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Feuerwehr in Stahnsdorf: Feuerwehrmann findet tote Ratte im Stiefel

Zu klein und Ekelalarm: Eine Bürgerinitiative klagt über unwürdige Zustände des Stahnsdorfer Feuerwehrdepots und fordert nun einen Neubau.

Stahnsdorf - Er wollte schnell die Einsatzmontur überstreifen und dachte, dass noch eine Socke im Stiefel ist. Doch dann hielt ein 24-Jähriger Feuerwehrmann aus Stahnsdorf plötzlich eine tote Ratte in der Hand, sprang herum vor Schreck. Was am Mittwoch im hinfälligen Stahnsdorfer Feuerwehrdepot passiert ist, dürfte der inzwischen fünfjährigen Diskussion um einen neuen Wachenstandort für die Feuerwehr neues Tempo verleihen. Das alte Depot, das heruntergewirtschaftet und viel zu klein ist, ist im Sinne des Wortes zum Rattenloch verkommen. 

Was ist passiert? Vor einigen Jahren wurden, weil die neuen Feuerwehrautos nicht mehr in die an sich einmal für Kutschen gebaute Fahrzeughalle passten, Spurrillen in Einfahrt und Halle gefräst. Gummilappen am Tor des denkmalgeschützten Gebäudes sollten vor ungebetenen Gästen schützen, eine Zeit lang hat das auch funktioniert, sagte Feuerwehrchef Sebastian Diwiszek am Freitag den PNN. Doch in diesem Winter seien die Ratten gekommen. „Wir hatten es bemerkt, als unsere Einsatzuniformen angefressen wurden.“

Ratten fressen sich durch neue Monturen

Neun der jeweils rund 1000 Euro teuren Monturen mussten aussortiert werden, weil sie irreparabel beschädigt waren. „Die Ratten hatten sich ausgerechnet die neuen und nicht die alten Monturen ausgesucht. Die wissen, was gut ist“, so Diwiszek bitter. Er nimmt an, dass die Nager das Innenfutter zum Bau von Nestern in den Zwischenwänden des Depots genutzt haben. Jedenfalls bemerkten nun auch die ersten Feuerwehrleute, wie es überall davonhuschte, wenn in der Feuerwache das Licht angeknipst wurde. 

Das Rathaus habe schnell reagiert, vor drei Wochen sei der Kammerjäger da gewesen. Als am Mittwoch die Leitstelle zum Einsatz rief – die Kameraden sollten dem Rettungsdienst bei einem Patiententransport helfen –, da sei auch jener Feuerwehrmann in der Wache gewesen, der in den gefüllten Stiefel schlüpfte, sagte Ronny Hübner, der bei dem Vorfall dabei war. „Ich war nur zwei Meter weit weg. Auf einmal sprang er herum, ein gestandener Kerl.“ Seinen Namen wollte der betreffende Feuerwehrmann mit der Geschichte nicht in der Zeitung lesen. Der Vorgang wurde fotografisch dokumentiert, die Ratte entsorgt, so Hübner. 

Hohes Unfallrisiko und Schimmel

Die Bürgerinitiative „Annawache“, die sich erst vor zwei Wochen gegründet hat, um den Feuerwehrneubau zu beschleunigen, sprach am Freitag von „unwürdigen Zuständen“, von „Ekelalarm“. In der Enge des Depots sei es nicht mal möglich, die Einsatzkleidung in Schränken unterzubringen, sie hängt frei an der Wand, davor stehen die Stiefel, so Initiativen-Sprecherin Britta Engelmann-Hübner, die für die „Bürger für Bürger“ auch in der Gemeindevertretung sitzt. Selbst für die erforderliche Technik sei es zu eng. „Hohes Unfallrisiko und Schimmel in den Sozialräumen beschreiben den Alltag der Kameraden“, so Engelmann-Hübner.

Die Initiative setzt sich für den Bau eines neuen Depots in der Annastraße, gleich neben dem Rathaus, ein. Für den Standort gab es zwar nach monatelanger Debatte in einer eigens eingerichteten Arbeitsgruppe bereits einen Grundsatzbeschluss der Gemeindevertretung, doch der wurde nach der Wahl 2014 gekippt. Mit dem Ungezieferbefall habe sich die Lage verschärft, so Engelmann-Hübner, mit der Ratte im Stiefel sei der Tiefpunkt erreicht. „Wie sollen Einsatzkräfte, die vor einem Einsatz ihre Stiefel auf tote Ratten überprüfen müssen, weiterhin für die Tätigkeit motiviert werden?“ 

Eine Zumutung für Ehrenamtler

Die Bürgerinitiative, in der Bürger, Feuerwehrleute und Gemeindevertreter mitmachen, sei entsetzt, dass eine Gemeinde wie Stahnsdorf ihren ehrenamtlichen Kräften solche Missstände zumutet. „Die Gemeindevertreter mögen sich fragen, wie sie selbst reagieren würden, wenn sie in ihren Sitzungsräumen von Ratten bedrängt werden oder gar in diese treten müssten.“ Sicherlich, glaubt Engelmann-Hübner, würde es dann keine Jahre dauern, bis man sich der Thematik ernsthaft annehmen würde.

Der Stahnsdorfer Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) machte am Freitag CDU und SPD für die Verzögerungen verantwortlich, die den Grundsatzbeschluss für den Standort Annastraße wieder gekippt hätten. Auch als vor der letzten Sommerpause ein Bebauungsplanverfahren für die „Annawache“ auf den Weg gebracht werden sollte, sei das von den beiden Fraktionen abgelehnt worden. Aktuell werde zwar auch die Möglichkeit geprüft, an dem Standort eine Gesamtschule des Landkreises zu bauen. Wenn daraus nichts wird, sollte man aber schnell Nägel mit Köpfen machen, so Albers gegenüber den PNN. „Nirgendwo sind die Voraussetzungen besser, schnell eine neue und zentrale Feuerwache zu bauen.“ 

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Die Feuerwehrleute haben weder die typischen Stahnsdorfer Ränkespiele verdient noch das Rattenloch, in dem sie inzwischen hausen. Ein Kommentar >>

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