zum Hauptinhalt

Kirschblütenfest in Teltow: Blütenmeer am Todesstreifen

Am Sonntag feiert Teltow das 18. Japanische Kirschblütenfest entlang des ehemaligen Grenzstreifens. Eine große Spendenaktion brachte einst die Bäume in die Stadt.

Von Sarah Stoffers

Teltow - Immer Ende April verwandelt sich der ehemalige Grenzstreifen zwischen Teltow und dem Berliner Ortsteil Lichterfelde entlang des heutigen Berliner Mauerweges in ein süßlich duftendes rosa-weißes Blütenmeer: Dann erblühen für rund drei Wochen die 1100 Kirschbäume, die auf rund zwei Kilometern den Weg säumen. Und mit ihnen wird in Teltow eine japanische Tradition bewahrt: Am Sonntag feiert die Stadt zum 18. Mal das Kirschblütenfest Hanami.

In Japan ist das Fest Ende April einer der Höhepunkte des Jahres und markiert den Beginn des Frühlings. Die Kirschblüte, japanisch Sakura, steht in dem ostasiatischen Staat für Schönheit und Vergänglichkeit. Die Japaner waren es auch, die das Fest und die Bäume nach der Wende in die Stadt brachten. Aus purer Begeisterung über den Fall der Mauer am 9. November 1989, beteiligten sich rund 20 000 Landsleute an einer Spendenaktion für eine Kirschbaumpflanzung, die der japanische TV-Sender Asahi ins Leben gerufen hatte, erzählt Markus Mohn, Leiter der ehrenamtlichen Umweltinitiative Teltower Platte, die für rund 300 Bäume der Kirschblütenallee verantwortlich ist und das Fest mitorganisiert.

Etwa zwei Millionen D-Mark kamen damals zusammen. Um die Kirschbaumpflanzungen von dem eingenommenen Geld entlang der ehemaligen Grenzanlagen organisieren zu können und geeignete Flächen zu finden, wurde das sogenannte Sakura-Komitee gegründet. Denn nach dem Pflanzen, musste sich auch jemand um die Bäume kümmern, wie Mohn erklärt. Der allererste, der mittlerweile insgesamt 10.000 gesetzten Kirschbäume in Brandenburg und Berlin, wurde im November 1991 an der Glienicker Brücke in Potsdam gepflanzt.

Auch die Umweltinitiative wurde vom Komitee angefragt. Die 1990 gegründete Initiative mit Mitgliedern aus dem Süden Berlins und Brandenburg kümmerte sich nach der Wende aktiv um die Renaturierung der ehemaligen Grenzstreifen, wie Mohn erzählt, der sich ab 1991 als Abiturient an den Aktionen der Gruppe beteiligte. „Unser Ziel war es, aus den Grenzstreifen eine Grünzäsur zwischen der Stadt und dem Land zu schaffen. Die Todesstreifen, mit ihren perfiden Grenzschutzanlagen wollten wir in grüne Natur verwandeln“, so Mohn.

Ein Stück Heimatgefühl für Japaner

Die Stadt Teltow willigte 1995 ein, 800 Bäume entlang des ehemaligen Mauerstreifens zu pflanzen und zu hegen. Die Umweltinitiative verlängerte die Allee 1996 mit weiteren 300 Kirschbäumen. Damit entstand entlang des Berliner Mauerwegs zwischen Teltow und Lichterfelde die längste japanische Kirschbaumallee in ganz Berlin und Brandenburg. Sie wurde 2012 zu ehren der Spendenaktion in TV-Asahi-Kirschblütenallee umbenannt. Die Allee locke jedes Jahr zur Blütezeit Ende April bis Anfang Mai tausende Besucher an, erzählt Mohn. „Auch viele japanische Familien, die in Berlin wohnen kommen vorbei und genießen es. Für sie ist es ein Stück Heimatgefühl“, so Mohn.

Das Kirschblütenfest, japanisch Hanami, gibt es seit 2002. Das Sakura-Komitee habe damals einen geeigneten Ort für eine Bronzetafel gesucht, um der Spendenaktion zu gedenken, so Mohn. Zeitgleich mit der Enthüllung der Tafel im Mai 2002 wurde das erste Fest gefeiert. Rund 70 bis 100 Gäste hätten damals teilgenommen, erinnert sich Mohn.

