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Mehr Einbrüche in Teltow: „Einbruchsschutz ist auch Sache der Kommunen“

Die Einbruchszahlen in Teltow sind wieder deutlich gestiegen - zuletzt um fast 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Polizeioberrat Ingolf Niesler erklärt, was die Diebe anzieht und was die Kommunen tun können.

Teltow entwickelt sich zur Hochburg der Diebe. Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist im vergangenen Jahr um 69 Prozent gestiegen, wie aus der vor Kurzem veröffentlichten Kriminalstatistik des Landes hervorgeht. Wie kommt das, Herr Niesler?

Genaue Erkenntnisse liegen uns dazu nicht vor. Aber die Zahl der Einbrüche im Speckgürtel ist insgesamt hoch und auch in den Nachbarkommunen nicht unbedeutend gestiegen. In Kleinmachnow um 35 Prozent, in Stahnsdorf um 41 Prozent. Grundsätzlich interessieren die Täter keine Ortsgrenzen, sie erwarten, dass in der Berlin nahen Region jede Menge Speck zu holen ist und sich dort Leute mit einem gewissen Wohlstand niederlassen. Hin und wieder kommt es zu Verlagerungen, das kann aber viele Ursachen haben, wie etwa verstärkte polizeiliche Aktivitäten. Manchmal liegt es aber auch an den Tätergruppen selbst.

Teltow wächst, es entstehen neue Wohngebiete, zieht das auch vermehrt Einbrecher an?

Die Mehrzahl der Einbrüche registrieren wir tatsächlich in den Gebieten, wo nachweislich neu gebaut wurde, vor allem östlich der Ruhlsdorfer Straße, im Bereich der Kanada-Allee oder im Musiker-Viertel, aber auch in Teltow-Seehof. Hingegen sind weiter westlich, wo wir mehr sozialen Wohnungsbau haben, weniger Einbrüche feststellbar. In der Regel wägen die Täter ab. Wie viel Beutegut lässt sich erwarten und wie groß ist das Entdeckungsrisiko. Und auch der so genannte Memory-Effekt spielt eine Rolle. Wenn die Täter einmal erfolgreich waren, ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass sie wiederkommen.

Sie sprachen von Tätergruppen. Wie organisiert gehen die Diebe vor?

Wir wissen, dass sie ihre Objekte vorher ausspähen und arbeitsteilig vorgehen. Am häufigsten steigen sie durch Aufhebeln oder -bohren von Terrassentüren und Fenstern in die Häuser ein. Das ist mit wenig Aufwand und mit dem Schraubendreher zu erledigen, der kaum Geräusche macht. Leider ist es uns nur selten vergönnt, den Tathergang zu beobachten.

Wie viele Diebe erwischen Sie?

Die Aufklärungsquote ist leider gering, im gesamten Bereich der Polizeiinspektion liegt sie bei 7,6 Prozent. Die Täter gehen sehr schnell vor. Stoßen sie allerdings auf Hemmnisse, brechen sie den Einbruchsversuch nach polizeilichen Erfahrungen in der Regel nach etwa drei Minuten ab. Oftmals wird der Einbruch erst festgestellt, wenn der Eigentümer nach Hause zurückkehrt, das kann Stunden, manchmal Tage nach dem Einbruch sein. Wir sichern vor Ort Spuren, aber nicht immer sind diese verwertbar oder geeignet, den Täter zu identifizieren sowie zu überführen. Am erfolgreichsten ist hinterlassene DNA.

Stichwort DNA. Vor einigen Jahren wurde die künstliche DNA zur Kennzeichnung von Wertgegenständen eingeführt, inwieweit hilft das?

Mit der künstlichen DNA hat man die Möglichkeit, seine Gegenstände zu markieren. Wenn der Einbrecher sie mitnimmt und dann etwa in eine Polizeikontrolle gerät, ist schnell feststellbar, dass die Dinge geklaut wurden. Die Kollegen wurden dazu mit UV-Lampen ausgestattet. Der zu betreibende Aufwand, die Markierung zu entfernen, ist zudem sehr hoch. Es hat sich gezeigt, dass dort, wo die Sets eingesetzt wurden und auch entsprechende Schilder an die Häuser angebracht worden sind, bislang keine Einbrüche angezeigt wurden. Es kann also ein Baustein zur Prävention sein.

