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Fährt Oldtimer. Investor Michael Linckersdorff vor einem der Doppelhäuser in der Schleusensiedlung.

© S. Schuster

Kleinmachnow: Ein bisschen wie Bullerbü

Berliner Investor Linckersdorff will Kleinmachnows Schleusensiedlung entwickeln. Die Gemeinde plant einen Radweg über das Areal. Ob er kommt, ist offen.

Kleinmachnow - Er hat noch andere Projekte, aber dieses, so sagt er, habe er wirklich ins Herz geschlossen: Wenn Michael Linckersdorff entlang der denkmalgeschützten Häuser der Siedlung am Ufer des Teltowkanals durchs Gras schreitet, vergesse er die Welt umher. „Die Stille, das Wasser – ich liebe diese Idylle hier“, schwärmt er. Graue Doppelhaushälften, gedeckt mit alten Biberschwänzen, Vordächer über den Türen, Giebelfenster. Das Ganze fernab vom Autolärm, stattdessen alte Frachter, die vor den Häusern gemächlich übers Wasser gleiten.

Vor etwa fünf Jahren hat Linckersdorff das ruhige Fleckchen Erde, das sich hinter dem Berufsbildungszentrum des Wasser- und Schifffahrtsamtes an der Kleinmachnower Schleuse am Kanal erstreckt, im Internet entdeckt. Damals stand es zum Verkauf. Er griff zu, entkernte und sanierte die Häuser, holte die zu Beginn der 1930er- Jahre entstandene Siedlung aus dem Dornröschenschlaf.

„Die Behörde gibt vor, wie es werden soll“

Sechs Doppelhaushälften stehen noch im Original. Ein Haus wurde im Krieg zerstört. Linckersdorff will es wiederherstellen und dort, wo inzwischen Autos parken, nach historischem Vorbild ein neues Doppelhaus erbauen. Auch ein Plattenbau und zwei Garagenkomplexe, die zu DDR-Zeiten auf dem Areal entstanden waren, stören seiner Ansicht nach die Harmonie. Die Garagen sollen daher abgerissen werden und Fläche für weitere Bauten bieten. Insgesamt will der in Berlin lebende Investor vier neue eingeschossige Häuser bauen, die sich in ihrer Kubatur gut in die vorhandene Siedlung einfügen sollen. Linckersdorff sagt, er halte sich dabei eng an den Denkmalschutz. „Die Behörde gibt vor, wie es werden soll“, erklärt er. Selbst die Farbe für den Anstrich.

Zunächst als Wohnungen für die Schleusenmitarbeiter gedacht, hat sich in der Siedlung inzwischen ein Generationenwechsel vollzogen. Noch wohnen auch Nachkommen längst pensionierter Schleusenwärter am Kanal, doch Linckersdorff hat ganz bewusst auch junge Familien mit Kindern in sein kleines Dorf „mit Bullerbü-Atmosphäre“ geholt. Insgesamt leben heute rund 40 Menschen hier. Noch einmal ein Dutzend könnten ein neues Zuhause in der Siedlung finden, wenn Linckersdorff seine Pläne genehmigt bekommt. Im Bauausschuss der Gemeinde Kleinmachnow, wo er sie jüngst präsentierte, fanden sie bereits Anklang, wie Gemeindesprecherin Martina Bellack erklärt.

Die Gemeinde hatte bereits vor gut fünf Jahren beschlossen, einen Bebauungsplan für die Siedlung und das sie umschließende Gelände aufzustellen. Ziel war es damals unter anderem, die Neugestaltung des vor der Siedlung gelegenen Berufsbildungszentrums des Wasser- und Schifffahrtsamtes planungsrechtlich vorzubereiten. Die Kanalsiedlung sollte im Bestand gesichert und zudem die Voraussetzungen für einen Rad- und Fußweg durch die Siedlung geschaffen werden. Mit dem Verkauf der Kanalsiedlung durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben an den Berliner Investor wurde der bis dahin erreichte Verhandlungsstand jedoch zunächst einmal hinfällig, die Gemeindeverwaltung zog den geplanten Beschluss zur Billigung des Vorentwurfs Mitte 2011 daher zurück. Nachdem Linckersdorff seine Pläne nun öffentlich gemacht hat, soll das Bebauungsplanverfahren wieder aufgenommen werden, sagte Bellack.

