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Die Wagen haben in der Luxusvariante angeblich bis zu 487 PS, in 3,3 Sekunden beschleunigt der Tesla auf 100 Stundenkilometer, wie auch die PNN-Tester erfuhren.

© Andreas Klaer

Ein Erfahrungsbericht aus Beelitz: Mit einem Tesla Model 3 auf Probefahrt

Der US-Autobauer Tesla stellte sein Model 3 in Beelitz-Heilstätten vor. Wie fährt der Elektrowagen sich?

Von Carsten Holm

Beelitz-Heilstätten - Es ist wohl auch eine Generationenfrage. Anderthalb Dutzend Interessenten und zwei PNN-Mitarbeiter hat Tesla eingeladen, um das Model 3 kennenzulernen: Es ist mit einem Basispreis von 39 990 Euro das Einstiegsmodell in die Tesla-Welt; der Ökobonus von 3000 Euro ist darin schon enthalten. Die beiden PNN-Leute, Herren fortgeschrittenen Alters, sind recht angetan vom Auftritt des Stromers. Sie finden nur wenig zum Nörgeln, vielleicht ist ihnen manches auch nur ein bisschen zu modern.

Aller Einstieg ist schwer. Eine geduldige Tesla-Mitarbeiterin unterrichtet das Fach „Bedienung”: den Hebel rechts neben dem Lenkrad hochdrücken für den Rückwärtsgang. Einfach Runterdrücken zum Fahren. Dann fährt sich der Tesla – alle haben ein Automatikgetriebe – wie ein normales Auto.

Während im gut 70 Kilometer entfernten Grünheide Tag für Tag die Tesla-Gigafabrik wächst, in der ab Juli zunächst das Modell Y für den gesamten europäischen Markt produziert werden soll, will Tesla offenbar schon mal die Brandenburger, die auf dem Land wohnen und größtenteils noch nie in einem Elektrofahrzeug gesessen haben, an die neue Welt gewöhnen. Deswegen wohl die Einladung zu Probefahrten nach Beelitz-Heilstätten. Trotz winterlicher Straßenverhältnisse sind ihr etliche gefolgt.

Bevor es losgeht, kann ein Tesla-Mitarbeiter einen höflichen Rat nicht unterdrücken: „Ich möchte Sie um einen sanften Gasfuß bitten.” Berechtigt scheint der Tipp allemal: in modernem, zeitlosen und vor allem harmlosen Design steht da eine Rakete im Tarnkleid.

Wie schnell ist Tesla Model 3?

Die Journalisten fahren das Model 3 in der Long Range Version mit Allradantrieb, vorn sorgt ein Drehstrom-Asynchronmotor für Vortrieb, hinten hilft ein sogenannter Reluktanzmotor mit. Das Beschleunigungsvermögen steht dem der schnellsten Sportwagen nicht nach, in 3,3 Sekunden ist aus dem Stand die 100-Stundenkilometer-Marke erreicht. Wie von einer unsichtbaren Kraft werden die PNN-Leute in die Rückenlehnen gedrückt, oberhalb von 200 ist es still im Auto. Ob die Höchstgeschwindigkeit von 261 km/h erreichbar ist, probieren sie nicht aus. Offiziell heißt es bei Tesla, PS-Zahlen seien für das Model 3 „öffentlich nicht verfügbar”. In Zeitungen ist jedoch davon zu lesen, dass das Model 3 bis zu 487 PS auf die Straße bringt. Auf die Frage, wem das wann nützt, finden die beiden keine Antwort.

Irritiert sind die beiden von dem gewaltigen Bildschirm – besser: Touchscreen – , der dort installiert ist, wo spätestens seit dem Mercedes „Jagdwagen” von 1907 das Armaturenbrett (Dashboard) die Automobilgeschichte geprägt hat. Er misst 38 Zentimeter und ist damit größer als die meisten Tablet-Computer – die PNN-Männer empfinden ihn als überdimensioniert, zunächst jedenfalls.

Blick aufs Display im Frontbereich.
Blick aufs Display im Frontbereich.

© Andreas Klaer

Alle Anzeigen finden sich auf dem Touchscreen. Deswegen macht der Bildschirm in seiner Größe doch Sinn – obwohl der Innenraum dadurch zu einer nüchternen Kommandozentrale mutiert. In bewegten Bildern wird zentimetergenau vorgeführt, ob der Luftstrom des Ventilators auf die Kopfpartie oberhalb des Ohrs, auf die Schulter oder den Oberkörper gerichtet ist. Fast wehmütig erinnerten sich die PNN-Leute an die Zeit, in der es genügte, die leichte Brise zu spüren, die da aus den Öffnungen kam und diese manuell etwas zu mindern, wenn es zu viel wurde. Heute wird diese Aufgabe an den Bildschirm delegiert.