Was nehmen denn die Diebe bevorzugt mit?

Bargeld, Schmuck und andere Wertgegenstände wie Armbanduhren, aber auch Tablets. Kleinere Sachen, die sie schnell aus dem Haus bringen. Bargeld ist noch das beliebteste Diebesgut, weil die Chance relativ hoch ist, es 1:1 umsetzen zu können, bei einer Kreditkarte sieht das schon anders aus. Doch gerade beim Geld sind die Leute noch zu nachlässig. Größere Beträge gehören nicht ins Haus, sondern ins Schließfach bei der Bank. Auch empfiehlt es sich, Schmuck und andere wichtige Gegenstände zu fotografieren und alles auf einem USB-Stick zu speichern. Das erleichtert nicht nur die Überführung der Täter, sondern kann auch im Fall eines Brandes hilfreich sein.

Früher hieß es, die Einbrecher kommen vor allem nachts. Gilt das noch?

Sie bevorzugen die dunkle Jahreszeit, kommen zur Hälfte nachts, zur anderen zwischen 6 und 21 Uhr, vorzugsweise aber wenn die Bewohner verreist oder nicht anwesend sind. Einbrecher sind scheue Wesen.

Und wenn man doch im Haus ist?

Auf keinen Fall die Konfrontation suchen oder sich dem Einbrecher in den Weg stellen. Die Täter stehen unter Adrenalin und keiner kann vorhersehen, wie sie reagieren. Am besten die Zimmertür schließen, Licht anschalten und die Polizei rufen.

Insgesamt gilt mehr Polizeipräsenz als das Allheilmittel. Ist das so?

Polizeipräsenz ist wichtig, gar keine Frage. Aber man kann sich auch nicht immer nur allein auf die Polizei stützen. Unsere Ressourcen sind begrenzt. Ein Baustein sind ehrenamtliche Sicherheitspartner in den Kommunen, die durch die Polizei begleitet werden und die Arbeit durch Streifengänge unterstützen. Allerdings sind die meisten Sicherheitspartner in die Jahre gekommen, es ist wichtig, jüngere Menschen dafür zu begeistern. Einbruchsschutz ist aber auch Sache der Kommunen.

Inwiefern?

Ein Beispiel, das ich in diesem Zusammenhang immer gern aufzeige, ist die Gemeinde Neuenhagen im Märkisch-Oderland. Die Gemeinde hat es mit einem Bündel an Maßnahmen geschafft, das Sicherheitsgefühl der Menschen positiv zu beeinflussen, die Zahl der Straftaten ist deutlich zurückgegangen. Wichtig ist, dass die Kommune erkennt, welche Möglichkeiten der Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit sie selbst hat und diese nutzt. Die Kommunen müssen Identitäten herausbilden, das Wir-Gefühl stärken, etwa durch Sportangebote in der Schule oder den ortsansässigen Vereinen. Die Möglichkeiten der Prävention durch die soziale Kontrolle sind oft höher als durch den Einsatz der Polizei.

Sie meinen den wachsamen Nachbarn?

Ja, es geht nur miteinander. Eine Alarmanlage allein schafft noch keine Sicherheit. Sie muss auch gehört werden. Da hilft es nicht, sich anonym einzurichten und abzuschotten. Das ist gerade dort ein Problem, wo sich die Bevölkerungsstruktur durch einen starken Zuzug ändert. Den Tätern spielt das in die Hände.

Das Gespräch führte Solveig Schuster

ZUR PERSON: Ingolf Niesler (46) ist seit 1991 bei der Brandenburger Polizei. Seit 2016 ist er stellvertretender Inspektionsleiter der Polizeiinspektion Potsdam und für die Führung der Reviere zuständig.

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