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Bundessozialminister Hubertus Heil (M., SPD) sprach nach seinem Rundgang durch die Reha-Klinik in Teltow mit Journalisten.

© Soeren Stache/dpa

Heil zu Besuch in Teltower Reha-Klinik: Weniger Patienten wegen Corona

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wollte sich in einer Reha-Klinik in Teltow einen Eindruck von Corona-Rehabilitanden verschaffen. Doch er machte auch eine Ankündigung.

Teltow - Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat das Vorgehen Brandenburgs gelobt, auch während der ersten Welle der Corona-Pandemie keinen Lockdown für die Reha-Kliniken im Land verfügt zu haben. In einigen anderen Bundesländern sei die Arbeit der Rehabilitationseinrichtungen sehr viel stärker eingeschränkt worden als in der Mark, sagte der Minister am Montag anlässlich bei einem Besuch Reha-Klinik Teltow-Seehof. Heil bezeichnete Reha-Einrichtungen als „unverzichtbare Stützen im System der sozialen Sicherung und Gesundheitsversorgung“. Eike Langheim, Chefarzt der Kardiologie in der Teltower Klinik, sagte, man habe mit einem detaillierten Hygienekonzept den Betrieb der kurz vor der Stadtgrenze Berlins gelegenen Einrichtung trotz Corona aufrechterhalten können.

Kapazität schrumpfte auf zwei Drittel

Allerdings werden pandemiebedingt derzeit weniger Menschen als früher in Teltow behandelt. Die Kapazität sei auf 65 bis 70 Prozent der früheren Normalauslastung heruntergefahren worden, teilte Langheim mit. Mittlerweile habe man in seinem Haus auch einige Rehabilitanden behandelt, die zuvor eine Corona-Infektion durchgemacht haben, erklärte der Chefarzt. Die Teltower Reha-Klinik hat 180 Plätze und ist spezialisiert auf kardiologische sowie psychosomatische Erkrankungen. Die Einrichtung verfügt auch über eine psychokardiologische Abteilung. Die Klinik, die von der Deutschen Rentenversicherung Bund betrieben wird, arbeitet eigenen Angaben zufolge seit Jahren eng mit dem Deutschen Herzzentrum und der Berliner Charité zusammen. Die Rentenversicherung Bund betreibt insgesamt 22 Reha-Zentren.

Klinik ist keine Einrichtung für Lungenkranke

Bedarf für spezielle Methoden zur Behandlung von Menschen, die mit dem neuartigen Coronavirus infiziert waren, besteht laut Langheim in der Teltower Reha-Klinik nicht. „Die Hauptmanifestation von Covid-19 ist die Lunge“, sagte Langheim. Und die Teltower Reha-Klinik wiederum sei keine Einrichtung, in der speziell lungenkranke Menschen behandelt werden.

Allerdings wird in der Forschung angenommen, dass nicht nur die Lunge, sondern auch andere Organe, wie etwa das Herz, vom neuartigen Coronavirus angegriffen werden können. Wenn jedoch etwa ein Herzinfarktpatient, der zusätzlich auch noch mit dem neuen Virus infiziert war, zur Rehabilitation nach Teltow komme, dann könne man gar nicht so genau sagen, welche Herzschädigung womöglich auch durch das Virus verursacht worden ist, erläuterte Langheim.

Mehr psychisch erkrankte Rehabilitanden

Der Teltower Mediziner vermutet, dass es nach der Corona-Pandemie einen deutlichen Anstieg von Rehabilitanden mit psychischen Erkrankungen geben könnte. „Im Moment haben die Menschen, die psychisch leiden, Angst in eine Klinik zu gehen“, sagte Langheim. Aber das werde nicht so bleiben. „Der große Run kommt, wenn Corona vorbei ist“, prognostizierte der Mediziner. Zugleich betonte er, dass man diese Entwicklung momentan noch nicht sicher vorhersagen könne.

Weniger Herzpatienten in Krankenhäusern

Von einer ähnlichen Entwicklung im Bereich der kardiologischen Erkrankungen berichtete die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, Gundula Roßbach, anlässlich des Besuchs von Hubertus Heil. Es seien in den vergangenen Monaten auffällig wenige Patienten mit Herzerkrankungen in die Krankenhäuser gekommen. Dementsprechend sei auch die Zahl der Herzpatienten in den Reha-Einrichtungen zurückgegangen. Mediziner vermuten, dass viele Menschen mit Herzproblemen schlicht aus Angst vor einer Ansteckung mit dem neuen Coronavirus keine Kliniken aufgesucht hätten.

Mehr Frührentner wegen psychischer Erkrankungen

Eine interessante statistische Aussage präsentierte indes Volker Köllner, ärztlicher Direktor der Teltower Reha-Klinik bei dem Besuch. Jedes Jahr, so der Mediziner, scheiden mehr Menschen wegen psychischer Erkrankungen vorzeitig aus dem Erwerbsleben aus als wegen Krebs, Herzerkrankungen und orthopädischen Leiden zusammen. Allerdings würden psychische Erkrankungen in der Bevölkerung dennoch nicht zunehmen, sagte Köllner. Doch sie erschwerten es, in der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts zu bestehen.

Heil kündigt Offensive der Bundesregierung an

Arbeitsminister Heil kündigte bei seinem Besuch in Teltow-Seehof an, noch in diesem Jahr eine Offensive für die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz starten zu wollen. Gemeinsam mit seinen Kabinettskollegen, Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), wolle er dafür sorgen, künftig Arbeitsschutz und Gesundheitspolitik besser zu verzahnen. Konkrete Maßnahmen nannte er jedoch nicht. Der Minister kündigte an, zunächst eine Strategie erarbeiten zu wollen. Es gehe darum, präventive Maßnahmen am Arbeitsplatz zu fördern und die Resilienz der Arbeitnehmer, also deren psychische Widerstandskraft, zu stärken. Heil will in das neue Konzept die gesetzliche Renten- und Unfallversicherung sowie Selbsthilfeorganisationen einbinden. Noch in diesem Jahr soll eine Aufklärungskampagne dazu gestartet werden.

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