende Strecke über Wannsee nach Potsdam befahren werden könnte. Wie Dill sagte, sei die 2016 gestartete Untersuchung, welche Variante das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis hat, ein jahrelanger Prozess. Wann sie beendet ist, könne er nicht abschätzen.

Wenn sich der VBB und die Verkehrsministerien von Berlin und Brandenburg auf eine Variante geeinigt haben, muss ein Planfeststellungsverfahren gestartet werden. Danach kann gebaut werden, die Bauzeit für die mindestens 220 Millionen Euro teure Strecke wird auf zehn Jahre geschätzt. Eine Inbetriebnahme wäre Ende 2034 sinnvoll, wie Thomas Dill auf PNN-Nachfrage sagte. „Bis dahin läuft der Verkehrsvertrag mit den Bahnunternehmen.“ Im Vertrag legt der VBB fest, welche Züge auf welchen Strecken fahren sollen. Mit Inbetriebnahme der Stammbahntrasse würden sich die Strecken jedoch verändern, weshalb ein Abwarten bis 2034 sinnvoll erscheine.

Dill erklärte auch, wie wichtig die Stammbahn als Regionalbahntrasse wäre: Sie könnte zusätzliche Züge von Werder (Havel) über Potsdam nach Berlin aufnehmen, wo das Pendlerwachstum in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen wird. Berlins Bahnchef Alexander Kaczmarek erklärte zudem, dass es einfacher wäre, Geld vom Bund für die Stammbahn zu erhalten, wenn sie als Regionalbahntrasse gebaut wird. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass mit der Stammbahn Fahrzeiten von 15 Minuten zwischen Kleinmachnow und dem Potsdamer Platz möglich sind. Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD) kündigte an, dass die Gemeinde im Mai noch einmal eine Aufforderung zum Stammbahnbau an das Ministerium schicken wird. „Der Beschluss der Gemeindevertreter dazu wird wohl einstimmig sein“, so Grubert.

S-Bahn

In der Region wird auch nahezu einstimmig die Verlängerung der S-Bahn von Teltow nach Stahnsdorf gefordert, möglichst auch der Weiterbau von Stahnsdorf auf der Trasse der früheren Friedhofsbahn zum Berliner Bahnhof Wannsee. Auch diese Varianten werden wie berichtet derzeit vom VBB geprüft. „Bisher gibt es das eindeutige Ergebnis, dass auch auf dieser Achse etwas passieren muss“, so VBB-Bereichsleiter Dill. Allein die Verlängerung der S-Bahn von Teltow zur Sputendorfer Straße in Stahnsdorf könnte den Untersuchungen zufolge die Fahrgastzahlen der S-Bahn von bisher tausend auf 3 500 Fahrgäste am Tag erhöhen. Gleichzeitig ist das auch der am einfachsten zu realisierende S-Bahn-Abschnitt, da dort nur Straßen über die Strecke führen. Auf der Strecke von Stahnsdorf nach Wannsee hingegen müssten der Teltowkanal, die A 115 und die Bahntrasse Potsdam-Wannsee überquert werden. Die Kosten stehen noch nicht fest, einen möglichen Bauzeitraum nannte Dill nicht.

U-Bahn

Peter Weis von der Lokalen Agenda 21 brachte auch eine mögliche Verlängerung der Berliner U-Bahn von der Endstation Krumme Lanke über den Mexikoplatz bis nach Düppel/Kleinmachnow ins Gespräch, wo Züge auf der Stammbahn halten sollen. „Das wäre eine sinnvolle Netzverknüpfung.“ Die Bahn könnte im letzten Abschnitt auch oberirdisch verlaufen. Auch Bürgermeister Michael Grubert betonte, dass die ernsthafte Untersuchung einer solchen Verlängerung seit Jahren von der Gemeinde gefordert würde. „In der Theorie sind diese Pläne sicher gut, in der Praxis aufgrund der hohen Kosten aber sehr fraglich“, kommentierte Bahnchef Kaczmarek. Die Strecke wäre knapp drei Kilometer lang. Zum Vergleich: Die BVG rechnet allein bei einer Verlängerung um 700 Meter bis zum S–Bahnhof Mexikoplatz mit Kosten von 30 Millionen Euro und hält sie deshalb für nicht wirtschaftlich.

Regionalbus

Das Bussystem der Region funktioniert gut, so Thorsten Müller, Verkehrsleiter von Regiobus Potsdam Mittelmark. „Bei der Befragung von 27 000 Fahrgästen im vergangenen Jahr haben mehr als 90 Prozent das Bussystem mit gut bis sehr gut bewertet.“ Derzeit würden die Ergebnisse der Befragung analysiert. Klar sei aber, dass das Angebot nach Potsdam, wo zwei Linien im 20-Minuten-Takt fahren, zu gering sei. Wie Regiobus darauf reagieren wird, ist noc h offen: Die Planer seien derzeit damit beschäftigt, zu prüfen, wie die Busse ab Sommer durch die Baustelle auf der Potsdamer Straße in Stahnsdorf geführt werden.

Für bessere Busverbindungen nach Berlin brachte Michael Weber, Betriebsmanager der BVG, den Neubau einer Brücke über den Teltowkanal nahe der Teltowkanalwerft ins Gespräch: „Derzeit müssen wir von Berlin aus mit der Linie 101 leider vor dem Kanal enden.“

Radschnellwege

Derzeit läuft beim Berliner Senat wie berichtet eine Machbarkeitsstudie zu einem Radschnellweg entlang des Teltowkanals über Lichterfelde nach Teltow. Auch eine Linie entlang der Avus vom Dreieck Funkturm nach Potsdam wird geprüft. Das Projekt eines Radschnellweges von Potsdam über Stahnsdorf und Kleinmachnow nach Teltow ist jedoch ins Stocken geraten, da Stahnsdorf beschlossen hat, kein Geld für das Projekt auszugeben. „Auf Potsdamer Gebiet machen wir derzeit Vorplanungen für den Schnellweg“, sagte Potsdams Radverkehrsbeauftragter Thorsten von Einem. Er zeigte sich enttäuscht, das Stahnsdorf sich aus den Planungen zurückgezogen hat. „Wir haben in dem Weg ein hohes Potential gesehen, hätten vielleicht aber mehr miteinander reden sollen.“

Nun endet die Planung am Rande der Parforceheide. Auch Stefan Overkamp, Sprecher des ADFC Teltow, betonte die Vorzüge des Weges nach Potsdam. Sein Fahrradverein fordert zudem einen Radschnellweg neben der S-Bahntrasse zwischen Stahnsdorf und Teltow sowie Verbindungen zwischen den Schnellwegen. „Bisher gibt es nur Radwege entlang der Straßen, und auch die sind meist zu schmal.“ Von Einem und Overkamp forderten, dass der Radschnellwegebau künftig Ländersache wird, um die kommunenübergreifende Planung zu vereinfachen. Bisher ist dies in Deutschland nur in Nordrhein-Westfalen geschehen. Das Land plant einen 101 Kilometer langen Radschnellweg zwischen Hamm und Duisburg.

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