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Altlasten im Hafenbecken. Ein Kostentreiber des Hafenprojektes ist der verseuchte Boden.

© Henry Klix

Hafen in Teltow droht Baustopp: Ist der Hafen noch zu retten?

Der Hafen in Teltow soll doppelt so teuer werden wie ursprünglich geplant. Der Bürgermeister Teltows warnt vor einem Baustopp. Was das mit Simon & Garfunkel zu tun hat.

Teltow - Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) geht dieser Tage ein Hit von Simon & Garfunkel durch den Kopf: „Bridge Over Troubled Water“. Er stellt sich vor, wie er gespielt wird, wenn der Teltower Hafen mit seiner stolzen Hafenbrücke in gut zwei Jahren eröffnet wird. „Ich steh zu dir, wenn die Zeiten rauer werden und alle Freunde verschwunden sind. Ich bin für dich wie eine Brücke über aufgewühltem Wasser.“ Rückhalt in turbulenten Zeiten: Schmidt weiß, dass er den braucht, um das Großprojekt noch zu wuppen.

Am morgigen Mittwoch steht dem Bürgermeister eine der schwersten Stunden seiner politischen Laufbahn bevor, wie er selber sagt: In der Stadtverordnetenversammlung wird über mehrere Anträge zur Großbaustelle am Teltowkanal abgestimmt, in denen durchweg das Misstrauen durchscheint, das dem Rathaus zu dem Thema von Stadtverordneten entgegenschlägt. Juristische Prüfungen der Altlasten auf dem Hafenareal werden beantragt, ein Bürgerentscheid, ein Untersuchungsausschuss. Ein Antrag macht Schmidt besonders zu schaffen: BIT und Grüne wollen einen Baustopp erwirken.

Hickhack schreckt Bauunternehmen ab

Aufträge von drei Millionen Euro sind ausgelöst, Fördermittel im Umfang von einer Million Euro müssen in zwei Jahren abgerechnet werden. Und ein zuverlässiger Bauablaufplan dürfte nicht nur die Fördermittelgeber vom Land, sondern auch einen künftigen Hafenbetreiber und Restaurantpächter interessieren, sagt Schmidt. „Wenn sich bei einer so miesen Außenwirkung überhaupt noch welche finden.“ Ganz abgesehen davon, wie ein solches Hickhack bei Bauunternehmen wirkt, die sich an Ausschreibungen für das Millionenprojekt am Teltowkanal beteiligen sollen, gibt er zu bedenken.

Schmidt erinnert an die Geschichte des Großprojektes, die von den Stadtverordneten mitgeschrieben worden sei: Als die Firma Klösters als Grundstückseigentümer vor acht Jahren Abstand von den Plänen genommen hatte, das Zeppelinufer mit Wohnquartier und Marina zu bebauen – schon damals übrigens wegen der Altlasten –, habe die Gefahr bestanden, dass in unmittelbarer Altstadtnähe weitere Gewerbe- oder Großmarktarchitektur das Stadtbild verschandelt.

Bürgermeister: "Wer will Teltow schaden?"

Unter diesem Eindruck hätten sich die Stadtverordneten entschieden, einen Grundstücksteil zu kaufen und das Marinaprojekt selbst umzusetzen. „Seitdem haben wir vor jedem weiteren Schritt das Gespräch mit den Stadtverordneten gesucht“, sagt Schmidt. Dass der größte Widerstand von drei neuen und noch unerfahrenen Stadtverordneten kommt, wundere ihn nicht. Der Baustoppantrag lässt ihn fragen: „Wer hat hier eigentlich vor, der Stadt Teltow Schaden zuzufügen?“

Die Idee hinter dem Projekt hat ihren Reiz: Teltow ist zersiedelt, hat kein rechtes Zentrum. Die hübsche Altstadt könnte es sein, wird aber nicht angenommen. Das soll sich ändern: Auf der einen Seite soll sie mit der gerade sanierten Potsdamer Straße von einer schönen Einkaufsmeile flankiert werden, auf der anderen von dem kleinen Freizeithafen, der neben 19 Daueranlegern 20 Gastliegeplätze haben soll. Ein Uferweg, ein Restaurant, ein Spielplatz, Hafenterrassen – auch Leute ohne Boot sollen etwas davon haben. Und die Altstadt natürlich.

