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Der Trockenheit der vergangenen Jahre sind Hudnerte Bäume zum Opfer gefallen.

© Ottmar Winter

Dürre und Schädlinge: Friedhof der toten Bäume in Stahnsdorf

Auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf werden wegen Trockenheit und Schädlingsbefall Hunderte Bäume gefällt.

Von Sarah Stoffers

Stahnsdorf - Wenn Kirchhofleiter Olaf Ihlefeldt aus dem Fenster des Verwaltungsgebäudes auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf schaut, schmerzt ihn sein Gärtnerherz: Da wo bis vor kurzem noch zahlreiche meterhohe Fichten standen, sind jetzt viele lichte Stellen und nur wenige Bäume zu sehen. Ihlefeldt hatte die Bäume 1989 selbst mitgepflanzt, es war eine seiner ersten Schonungen, die der gelernte Gärtner auf dem Südwestkirchof mit angelegt hat. Wegen der Dürre der beiden vergangenen Jahre und darauf folgenden massiven Schädlingsbefall müssen auf dem denkmalgeschützten größten Friedhof der Region mehrere hundert Bäume gefällt werden.

Vor allem große und alte Bäume betroffen

„Es hat uns vergangenes Jahr sehr stark getroffen“, sagt Ihlefeldt, seit mehr als 30 Jahren Chef des Südwestkirchhofs. Sobald man ein wenig weiter in das Innere des rund 200 Hektar großen Areals läuft, liegen an vielen Stellen hoch und breit aufgeschichtet die Stämme und Äste an den Wegen. 200 Bäume, vor allem Fichten, haben die Mitarbeiter bereits in anstrengenden Sonderschichten selbst entnommen. Normal seien nach dem Winter rund 15 Bäume, die auch nur dann gefällt werden, wenn klar ist, dass wirklich nichts mehr zu machen ist, sagt Ihlefeldt. Vor allem große, mehr als 100 Jahre alte Exemplare seien aktuell betroffen. Und: Bei den 200 wird es nicht bleiben. Zahlreiche weitere tote Bäume müssen gefällt werden. Die Mitarbeiter können das nicht mehr alleine schaffen, sagt Ihlefeldt. Die Kirchenforst unterstütze sein Team mit Harvestern, große Holzvollernter-Maschinen, mit deren Hilfe die betroffen Bäume einfach gegriffen und gefällt sowie die Äste aus dem Dickicht entfernt werden können.

Kirchhofleiter Olaf Ihlefeldt
Kirchhofleiter Olaf Ihlefeldt

© Ottmar Winter

An Stellen, an denen im vergangenen Jahr noch dichter Baumbestand zu sehen war, ist nun der Blick auf die Gräber frei. Riesige Lichtungen sind entstanden. Nur der Sturm „Kyrill“ habe im Jahr 2003, als 1000 Bäume gefällt werden mussten, einen ähnlich großen Schaden angerichtet, so Ihlefeldt. Die Trockenheit hatte bereits im vergangenen Jahr Sorge bereitet. Die rund hundert Jahre alten Rhododendren waren extrem von der Dürre betroffen und vertrocknet. Die eigentlich meterhohen Büsche mussten auf Bodenhöhe gestutzt werden. Langsam erholen sie sich, doch es wird noch Jahrzehnte dauern, bis sie wieder ihre einstige Größe erreichen werden. „Ich werde das leider nicht mehr erleben“, sagt Ihlefeldt.

Ein Gießwagen soll her

In den beiden vergangenen Jahren sei der Wasserverbrauch wegen der Dürre enorm gewesen. Doch man versuche mit der Ressource zu haushalten und könne nicht das gesamte Areal gleichzeitig bewirtschaften. „Wir können nicht mit unseren wenigen Mitarbeitern 500 Bäume bewässern“, sagt Ihlefeldt. 18 Mitarbeiter arbeiten auf dem Südwestkirchhof, davon 14 Gärtner. Jetzt soll ein Gießwagen angeschafft werden, dessen Anhänger rund 1000 Liter fasst. So können die Gärtner gezielt Flächen gießen. Auch die Arbeitsabläufe sollen verändert werden, so dass ein bis zwei Mitarbeiter ausschließlich mit dem Gießen beschäftig sind. „Die Auswirkungen sind ein klarer Beweis, dass es den Klimawandel gibt. Wie haben keine andere Wahl und müssen uns darauf einstellen“, so Ihlefeldt.

Nach der Trockenheit kam der Borkenkäfer. Hunderte große, alte Bäume mussten gefällt werden.
Nach der Trockenheit kam der Borkenkäfer. Hunderte große, alte Bäume mussten gefällt werden.

© Ottmar Winter

Doch die Dürre ist nicht das einzige Problem. Denn nach der Trockenheit kam der Borkenkäfer. „In den 31 Jahren seit dem ich hier arbeite, habe ich noch nie einen so schlimmen Befall erlebt“, sagt Ihlefeldt. Wenn man bei den betroffenen Bäumen die Rinde entfernt, würde es darunter nur so krabbeln. Dafür sei auch die Dürre mitverantwortlich. „Das funktioniert wie bei den Menschen. Wenn das Immunsystem geschwächt ist, ist man anfälliger für Krankheiten“, sagt Ihlefeldt.

Charakter des Friedhofs könnte sich ändern

Der Friedhofsverwalter sieht es als seine Aufgabe an, die Idee des Gartenarchitekten Louis Meyer zu bewahren, der den vor rund 111 Jahren eröffneten Südwestkirchhof entwarf. „Diese wilde Romantik, das naturbelassene versuche ich zu fördern und zu pflegen“, sagt der Friedhofsleiter. Meyer wollte die Schwere des Todes nehmen und den Friedhof in die Landschaft integrieren. „Jetzt merke ich, dass sich seine Idee nachhaltig verändern wird“, sagt Ihlefeldt. Er spricht von einem „Jahrhundertereignis“. Er selbst stoße dabei an seine Grenzen. „Die Frage ist, was pflanzen wir neu?“ Die Fichten und Douglasien sowie andere Nadelbäume die ursprünglich gepflanzt wurden, würden auf dem trockenen märkischen Boden nicht gedeihen, da sie mit ihren kurzen Wurzeln nicht an das tiefer liegende Grundwasser heran kommen.

Ihlefeldt überlegt, ob Sämlinge aus vorhandenen Gehölzen entnommen und umgepflanzt werden. Auch andere Sorten könnten angelegt werden, etwa Ahorn, Esskastanie, Linden, Eichen oder die Zierkirsche. „Doch damit verändern wir auch den Charakter des Friedhofes“, sagt Ihlefeldt. Zusammen mit der Gartendenkmalpflege werde nun entschieden, wie es weitergeht und was gepflanzt werden kann. Und das muss noch in dieser Woche geschehen, denn die neuen Pflanzungen sollen bis Anfang März durchgeführt werden.

Wer helfen möchte, kann eine Baumpatenschaft übernehmen. Ein Baum kostet rund 20 Euro im Jahr, die Pflege zwischen 80 bis 90 Euro. Mehr Inforamtionen unter www.suedwestkirchhof.de

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