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Aber das sind wohl nicht mehr als Animositäten älterer Herren, Jüngere sehen die Dinge offenbar anders. Der 24-jährige Potsdamer Autoverkäufer Matthias, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, ist „getoucht” von Tesla, ihm gefällt „die Performance”. Gerade hat er das Model 3 auf dem Gelände des Hotels Gustav in Beelitz-Heilstätten abgestellt. Dort, mitten im Ensemble der historischen Klinikgebäude, stehen seit März 2018 futuristisch anmutende Ladesäulen. Und weil Tesla ein US-Unternehmen und der Trend zu technischen Anglizismen unaufhaltsam ist, tragen sie den flotten Namen „Supercharger”. Es ist die erste Tesla-Fahrt des Potsdamers Matthias, und als er die viertürige Limousine verlassen hat, strahlt er über das ganze Gesicht: „Einfach geil ist das”, sagt er den PNN. Dem Autoverkäufer, der sonst in Berlin den Absatz einer Nobelmarke fördert, fehlt das Armaturenbrett nicht, er schwärmt vom Touchscreen: „Kein Knopf, kein Nichts. Und dann diese vielen Kameras.” Er erzählt von einem Erlebnis während seiner Probefahrt. Er habe auf einem Parkplatz angehalten, um den Bildschirm kennenzulernen: „Ich habe das Lagerfeuer angetippt. Da leuchtet ein loderndes Feuer auf, und dazu hört man es knistern. Cool!“. Und: „Alles leicht zu bedienen. Wer mit einem Smartphone umgehen kann, kann das auch mit einem Tesla.” Der Automann übersieht die Schwächen des Tesla nicht. Das Innenraum-Design sei im Vergleich zu deutschen Autos mangelhaft, sagt er – ohne jeden Stil.

Ein junger Testfahrer aus Potsdam war begeistert vom Lagerfeuer, das sich auf dem Armaturen-Bildschirm des Autos abrufen lässt (Foto o.r.). 
Ein junger Testfahrer aus Potsdam war begeistert vom Lagerfeuer, das sich auf dem Armaturen-Bildschirm des Autos abrufen lässt (Foto o.r.). 

© Tesla

An einer Ladesäule in Beelitz-Heilstätten sitzt ein 42 Jahre alter Luftfahrt-Angestellter in seinem „Model S”. Tesla empfiehlt, sich die Wartezeit beim Laden mit Kaffee und Snacks zu verkürzen – dem folgt er entspannt. Vor fünfeinhalb Jahren hat er das Oberklassemodell für 106.000 Euro gekauft und rund 180.000 Kilometer damit zurückgelegt. Es seien nur Probleme mit dem Bildschirm und der GPS-Antenne aufgetreten, Garantieleistungen. Sein Kaufvertrag schloss seinerzeit den Strom ein, fahre er in seine Heimat nach Nordrhein-Westfalen, würden angesichts der Strecke für Hin- und Rückfahrt von 1000 Kilometern leicht 100 Euro für Benzin zusammenkommen. „Ich zahle nichts”, sagt er lächelnd. „Ich hatte heute Morgen in Berlin wohl auch wegen der Kälte nur noch 38 Prozent Batterieladung. Jetzt bin ich 40 Minuten an der Säule, in drei Minuten kann ich weiterfahren.” Er werde „sicher” wieder einen Tesla anschaffen. Praktisch: Das Navigationsgerät des Tesla weist auf jeder Strecke die Supercharger-Ladesäulen aus.

Schnelle Stromer. An den Supercharger-Ladesäulen in Beelitz-Heilstätten inmitten des historischen ehemaligen Klinikareals ließ Autobauer Tesla sein Model 3 zum Testen auffahren. 
Schnelle Stromer. An den Supercharger-Ladesäulen in Beelitz-Heilstätten inmitten des historischen ehemaligen Klinikareals ließ Autobauer Tesla sein Model 3 zum Testen auffahren. 

© Andreas Klaer

Wie teuer ist der Strom für einen Tesla?

Wohl dem, der wie der Luftfahrt-Mann den Strom an den Tesla-Säulen bis heute kostenlos bezieht. Auf seiner Homepage gibt das Unternehmen die Kosten am Supercharger für eine Strecke von 1000 Kilometern mit 60 Euro an – für Benzin müssten 74 Euro aufgewendet werden. Die Reichweite schätzt Tesla für das Model 3 auf 448 bis 580 Kilometer, der ADAC hält dies eher für „Wunsch als Wirklichkeit”. Für die Ladung auf 80 Prozent werden abhängig von der Batterie 17 bis 24 Euro veranschlagt. Die Batterien können an den Superchargern, aber auch an regulären Haushaltssteckdosen, Starkstromanschlüssen oder Schnellladesäulen anderer Anbieter aufgeladen werden.

Wie viele Tesla fahren bereits in Deutschland?

Dass Tesla auf dem Vormarsch ist, zeigen Zahlen des Kraftfahrtbundesamts. 16.694 Stromer aus dem Hause Tesla wurden 2020 in Deutschland zugelassen, 15.202-mal war das Model 3 darunter – ein Plus von 55,9 Prozent. Der von den PNN gefahrene Wagen in der Luxusausführung Performance kostet mit Allradantrieb 54.990 Euro; die staatliche Förderung in Höhe von 6000 Euro wird dennoch gewährt, weil für die Kappungsgrenze von 40 000 Euro stets nur der Preis für das Basismodell herangezogen wird. Zudem sind E-Autos zehn Jahre lang von der Kraftfahrzeugsteuer befreit.

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