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Auswirkungen der Coronakrise: Weniger Obst und Gemüse aus der Region

Rund um Werder wird wegen fehlender Erntehelfer wohl die Obsternte geringer ausfallen. Und auch Spargelbauern und Gartenmärkte trifft die Coronakrise. Vielleicht könnten Studenten helfen.

Von Enrico Bellin

Es wird eng für Mittelmarks Landwirte: Zwar hat die Bundesregierung am Montag ein Notprogramm beschlossen, mit dem Saisonarbeiter in der Coronakrise statt für 70 für bis zu 115 Tage in Deutschland arbeiten dürfen. Auch soll es Anreize geben, Nebentätigkeiten in der Landwirtschaft auszuüben. Doch den Betrieben fehlt es schlicht an Arbeitskräften. „Zehn Prozent unserer polnischen Mitarbeiter, die zur Arbeit pendeln, kommen derzeit nicht in die Betriebe – aus Angst, abends nicht wieder über die Grenze zu kommen“, sagt Gerrit van Schoonhoven, Geschäftsführer der Schoonhoven- Gruppe, zu der unter anderem Werder Frucht, der Logistiker Frucht Express und das Gut Schmerwitz gehören. 

Mitarbeiter kommen nicht über die Grenze

Das Unternehmen betreibt zwei Gewächshäuser nahe der polnischen Grenze: In Bralitz werden Gurken angebaut, in Wollup (beide Märkisch Oderland) Tomaten. Man habe extra Unterkünfte in der Nähe angemietet, falls Mitarbeiter wirklich nicht über die Grenze zurück zu ihren Familien nach Polen gelassen werden. Durch Überstunden anderer Mitarbeiter könne das Fernbleiben von zehn Prozent des Personals derzeit noch ausgeglichen werden, so van Schoonhoven.  Kritisch werde die Lage aber um Werder (Havel) werden: „Beim Obstbau wird sich die Lage zuspitzen, da rechnen wir mit Produktionsausfällen.“ Schließlich stünden jetzt noch vorbereitende Maßnahmen wie der Baumschnitt an, Mitte Mai beginne dann bei ersten Früchten die Ernte. Rund 300 Saisonarbeiter, ein Großteil davon aus Polen, arbeite normalerweise für die Unternehmen der Schoonhoven-Gruppe, 700 Festangestellte zählt der Geschäftsführer.


Die Nachfrage nach Produkten der Schoonhoven-Gruppe im Einzelhandel sei deutlich gestiegen, derzeit sind noch regionale Äpfel sowie Gurken und Auberginen im Angebot. Auch auf dem Gut Schmerwitz gibt es viel zu tun: Während in der dortigen Manufaktur sonst rund 200 Kilogramm Nudeln aus Eiern und Getreide des Hofes produziert werden, seien es derzeit 500 Kilo. Doch: Die Gruppe liefert normalerweise auch an Gastronomen, was nun wegbreche. „Die Lage ist noch nicht dramatisch. Aber die Zugewinne im Einzelhandel gleichen die Verluste der Gastronomie nicht aus“, so van Schoonhoven. Kurzarbeit drohe deshalb aber nicht. Aktuell werde überlegt, ob man eventuell Studenten oder andere Arbeitslose kurzfristig im Obstbau anstellen könne.

Spargelbauern planen mehr Verkaufsstände

Auch die Spargelbauern könnten auf diese Art und Weise entlastet werden, glaubt Jürgen Jakobs, Vorsitzender des Beelitzer Spargelvereins. „Im Moment kommen fast täglich solche Bewerbungen an.“ Ob die Menschen bei der Arbeit auf dem Feld eingesetzt werden können, ist noch offen. Einerseits will das Spargelstechen gelernt sein, um die Pflanzen nicht zu verletzen. Andererseits müssten auch die Kontakte unter den Mitarbeitern so gering wie möglich gehalten werden, derzeit liefen Absprachen mit dem Gesundheitsamt. Aber im Verkauf oder in der Spargelsortierung könnten Arbeitslose etwa aus der Gastronomiebranche, die sich oft bewerben würden, gut arbeiten. In dieser Woche sollen die Verkaufsstände öffnen, womöglich werden es mehr als in den Vorjahren. „Besser geht es ja kaum als beim Verkauf unter freiem Himmel. Natürlich werden die Kunden angehalten, Abstand zu halten, und wir versorgen die Stände mit Papiertüchern und Desinfektionsmittel“, so Jakobs.

Die Hälfte der Helfer sind da

Aus Rumänien und Polen sei derzeit ungefähr die Hälfte der benötigten Saisonkräfte bei den Beelitzer Bauern im Einsatz. Teilweise herrsche Willkür bei der Einreise, beklagt Jakobs. So würden etwa einige Fluggesellschaften Rumänen wegen fehlender Meldebescheinigungen zurückweisen, obwohl sie als EU-Bürger Jakobs zufolge keine Bescheinigung bräuchten. Die Spargelernte habe am Wochenende begonnen, „aber in bescheidenem Umfang“, sagt der Spargelbauer.


Auch den Gartenbau trifft das Ausbleiben der Saisonkräfte, sagt Kati Bräutigam den PNN. Sie ist Geschäftsführerin des Rosengutes Langerwisch. In den kommenden Wochen müssten Jungpflanzen, die im Sommer verkauft werden sollen, in die Erde. Wer sie pflanzen wird, ist noch offen. Allerdings sei wegen des Coronavirus auch die Produktion ins Stocken geraten, weniger Jungpflanzen würden geliefert. 

Fachfremde Mitarbeiter hören schnell wieder auf

Den Einsatz von derzeit Arbeitslosen aus anderen Branchen sieht sie kritisch, sie habe schlechte Erfahrungen damit gemacht: „Es muss immer ein Vorarbeiter dabei sein, der ja derzeit genug andere Arbeit hat. Und in 70 bis 80 Prozent der Fälle sind die Menschen schnell wieder weg, weil sie sich die Arbeit anders vorgestellt haben.“ 52 festangestellte Mitarbeiter hat der Betrieb. Gartenmärkte sind zwar weiterhin geöffnet. Der Umsatz am Rosengut sei aber um 30 Prozent gesunken. Es kämen weniger Kunden, zudem beliefert das Gut auch Blumenläden, die jetzt aber geschlossen sind. 

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