Mit seltener Kratztechnik Blumen ins Mauerwerk geritzt

Um die Siedlung, die als Denkmal Seltenheitswert genießt, weiter herzurichten, will Linckersdorff auch neben den geplanten Neubauten weiter investieren, Biberschwänze ersetzen, Fassaden und Fensterläden streichen, neue Zäune nach altem Vorbild errichten. Verzierte Giebel an zwei der Wohnhäuser würden der Siedlung zudem einen besonderen Charme geben, sagt er. Mit seltener Kratztechnik sind Rehe, Blumen und Trauben ins Mauerwerk geritzt.

Radweg als Vorteil

Die Idee der Gemeinde, einen Radweg durch die Siedlung zu führen und damit den Lückenschluss des Rad- und Wanderwegs von der Schleuse zur Hakeburg zu schaffen, sieht Linckersdorff positiv. Mit dem Entwurf, der schon in der Schublade gelegen habe, bevor er die Flächen vom Bundesamt für Immobilienaufgaben erwarb, habe er daher kein Problem. „Ich sehe den Radweg als Vorteil“, sagt er. Linckersdorff kann sich vorstellen, dass sich viele wie er an dem Kleinod am Kanal erfreuen.

Nach den Plänen der Gemeinde soll ein bislang unbefestigter, entlang der Grundstücksgrenze hinter den Häusern verlaufender Weg als öffentlicher Rad- und Fußweg gewidmet und ausgebaut werden. An den Kosten würde sich Linckersdorff beteiligen, eine komplette Übernahme des Weges lehnt er aber ab. „Ich kann mich nicht um Winterdienst und Instandhaltung kümmern“, erklärt er. Ein Hemmnis für weitere Gespräche ist das aus Sicht der Gemeinde aber nicht. Es sei vorstellbar, dass die Gemeinde wie bei allen anderen Geh- und Radwegen entlang der Kanalaue auch hier die Sicherungspflicht übernehme, erklärte Gemeindesprecherin Bellack.

Michael Linckersdorff ist auch in Potsdam bekannt

Noch ist der Radweg aber für beide Seiten Wunschdenken. Denn auch das Wasser- und Schifffahrtsamt muss zu den Plänen gehört werden und ihnen zustimmen. Ulrike Kurth, Leiterin des Berufsbildungszentrums der Behörde, kann sich nicht vorstellen, dass er einmal so wie vorgesehen über das Gelände führt. Während die wander- und schaulustigen Radler am Stahnsdorfer Damm noch problemlos über einen öffentlichen und bereits ausgebauten Weg in die Siedlung kämen, endet dieser hinter der Siedlung an den Ausbildungshallen der Berufsschule – und damit in einer Sackgasse. „Die sich hier anschließende Fläche gehört noch zu unserem Betriebsgelände“, erklärt Kurth. Weil dort Wasserbauschüler mit Motorsägen, Großgeräten und Radladern hantieren, sei es viel zu gefährlich, das Areal zu überqueren, ob zu Fuß oder per Rad. Dass sich daran zeitnah etwas ändert, sieht die Berufsschulleiterin nicht.

Michael Linckersdorff ist auch in Potsdam bekannt – als Investor für die Matrosenstation Kongsnæs am Ufer des Jungfernsees gleich hinter der Glienicker Brücke. Dort geht es nicht so schnell voran, auch setzen sich Anwohner gegen Linckersdorffs Pläne zur Wehr, die ehemalige sogenannte Ventehalle des historischen Ensembles als Gaststätte wiederzuerrichten. Die Anwohner befürchten eine Großgastronomie, Linckersdorff weist dies zurück; Klagen sind anhängig. Diesen Sommer, so hieß es vom Investor zuletzt, soll der hölzerne Nachbau der in norwegischem Stil entworfenen Ventehalle nach Potsdam kommen. Dies hatte sich bislang einige Male verzögert. (mit SCH)

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