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Kleinmachnower Schleuse: Nach Gutsherrenart

Das Schifffahrtsamt verweigert Ruderclub weiter einen Steg an Kleinmachnower Schleuse.

Stahnsdorf - Rede und Gegenrede. Auch nach dem im Sommer gesprochenen Urteil des Amtsgerichts Potsdam ist im Streit um den Rudersteg an der Kleinmachnower Schleuse keine Ruhe eingekehrt. Bereits wenige Wochen nach der Entscheidung des Gerichts hatte das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Berufung beim Landgericht Potsdam eingelegt, im Herbst schob die Behörde dazu eine mehrseitige Begründung nach. Jetzt erwiderte der Club seinerseits das Schreiben mit einem siebenseitigen Papier. Die Ruderer wollen das Landgericht dazu bewegen, die Berufung abzuweisen. „Wir sind guter Dinge“, sagt Rechtsanwalt Martin Beilfuß. Die Berufungsbegründung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes sei „recht dünn“.

Bereits im Juni hatte das Gericht entschieden, dass das Amt den Ruderern den Steg nicht länger verweigern dürfe. Das Schifffahrtsamt lehnt den Abschluss eines dafür notwendigen Nutzungsvertrages aber weiter ab. Die Behörde sei dazu nicht verpflichtet, heißt es in der Begründungsschrift. Es stehe der Klägerin wie jeder juristischen und natürlichen Person frei, Verträge einzugehen oder diese zu unterlassen. Auch handele es sich bei dem Steg nicht um ein notwendiges Gut der Daseinsvorsorge, das eine Einschränkung der Privatautonomie rechtfertigen könnte.

Zudem kritisiert das Amt die vom Amtsgericht Potsdam eingeholten Gutachten des TÜV Süd. Die Behörde vertritt die Ansicht, dass ein Steg in unmittelbarer Nachbarschaft zur Schleuse für Ruderer und Schiffe zu gefährlich sei. Obwohl die Sachverständigen zu einem anderen Ergebnis gekommen waren und das vom Steg ausgehende Risiko selbst bei allerwidrigsten Wind- und Wetterverhältnissen als nahezu nicht existent bewerteten, akzeptiert die Behörde die vorgebrachten Belege nicht. Die Sachverständigen hätten die Gefahrensituation nicht realistisch betrachtet. „Die allein statische Berechnung von Unfallwahrscheinlichkeiten“ berücksichtige nicht die tatsächlich vom Steuerstand eines Schiffes zu betrachtende und zu beurteilende Situation, hieß es. Wie berichtet hatten die Gutachter das Unfall-Risiko mit 1:100 000 000 000 bewertet.

Der Club sieht sich der „Willkür“ ausgesetzt. Die Ruderer sehen nicht ein, warum in Stahnsdorf nicht möglich sein soll, was an anderer Stelle im Land gang und gäbe ist. „Allein entlang des Rheins, der mit Abstand meistbefahrenen Großschifffahrtsstraße Europas, findet man auf 700 Kilometern rund 100 Rudervereine“, so Beilfuß. Auch die über 80 aktiven Rudervereine in Berlin und Brandenburg finden sich an Wasserstraßen. Schließlich sei ein Ruderclub kein Skat- oder Tennisverein, die Ausübung des Wassersports an Zugang von Wasser gebunden. Es sei unverfroren, wie das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt in „Gutsherrenart über die ihr anvertrauten Wasserstraßen verfügt“, ärgert sich der Anwalt.

Schon vor mehr als sechs Jahren wollten die Ruderer am Ufer des Teltowkanals vor ihrem Vereinsgelände einen neuen Steg anstelle der lose im Wasser treibenden und vor sich hin modernden Holzbohlen. Seither verweigert das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt als für die Bundeswasserstraße zuständige Behörde die Genehmigung. Mehr als drei Jahre dauert der inzwischen vor Gericht ausgetragene Streit, schon viele Tausend Euro hat der Club in den Prozess und diverse Gutachten investiert. Solveig Schuster

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