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Zuversichtlich. Bürgermeisterin Manuela Saß auf der Baustelle.

© Sebastian Gabsch

30 Millionen Euro für Blütentherme in Werder: „Wir müssen da jetzt durch“

Werders Blütentherme wird dreimal so teuer wie geplant. Die Reaktionen reichen von Verständnis bis zu Abrissforderungen.

Von Enrico Bellin

Werder (Havel) - Werder lässt sich die Blütentherme mehr kosten als Potsdam das blu. Die Reaktion auf die zusätzlichen 30 Millionen Euro, die die Stadt wohl für die Fertigstellung des seit Jahren unvollendeten Bades ausgeben muss, fallen zwiespältig aus: Sie reichen von bedauerndem Verständnis über starke Ablehnung bis hin zur Forderung nach dem Abriss des Thermenrohbaus.

„Diese Summe ist geradezu absurd hoch“, erklärte die SPD-Fraktionsvorsitzende Anja Spiegel, die auch dem Badausschuss vorsitzt. Sie erinnerte daran, dass die Baukosten beim Baubeginn 2011 mit 18 Millionen Euro geplant waren. Inzwischen hat die Stadt schon mehr als 21 Millionen Euro ausgegeben, dazu kämen die jetzt bekannt gewordenen 30 Millionen. In Summe würde das Projekt dann mehr als 50 Millionen Euro kosten. „Die Stadt ist damit über Jahre hochgradig belastet und wird anderen Verpflichtungen nicht nachkommen können“, so Spiegel. Das Geld fehle für Kitas, sozialen Wohnungsbau oder Straßensanierungen.

Werder will weitere 30 Millionenen Euro für die Fertigstellung der Blütentherme zahlen

Wie berichtet hat die Stadt am Mittwochabend erklärt, für die Therme 30 Millionen Euro in den Doppelhaushalt 2018/19 einzustellen, die als Investitionen in die halbfertige Therme gedacht sind. Das Bad, dass vom Bund der Steuerzahler wegen seiner hohen Kosten und ungewissen Zukunft bereits ins Schwarzbuch der Steuerverschwendung aufgenommen wurde, soll nach den Plänen der Stadt von einem Generalunternehmer fertig gebaut und anschließend langfristig verpachtet werden, bleibt jedoch im Besitz der Stadt. Sie soll mit einem größeren Familienbereich und einer aufwändigeren Saunalandschaft, unter anderem mit einer Sauna auf dem nahen Zernsee, ausgestattet werden.

Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) kann Spiegels Reaktion nicht verstehen. „Der Haushaltsentwurf, den ich gestern unterzeichnet habe, sieht keine Kürzungen für die Blütentherme vor, sondern umfangreiche Investitionen unter anderem in die Schul- und Kitainfrastruktur der Stadt.“ Zudem sei weiterhin gewährleistet, dass ein Großteil des Fertigstellungsrisikos der Therme beim privaten Partner bleibt, den die Stadt aus Wettbewerbsgründen noch nicht namentlich nennt. Zahlungen für die Therme würden voraussichtlich in den Jahren 2019 und 2020 fällig, sagte Saß auf PNN-Anfrage. Die Vertragsunterzeichnung mit dem Partner soll vor der Sommerpause erfolgen.

„Jeder, der das Bauvolumen sieht und die Marktsituation kennt, weiß, dass vor 2020 nicht gebadet werden kann“

Peter Kreilinger, stellvertretender Vorsitzender des Badausschusses und der CDU-Fraktion, unterstüzt die Bürgermeisterin. „Das favorisierte Konzept für die Therme ist, kein Fass ohne Boden für den Haushalt zu öffnen, sondern mit einer erheblichen, aber für die Stadt leistbaren Einmalinvestition etwas hinzustellen, das wirtschaftlich betrieben werden kann und den Haushalt später nicht mehr belastet.“ Investitionen in die Seesauna, den Gesundheits- und Wellnessbereich würden die Wirtschaftlichkeit erhöhen und somit dem Investor nützen, ein größerer Familienbereich würde im Gegenzug vor allem den Werderanern dienen.

