zum Hauptinhalt

KulTOUR: Mit Kleinmachnows „Klangfischern“ singen: Viva la Vida! Oder Singen tut gut!

Kleinmachnow - Die Pflege der Chormusik ist eine der ganz alten Traditionen in Europa. In Estland zum Beispiel lassen sich jedes Jahr Hunderttausende davon begeistern, reine Zuhörer sind eher die Ausnahme, jeder singt da mit.

Kleinmachnow - Die Pflege der Chormusik ist eine der ganz alten Traditionen in Europa. In Estland zum Beispiel lassen sich jedes Jahr Hunderttausende davon begeistern, reine Zuhörer sind eher die Ausnahme, jeder singt da mit. Auch in den Niederlanden hat sie eine lange Geschichte, obwohl man dort zu kirchlich organisierten Masen-Gesängen neigt. Ein gut klingender Choral aus tausend Kehlen, das ist wie ein Wunder.

Der Kleinmachnower Chorleiter Holger Philipp stammt aus dieser Gegend, genauer aus Hückelhoven, zwischen Mönchengladbach und Aachen gelegen, und hat seine spezielle Art einer Chorleitung mitgebracht. Gesungen hat er in vielen Chören, wie man selber einen lenkt, lernte er schon früh, als er mal aushelfen musste. Er spielt zwar Klavier, hat die Hohe Schule der Chöre aber nicht studiert, ein Autodidakt also, ein echter Amateur, was nichts anderes als Liebhaber bedeutet. Seit 2009 leitet er in Kleinmachnow die „Klangfischer“, einen übergemeindlichen Chor mit Sitz in der katholischen Kirche St. Thomas Morus.

Im Pfarrbrief eingetragen, besteht er aus Katholiken, Evangelischen und sogar aus „Skeptikern“, wie der knapp 50-Jährige zu verstehen gibt. Das gemeinsame Singen hält sie alle sehr gut zusammen. Zum einen liegt das an der Persönlichkeit des knapp Fünfzigjährigen, der keinen Druck ausüben mag. Andererseits am sehr speziellen Charakter des 40-köpfigen Chores. Philipp bedient eben nicht die kirchauf, kirchab zu hörende Kirchenmusik eines Bach („mir zu mathematisch“) oder Paul Gerhardt, sondern spezialisiert sich auf neue Kompositionen christlicher Art ab den 1970er-Jahren, zum Beispiel Thomas Laubach, Karl Jenkins oder Ingemar Olsson. Nie gehört? Morgen wäre bei St. Thomas Morus Gelegenheit, diese teils getragenen, teils swingenden Stücke zu hören – und sogar mitzusingen, das zweite Konzert dieser Art seit 2014 übrigens.

Ein Chor für neue Lieder also, wobei der christliche Charakter immer erkennbar bleiben soll. Und trotzdem erlaubt man sich in seiner Freiheit auch eine „weltliche Schiene“, mit Pop, Rock oder Filmsongs. Solche Sachen seien viel schwerer. Gospels sind nicht im Repertoire, „das klingt in den Feinheiten von Klangfarbe, Feeling und Rhythmik hierzulande einfach nicht“. Er kennt die Grenzen seines Chores, und auch seine: „Highlevel ist bei uns nicht zu erreichen, das wissen wir selbst. Was nicht klingt, wird aussortiert!“ Sei’s, wie er die Klassiker nicht besonders mag, so auch nicht das einstimmige Singen, noch eine Besonderheit dieses Chores.

Dank seines überkonfessionellen Charakters und der Vielfalt im Repertoire ist er geradezu universell einsetzbar, bei evangelischen und bei katholischen Gottesdiensten, bei Vernissagen, Konzerten und Lesungen. Klänge fischen – mit Klängen fischen: Man war sogar schon in Sachen Disco unterwegs, und zwar erfolgreich. Wundert es, wenn die Chormitglieder – Viva la Vida! (Es lebe das Leben!) – richtig begeistert sind, und immer wiederkommen? Neue Mitglieder? Ja, nur „muss alles zueinander passen“.

Philipp arbeitete lange im Raum Köln als Sozialarbeiter, zog 2002 mit seiner katholischen Familie („bin der einzig Evangelische bei uns“) nach Kleinmachnow, fand Arbeit als Assistent der Geschäftsführung beim Diakonischen Werk Steglitz. Sein Credo ist auch das des Chores: Leute zum Singen einzuladen, das hilft sogar gegen Stress und andere Leiden. „Singen tut einfach gut!“Gerold Paul

Mitsingkonzert: Samstag, 17 Uhr, Kleinmachnow, Hohe Kiefer 113

Gerold Paul

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false