zum Hauptinhalt

KulTOUR: Ausstellung im Landarbeiterhaus Kleinmachnow: Geschnitten, lebendig, beseelt

Skulpturen und Grafiken bei einer neuen Ausstellung in Kleinmachnow

Kleinmachnow - Manchmal ist es mit der Kunst ganz einfach, manchmal auch hochkompliziert. Letzteres empfand eine Besucherin beim Betrachten der neuen Ausstellung in Kleinmachnows Landarbeiterhaus, auch „Z 200“ genannt. „Kompliziert für die Künstlerin, aber auch für mich als Betrachterin“, so hält es das Gästebuch zu der Ausstellung fest.

Sicherlich hat die Dame nicht die auf seltsame Weise interessanten Skulpturen von Gisela Eichardt gemeint, welche die vier Räume am Zehlendorfer Damm so edel schmückend beleben. Eher die „cut outs“ der Bildhauerin Verena Weckwerth, „experimentelle Grafik“ auf Buchleinen oder Kupferdruckpapier. Hier wird mit dem Skalpell herausgeschnitten. Chirurgie der Kunst, sozusagen. Bilder dieser Art können dann von beachtlicher Größe sein, wie „Krypromanie“ oder „Triumpf der Tugend“. Die Künstlerin arbeitet also im Gegenstrom zur Malerei, sie will das Dreidimensionale zurück ins Zweidimensionale hineinzwingen. Dass dies nicht ganz aufgeht, ist einerseits „Tücke des Objektes“, aber auch Ergebnis einer langen Experimentalreihe. Trotzdem, die blendend weiße gehaltene Serie „Deconstruction/Schiffsabbau“ hat schon etwas Apartes, man kann mit Augen herrlich darin wandern.

Ein zweiter Werkkreis betrifft Weckwerths Collagen, „Tiefse-hen“ etwa, „Die Arbeit“ oder „erbge-fühle/fisherman“. Diese Werke bleiben, salopp gesagt, freiwillig in ihren Dimensionen, dafür werden ihre Motive hier und da perspektivisch verzerrt und verfremdet. Manches erinnert an die Regeln der Computerkunst. Vielleicht hat die Besucherin das im Gästebuch ausdrücken wollen. Dann gibt es eine Reihe von Aquarellen wie „stalkin“ oder solche ohne Titel. Die Ästhetik ist ähnlich, nur scheint diese Maltechnik nicht gerade das Stärkste bei ihr zu sein.

Trotzdem, dieser Teil der Ausstellung ist eine echte Bereicherung für jeden, der sich für Kunst interessiert – was für Gisela Eichardt und ihre merkwürdig abwesenden, teils lebensgroßen Skulpturen und Reliefs aus Bronze oder Holz ganz genauso gilt. Ihr gemeinsames Merkmal ist nämlich der „innere Blick“, also die Schau nach innen, einer Verklärung ähnlich. Ob nun ein Manager als Relief, die lebensgroße Büste „Der Stille“ oder die kleine „Anna“ – immer findet man, was die Künstlerin so fantastisch allein durch zwei Augen und den Mund herauszuarbeiten versteht. Diese Figuren haben in der Tat jeweils ein „eigenes Gesicht“, einen klar erkennbaren Charakter. Es sind keine, denen man die Sympathie versagen würde. Es sind Individuen, und verkörpern doch zugleich jeden, der ihnen gegenübersteht, um sie zu betrachten. Hohe Menschenkunst ist das, man muss nur einmal den „Kopf ohne Titel“ anschauen, ein tiefsehendes Frauengesicht mit einer Art Stirnband. Oder „Die Seherin“ mit etwas, was hoch am Kopf bei ihr fliegt und fließt. Da bekommt man eine Ahnung, wozu die Kunst in der Lage ist. Kein Schnickschnack, keine verbogene Ästhetik, mit scheinbar einfachsten Mitteln wird hier das „echte Menschenantlitz“ erreicht. Jenseits aller Oberflächlichkeit. Das trifft auch auf die Holzreliefs zu, Seitenperspektive, Köpfe solo, manchmal als Zwillinge, doch immer mit diesem inneren Blick. Und immer hat man den Eindruck, als hätte Gisela Eichardt bereits die Vollkommenheit erreicht. Ein besseres Pendant zur anderen Künstlerin ist gar nicht denkbar und möglich. Sucht diese das Einfache im Komplizierten, so macht es die erste genau andersherum.

Eine perfekte Ausstellung des Kunstvereins „Die Brücke“. Kritisch anzumerken wäre lediglich die nicht durchgehaltene Betitelung in den vier Räumen. 

Die Ausstellung im Landarbeiterhaus ist bis zum 9. April jeweils samstags und sonntags zwischen 14 und 18 Uhr geöffnet

Gerold Paul

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false