Ein Anlaufpunkt für Cosplay-Fans

In den vergangenen Jahren wuchs das von der Stadt Teltow mitorganisierte Fest. Mittlerweile kommen jedes Jahr rund 8000 bis 10.000 Gäste, die zwischen den Bäumen die Blütenpracht genießen oder an den Marktständen stöbern wollen. Denn seit einigen Jahren werden die beiden Marktplätze an den beiden Enden der Allee in Sigridshorst und Seehof bespielt. In diesem Jahr werden es pro Marktplatz 40 Stände sein, wie Mohn verrät.

Kirschblüten-Hanami. Ende April bis Anfang Mai verwandelt sich die Kirschbaumallee entlang des ehemaligen Grenzstreifens zwischen Teltow und Berlin-Lichterfelde in ein Blütenmeer. Seit einigen Jahren feiert die Stadt während dieser Zeit ein Japanisches Kirschblütenfest, das auch Cosplayer anlockt.
Kirschblüten-Hanami. Ende April bis Anfang Mai verwandelt sich die Kirschbaumallee entlang des ehemaligen Grenzstreifens zwischen Teltow und Berlin-Lichterfelde in ein Blütenmeer. Seit einigen Jahren feiert die Stadt während dieser Zeit ein Japanisches Kirschblütenfest, das auch Cosplayer anlockt.

© Ottmar Winter

Fördervereine von Schulen, Umweltgruppen und Initiativen informieren über ihre Arbeit. Hinzu kommen regionale Anbieter aus Berlin und Brandenburg. Die andere Hälfte der Stände habe einen japanischen Bezug, so Mohn. Es gebe Stände mit japanischem Essen, wie Sushi oder Süßigkeiten, Tee und entsprechendes Zubehör oder Kleidung und Accessoires für Cosplay-Begeisterte. Cosplay entstand in den 90er Jahren in Japan. Fans japanischer Comics und Zeichentrickserien, den Mangas und Animes, verkleiden sich wie ihre Helden. Seit rund zehn Jahren sei das Hanami-Fest ein Anlaufpunkt für Cosplay-Fans, erzählt Mohn. „Sie sind sehr gut vernetzt und kommen sogar aus Magdeburg und dem Spreewald.“

Auch die Stiftung Berliner Mauer ist in diesem Jahr anlässlich des 30. Jubiläums des Mauerfalls beim Fest dabei und stellt sich und seine Gedenkstandorte im sogenannten „Garten der Demokratie“, auf halbem Weg zwischen den beiden Markplätzen, vor. Dort werden auch viele Parteien ihre Stände aufgebaut haben, um mit den Gästen ins Gespräch zu kommen.

Taiko-Trommler zur Eröffnung

Die offizielle Eröffnung des Festes ist um 14 Uhr auf dem Markplatz in Seehof. Dann werden die Taiko-Trommler auf der Bühne stehen und für die passende Stimmung sorgen, so Mohn. Um 16 Uhr werden die Cosplayer auf der Bühne in Sigridshorst erwartet. Dabei könne jeder mitmachen, so Mohn. Zum ersten Mal gebe es in diesem Jahr auch Baseball – Japans Nationalsport Nummer eins, wie Mohn erzählt. „Viele denken bei Japan an Sumo-Ringen, aber Baseball ist dort sehr beliebt.“ In einem Abschlagkäfig können die Festbesucher mit den Baseballschlägern üben. Das Fest, sei jedoch vor allem eine Einladung die prachtvollen Bäume zu bestaunen. „Die Gäste sind ausdrücklich dazu aufgefordert, durch die Allee zu spazieren, zu genießen oder auch zwischen den Bäumen zu picknicken,“ so Mohn.

Das 18. Japanische Kirschblütenfest in Teltow zwischen Lichterfelder Allee beziehungsweise Ostpreußendamm und Japan-Eck ist am Sonntag von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Gäste werden gebeten den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen. Von der S-Bahn-Haltestelle Berlin-Lichterfelde Süd ist die Allee in 10 Minuten zu Fuß zu erreichen.

Mehr unter: www.hanamifest.org

Zur Startseite