Da die Stadt weiter Eigentümer bleibt, könne sie sich diesmal auch leichter vom möglichen Betreiber trennen, falls dieser in Schwierigkeiten gerät. Die Trennung vom ersten Partner, der Kristall Bäder AG, hatte sich hingegen über Jahre hingezogen. Einen offiziellen Termin, wann die Therme eröffnen wird, gibt es noch nicht. „Jedermann, der das noch große Bauvolumen sieht und die Marktsituation kennt, weiß, dass vor 2020 nicht gebadet werden kann“, kommentierte Kreilinger.

Auch Claudia Fehrenberg, die für die Fraktion Freie Bürger Werder im Badausschuss sitzt, befürwortet das nun gefundene Modell für die Thermenfertigstellung. Zwar stehe ein möglicher Zuschuss noch nicht fest, den die Stadt anschließend jährlich für die Therme ausgeben muss. „Es werden aber auf keinen Fall die 1,3 Millionen Euro im Jahr, die derzeit etwa die Stadt Potsdam für das dortige Bad zahlen muss.“ Das Potsdamer Bad hat etwa 40 Millionen Euro gekostet.

30 Millionen Euro: Mitglieder des Badausschusses waren erschrocken

Zwar seien alle Mitglieder des Badausschusses erschrocken gewesen, als die Zahl von 30 Millionen Euro genannt wurde. „Wir müssen da aber jetzt durch. Der Standort der Therme in den Havelauen ist schließlich einmalig schön, auch die Seesauna ist klasse“, so Fehrenberg. Die Sauna und andere Eingriffe im Uferbereich müssen allerdings noch von der Unteren Naturschutzbehörde genehmigt werden. Fehrenberg hält die nötigen Eingriffe aber für gering. „Die Pläne sind keine Luftschlösser.“ Freie Bürger und CDU stellen zusammen 18 von 29 Stadtverordneten.

Das ist es auch, was Peter Hinze, den Linke-Fraktionsvorsitzenden, resignieren lässt. Seine Fraktion hatte sich stets für ein städtisches Bad in kleinerem Maßstab eingesetzt und vor einem Jahr auch den SPD-Antrag unterstützt, das Bad kommunal zu betreiben, der mehrheitlich abgelehnt wurde. Die Linke werde nun keine Anträge mehr zur Therme einbringen. „Wir werden den weiteren Badbau aber kritisch begleiten“, so Hinze. Für ihn ist es jedoch „schlicht unverständlich“, wie die anderen Fraktionen den 30 Millionen Euro Zusatzkosten zustimmen können, gleichzeitig aber Vorschläge seiner Fraktion etwa nach kostenlosem Kita-Essen ablehnen.

Auch die Werderaner Grünen bleiben bei ihrer ablehnenden Haltung zur Therme. Der Fraktionsvorsitzende Markus Altmann erneuerte gestern gegenüber den PNN seine Forderung nach einem Abriss der Therme. Ein kleines Bad für das Schul- und Vereinsschwimmen, ausgestattet auch mit einer Sauna, sei auch von den Grünen gewünscht gewesen. „Schon die Pläne der Kristall Bäder AG waren aber zu groß und zu teuer“, so Altmann. Die bisher investierten Millionen müsse man abschreiben, noch einmal Geld für den Abriss ausgeben und dann an der Stelle ein Stadtquartier mit Schule und Kita entwickeln. Dem Vorschlag schloss sich bisher keine andere Fraktion an.

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Kommentar: Die Kosten für die Therme in Werder summieren sich voraussichtlich auf über 50 Millionen Euro. Dennoch ist die Investition richtig, kommentiert PNN-Redakteur Enrico Bellin

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