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Kleinmachnow: Zu laut zum Wohnen

Experte und Gemeindevertreter kritisieren Baupläne auf Kleinmachnower Gewerbefläche – und fordern Lärmschutzwand zur A 115.

Kleinmachnow – Günstiger Wohnraum ist gefragt, auch in Kleinmachnow. Daher will die Gemeinde Teile ihres Gewerbegebietes am Stahnsdorfer Damm zu einem Wohnpark mit etwa 270 Wohnungen entwickeln. Zur Hälfte sollen dort bezahlbare Unterkünfte entstehen. Doch trotz der avisierten niedrigen Mieten wäre ein hoher Preis zu zahlen, glaubt Kleinmachnower Bau-Experte Michael Braun. Der Ingenieur fürchtet gesundheitliche Risiken und warb im jüngsten Bauausschuss für eine Überarbeitung der Pläne. Das vorgelegte Schallschutz-Gutachten sei fehlerhaft und berücksichtige nicht die tatsächlichen Umstände, so Braun, der als sachkundiger Einwohner dem Bauausschuss beratend beisitzt.

Noch sei das Baugebiet, das hinter dem Dreilindener Weg unmittelbar an die Autobahn 115 anschließt, durch ein etwa 100 Meter tiefes Waldstück geschützt. Werde es, wie geplant, den Bauplänen geopfert, würde nicht nur der Lärm in den nahen Wohngebieten deutlich zunehmen, auch Schadstoffe würden Braun zufolge ungefiltert in den Ort dringen. Neben künftigen Mietern des neuen Wohngebietes würden auch Bewohner angrenzender Siedlungen zusätzlich belastet.

Eine Lärmschutzwand könne den deutlich höher gewachsenen Wald nicht ersetzen, der allein an der schmalsten Stelle den Autobahnlärm um mindestens 13 Dezibel senke. „Um eine Rodung des Waldstreifens zu kompensieren, müsste die Lärmschutzwand an der Autobahn von derzeit 2,5 Metern Höhe auf über 10 Meter ausgebaut werden. Die schadstofffilternde Wirkung des Waldstreifens wäre jedoch nicht zu ersetzen“, sagt Braun.

Das Lärmgutachten für das Gebiet, das die Gemeinde den Ausschuss-Mitgliedern vorlegte, enthalte fehlerhafte Eingangsdaten und unterschätze den Autobahnlärm. So berücksichtige es etwa nicht den zusätzlich entstehenden Verkehr durch die neuen Bewohner im geplanten Quartier. Es sei von etwa fünf Fahrzeugbewegungen pro Einwohner am Tag auszugehen. Der Emissionspegel steige Braun zufolge noch mal um mindestens drei Dezibel.

Um ihre Pläne zu realisieren, ist die Gemeinde derzeit dabei, den Flächennutzungsplan zu überarbeiten. Neben kleinteiligem Gewerbe, sollen der Bau des Wohnquartiers sowie Sport- und Spielanlagen in dem als „Entwicklungsgebiet Wohnen und Arbeiten“ ausgewiesenen Gebiet möglich werden. Die Baupläne auf dem vier Hektar großen Areal sollen in mehreren Teilschritten realisiert werden. Zurzeit liegt den Gemeindevertretern der Bebauungsplan für die Fläche des ehemaligen „Fashion-Parks“ des brachliegenden Industriegeländes vor. Dort soll neben dem Wohnraum ein Sportplatz entstehen, für den allerdings Bäume des nahen Waldes gefällt werden müssten. Teilweise rücke der Platz bis an die Autobahn heran, erklärt Michael Braun. Eine Abschätzung der gesundheitlichen Auswirkung insbesondere auf sporttreibende Kinder hätte es aber nicht gegeben, moniert der Sachkundige Einwohner. Es sei jedoch erwiesen, dass wer sich körperlich anstrengt, tiefer einatme und demzufolge mehr Schadstoffe aufnehme. Braun sprach sich daher dafür aus, den Sportplatz, der für Vereine und Schulen gebaut werden soll, näher an das geplante Wohngebiet heranzurücken und mit deutlicherer Entfernung zur Autobahn zu realisieren, sowie die Zahl der Wohneinheiten insgesamt auf mindestens ein Drittel der bisherigen Planungen zu beschränken.

Die Kleinmachnower BIK-Fraktion geht einen Schritt weiter. Der soziale Wohnungsbau solle besser über die kommunale Wohnungsgesellschaft und eine entsprechende Mietpreispolitik realisiert werden, sagt der Fraktionsvorsitzende Roland Templin. Es sei zynisch, den Leuten Wohnungen mit derart geminderter Qualität anzubieten, zudem sei die Nachfrage nach Gewerbeflächen wieder gestiegen.

Grundsätzlich zulässig sei die Bebauung, sagt Gemeindesprecherin Martina Bellack. Anhand der geltenden Richtlinien seien nach Ansicht der Verwaltung keine Gesundheitsgefahren erkennbar.

„Eine blöde Situation“, sagt Roland Templin. Da die Gemeinde aus freien Stücken mit der Bebauung an die Autobahn heranrücke, lasse sich später der Wunsch nach einem Tempolimit auf der Autobahn zur Minderung des Lärms kaum begründen, meint er. Mit Stimmen seiner Fraktion sowie der CDU und Grünen haben die Hauptausschuss-Mitglieder eine weitere Behandlung der Vorlagen in der nächsten Gemeindevertretersitzung abgelehnt.

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