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Kleinmachnow: Umweltschutz am Abendbrottisch

Mit kleinen Schritten wollen die Kleinmachnower Klimanauten für eine bessere Zukunft sorgen.

Kleinmachnow – Sie treffen sich in geselliger Runde, essen gemeinsam und tauschen sich aus. Doch wenn sie auseinandergehen, haben sie sich nicht nur gut unterhalten. Am Ende des Tages leisten die Klimanauten einen individuellen Beitrag für den Umweltschutz – ob beim Einkauf oder dem Gießen des eigenen Gartens. „Ich finde, es reicht nicht, auf politische Veränderungen zu warten“, erklärt die Kleinmachnowerin Cornelia Behm.

Im Herbst vergangenen Jahres ergriff die 65-Jährige daher die Initiative und schob mit der Brandenburger Heinrich-Böll-Stiftung die Gründung einer Klimanauten-Gruppe im Ort an. Seitdem hat nicht nur sie von dem Austausch profitiert. „Ich achte heute mehr darauf, was ich kaufe und greife deutlich weniger zu Artikeln, die in Plastik verpackt sind“, erklärt etwa Tahere Christine Sobhani. Auch die Kleinmachnower Ärztin hatte sich schnell für das Konzept begeistert und war wie eine Handvoll weiterer Kleinmachnower nach dem Auftakttreffen dabei geblieben. „Alles Überzeugungstäter“, die sich bereits für den Umweltschutz engagieren, erzählt sie. Ein Zufall, Voraussetzung ist es nicht.

Acht Personen, acht Essen, sechs Themen und ein Kursbuch – das ist die Grundidee des Projekts. Was ein bisschen so klingt wie Klimaschutz im All, greift tief in den persönlichen Alltag. „Es war ein Versuch, sehr niedrigschwellig nachhaltige Lebensstile zu verbreiten und Nachbarschaftsnetze zu festigen“, sagt Initiator Julian Gröger von der Böll-Stiftung. „Das hat in Brandenburg sehr gut funktioniert“, erklärt er.

Nach ersten Klimanauten-Gruppen in Trebbin und Potsdam hätten sich inzwischen an neun Orten im Land Leute zusammengefunden, um gemeinsam zu essen, zu plaudern und sich gegenseitig zum Handeln zu motivieren – Abendgesellschaften für Ressourcenschutz in Reichweite nennt die Stiftung das.

„Zu Hause bei den Gruppenmitgliedern, in angenehmer Atmosphäre besprechen wir verschiedene Themen von Lebensmitteln über den Müll bis hin zur Mobilität, ganz ohne Wertung und Fingerzeig“, erzählt Tahere Christine Sobhani. Ein Handbuch, das jeder zu Beginn von der Stiftung erhalten habe, leite dabei an und zeige Aktionen auf, es helfe aber auch, schnell den Weg zurückzufinden, wenn einmal der Faden verloren gegangen ist, so Behm.

Jedes der darin vorgeschlagenen Themen wird vor dem Hintergrund des Klima- und Ressourcenschutzes besprochen und diskutiert. „Es wird aufgezeigt, wie jeder einzelne sparsam und effektiv mit unseren begrenzten Vorräten und Ressourcen umgehen kann“, sagt Cornelia Behm. Auch die Agraringenieurin und frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete hatte dabei noch Aha-Effekte, gesteht sie. Etwa, dass es sinnvoll sei, regelmäßig alle Strom-, Gas- und Wasserzählerstände zu notieren. Das schaffe nicht nur einen Überblick über den Verbrauch, sondern lasse schneller defekte Geräte erkennen, die dann, anstatt sie vor der Tür abzustellen, in den Wertstoffhof gehören. „Viele der Geräte gelangen sonst in Dritte-Welt-Länder, wo sie ausgeschlachtet werden, zu Umweltschäden führen und zu gesundheitlichen Risiken werden können“, erklärt die Klimanautin.

Auch für Tahere Christine Sobhani hat sich die Teilnahme am Projekt schon in mehrfacher Hinsicht gelohnt. „Seit einigen Jahren überlegen wir, ob wir uns eine Solaranlage aufs Dach bauen lassen“, erzählt sie. In der Gruppe lernte sie den Kleinmachnower Julian Affeldt kennen, mit dem sie sich austauschte und der ihr schließlich bei der Entscheidung half. Inzwischen hat die Ärztin die gewünschten Zellen auf dem Dach.

Auch an anderer Stelle greift das Klimaschutz-Projekt den Gedanken der Nachbarschaftshilfe auf. „Wir leben heute in großem Überfluss“, erklärt Sobhani. So entstand die Idee, Dinge stärker untereinander zu tauschen und zu nutzen, statt alles selbst zu kaufen, erzählt die 48-Jährige, die sogleich eine Anfrage startete und daraufhin ihr Raclette an einen Nachbarn verlieh.

Die Heinrich-Böll-Stiftung hat ihr Projekt inzwischen zwar beendet, für neue Gruppen und Initiativen ist es aber nicht zu spät. Die Stiftung werde auch weiterhin Nachbarschaftsgruppen in Brandenburg unterstützen, die den Wunsch haben, sich zu vernetzen und lokal auszutauschen, sagt Julian Gröger. Und auch ein Nachfolgeprojekt gäbe es bereits. Zurzeit werde das Kursmaterial der Klimanauten auf Geflüchtete ummodelliert, erklärt Gröger.Solveig Schuster

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