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Wer wird hier der Chef?

© Enrico Bellin

Landratswahl in Potsdam-Mittelmark: Warum eine reine Männerrunde?

Bei der Landratswahl in Potsdam-Mittelmark steht keine Frau zur Wahl. Generell haben es Frauen in der Kommunalpolitik schwer. Daran gibt es Kritik - und Verbesserungsvorschläge.

Bad Belzig/Potsdam - Am Sonntag wird in Potsdam-Mittelmark ein Nachfolger für Wolfgang Blasig (SPD) als Landrat gesucht. Unter den sieben Kandidaten ist keine einzige Frau. Daran gibt es nun Kritik. 

"Die Wähler:innen in Potsdam-Mittelmark können nun keine Frau wählen, auch wenn sie das wollten. Das bewerten wir als große Einschränkung", teilte der Frauenpolitische Rat Brandenburg auf PNN-Anfrage mit. Den Parteien stehe es natürlich frei, ihre Kandidierenden selber zu wählen und ins Rennen um öffentliche Ämter wie das des Landrats von Potsdam-Mittelmark zu schicken. "Trotzdem bedauern wir die Tatsache, dass alle Parteien und Wähler:innengruppen in Potsdam-Mittelmark ausschließlich Männer aufgestellt haben."

Gerade die kommunale Ebene sei jene mit dem direktesten Bezug zu den Menschen und zudem oftmals das Einstiegstor für interessierte Menschen in die Politik. Wenn sich nur Männer als Kandidierende präsentieren, verhärte sich das Bild, von wem und für wen Politik gemacht wird. "Das ist fatal und eine vertane Chance, mehr Frauen und Menschen anderer Geschlechtsidentitäten zu motivieren, selber in die (Kommunal-)Politik zu gehen", teilte der Rat mit. 

In Führungspositionen stark unterrepräsentiert

Diese Perspektiven fehlen allzu häufig, was sich sowohl inhaltlich zum Beispiel in einer ungleichen Verteilung der Haushaltsmittel zwischen den Geschlechtern niederschlägt, als auch eine für Frauen wenig einladende politische „Kultur“ in den Kommunalparlamenten erzeugt.

Frauen sind in kommunalen Führungs- und Entscheidungspositionen nachweislich stark unterrepräsentiert. Im Kreistag von Potsdam-Mittelmark sind unter 56 Mitgliedern ganze 18 Frauen vertreten. Das entspricht 32 Prozent. 

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Immerhin ist der Frauenanteil im Kreistag in Bad Belzig höher als der Landesdurchschnitt von 27,6 Prozent. Das setzt sich nach Angaben des Frauenpolitischen Rates fort: "Der Anteil von Männern in den Gemeindevertretungen liegt bei 74,8 Prozent (Stand 2019). Der Männeranteil in den Verwaltungsspitzenpositionen in den Landkreisen und kreisfreien Städten liegt bei 81,8 Prozent." 

Dazu komme, dass auch kommunale Aufsichtsgremien und –beiräte von den Mandatsträger:innen besetzt werden. Daraus folge: Je höher der Männeranteil in Kommunalparlamenten und den dazu gehörigen Verwaltungen ist, desto höher ist auch der Männeranteil in diesen beratenden und entscheidenden Gremien.

In Brandenburg nur zwei Landrätinnen

In Brandenburg gibt es mit Kornelia Wehlan (Die Linke) im Landkreis Teltow-Fläming und Karina Dörk (CDU) im Landkreis Uckermark nur zwei Landrätinnen. Die vier kreisfreien Städte Brandenburg/Havel, Cottbus, Frankfurt(Oder) und Potsdam werden von Männern regiert. Das entspricht einem Frauenanteil an der Spitze der Landkreise und kreisfreien Städte von nur 11 Prozent. 

Immerhin, mehr Frauen finden sich an den Spitzen der 413 Gemeinden im Land Brandenburg – sowohl als ehren- als auch als hauptamtliche Bürgermeisterinnen. Hier wird jede fünfte Gemeinde von einer Frau geführt – das entspricht aber auch nur einem Anteil von 19 Prozent. 

Paritätsgesetz und Frauenförderung

Um mehr Frauen in kommunale Spitzenämter zu bringen, fordert der Rat weitreichende Maßnahmen in diversen Bereichen. Zu den Schlüsselmaßnahmen zählen demnach unter anderem ein Paritätsgesetz auf Landesebene, welches die kommunale Ebene einschließt, um eine paritätische Besetzung der Wahllisten zu bewirken sowie die gezielte Förderung von Mädchen und Frauen, sich politisch einzubringen. 

Eine Veränderung der politischen Kultur in Kommunalparlamenten sei ebenfalls dringend notwendig, da der aktuell häufig sehr raue und wenig kooperative Umgang miteinander eher abschreckend auf viele Frauen wirke. "Dafür kann helfen, den Aufbau und die Fortführung von Frauen-Netzwerken auf kommunaler Ebene zu unterstützen."

Die Gleichstellungsbeauftragte von Potsdam-Mittelmark, Mariana Siggel
Die Gleichstellungsbeauftragte von Potsdam-Mittelmark, Mariana Siggel

© promo

Genau das hat die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises nun vor. Engagierte Frauen aus dem Landkreis müssten sich besser austauschen, meint Mariana Siggel. Ende April soll es dazu ein erstes Treffen geben. Geplant sind solche Netzwerktreffen fünfmal im Jahr. Es wäre wünschenswert, dass sich etwas tue, so Siggel. Beim Frauenanteil in Gremien und Führungspositionen gebe es noch Reserven. So seien im Landkreis derzeit von 19 Positionen von Amtsdirektoren und Bürgermeistern nur vier mit Frauen besetzt. 

Landesgleichstellungsbeauftragte Manuela Dörnenburg sagt, die Politik - auch kommunal - sei weiter ein schwieriges Feld für Frauen.  Das Beispiel aus Potsdam-Mittelmark zeige eine Tendenz. "Wenn Parteien Frauen wollten, könnten sie auch welche aufstellen", so Dörnenburg. Da müssten sich die Parteien auch selbst hinterfragen. 

Manuela Dörnenburg, Gleichstellungsbeauftragte des Landes Brandenburg
Manuela Dörnenburg, Gleichstellungsbeauftragte des Landes Brandenburg

© MSGIV

Langfristige Studien zeigen laut Dörnenburg, dass ein traditionelles Rollenbild noch weit verbreitet ist. Kommunalpolitische Sitzungen und Veranstaltungen finden häufig abends statt. Das Engagement sei zeitaufwendig. "Da fragen sich viele Frauen, was heißt das für meine Familie und meine Partnerschaft." Insgesamt müsse man sich mit dem Thema Diversität auch in der Verwaltung mehr auseinandersetzen. 

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