Zehn statt 5,5 Millionen Euro

Doch die Baukosten haben sich von anfänglich 4,2 auf 5,5 und im jüngsten Haushaltsentwurf auf 10 Millionen Euro hochgeschaukelt. Kernkritik der Stadtverordneten: Die Verwaltung hat die Kosten nicht im Griff, hält Fakten zurück, um die gewünschten Abstimmungsergebnisse für die nächsten Projektschritte zu bekommen. Schmidts 1. Beigeordnete Beate Rietz (SPD) kann zu diesem Verdacht nur den Kopf schütteln. „Glauben Sie wirklich, ich habe ein Jahr lang überlegt, wann wir die Bombe platzen lassen?“ Rietz betont, dass die erste Kostenschätzung von einem Planungsbüro erstellt wurde. Sukzessive hätten sich Kostensteigerungen ergeben, einige – wie die Million für einen schöneres Hafenrestaurant – hätten die Stadtverordneten bereits bewilligt. Andere seien bis zum Jahreswechsel nicht absehbar gewesen.

Rietz erklärt, wie nach einem Baugrundachten im März 2014 die Untere Bodenbehörde des Landkreises eine tiefergehende Analyse verlangt habe. Als die im August vorlag, habe die Behörde verlangt, den mit Industrieabfällen, Schlacke und Lösungsmitteln verseuchten Boden auf dem fast anderthalb Hektar großen Grundstück komplett auszutauschen, Altlasten zu trennen und die Bestandteile zu entsorgen. Nach einer Ausschreibung sei man erschrocken über die Angebote gewesen, sagt Rietz, Zahlen will sie nicht nennen. 

Aushub in sechs Monaten beendet

Der Landkreis habe damals immerhin eingelenkt: Jetzt muss nur der Boden nur aus dem Hafenbecken sortiert und entsorgt werden. Am Beckenboden und über der Wasserkante wird die Oberfläche versiegelt. „Was das genau kostet, wusste ich im Dezember“, sagt Rietz. Auch dass für die Sicherung der Oderstraße am Rand der Baustelle keine Stützwand reicht, dass sie wegen des miesen Baugrunds mit Säulen und Pfählen gesichert werden muss, habe sich erst jetzt ergeben. Bürgermeister Schmidt verweist auf ein Detail im Stadtverordneten-Antrag zum Baustopp: Er soll nach Abschluss des Hafenaushubs beginnen. In sechs Monaten also, dann solle der Aushub abgeschlossen sein, so Schmidt. Die Frage, deren Beantwortung im Antrag gefordert wird, könnte bis dahin auch ohne Bauunterbrechung geklärt werden: nämlich ob der Voreigner des Hafenareals, die Firma Klösters, für die erheblichen Altlasten nachträglich zu belangen ist. So viel verrät Schmidt schon jetzt: Statt des Bodenrichtwerts von 140 Euro habe die Stadt weniger als 90 Euro pro Quadratmeter für das Areal bezahlt, insgesamt 1,3 Millionen.

Der verseuchte Boden könnte womöglich auch für ein Ergänzungsprojekt noch wichtig werden: Auf einer Nachbarfläche, die Klösters noch gehört, soll der neue Hafenbetreiber ein Bootswinterlager bauen – mit dem der Hafenbetrieb erst rentabel wird. Auf den Bürgermeister wartet am Mittwoch eine spannende Sitzung. Simon & Garfunkel werden ihn begleiten: „When darkness comes / And pain is all around / Like a bridge over troubled water / I will lay me down.“

Lesen Sie weiter: Was Befürworter des neuen Hafens zu sagen haben >>

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