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Steffi Pyanoe.

© Sebastian Gabsch

Kolumne Pyanissimo: Alles Körpersprache

Unsere Kolumnistin ist auf der Suche nach einem neuen unsichtbaren Verbündeten gegen ihre Schluffigkeit. Wer ihr hilft? Potsdam natürlich.

Potsdam - Der Mentalist Thorsten Havener hat mir wieder geschrieben. „Werde Meister der Körpersprache!“ Und: „Kostet der Zeigefinger Laschet die Wahl?“ (Der passende Experten-Workshop ist gleich am Samstag.)

Daran musste ich denken, als ich letzte Woche bei meinem Babelsberger Physio-Coach war. Der rackert sich seit Jahren an meiner äußeren und inneren Schluffigkeit ab und sagt auch solche Sätze, in denen das Wort Körpersprache vorkommt.

Meine Superheldin, Meisterin der Körpersprache

Vor zwei Jahren sagte er, ich solle mir, falls ich mal das Gefühl habe, mit meiner Körpersprache nicht weiterzukommen, Verstärkung suchen. Eine Heldin oder einen Helden, der mir zur Seite steht. Mental natürlich, als unsichtbarer Verbündeter. Ich fand das zuerst albern, aber was soll’s – ist jedenfalls billiger als ein Seminar bei Havener. Also hab ich’s gemacht.

Und jetzt habe ich ein Problem. Meine Superheldin geht demnächst in den Ruhestand. Und ich frage mich: Darf ich sie trotzdem weiterhin behelligen? Sie war – ach was, sie ist! – richtig gut. Ich brauche sie nur selten, aber wenn, dann steht sie hinter mir und sagt nichts. Ist einfach nur da, steht mit flachen, bequemen Schuhen fest wie ein Baum, unumstößlich. Vielleicht lächelt sie hin und wieder, zumindest nach innen. Oder rollt, auch nach innen, mit den Augen. Meisterin der Körpersprache. Und jetzt was?

Ambitionierter als der Christus vor der Friedenskirche

Genau, habe ich also Triell geguckt. Und dachte – ja, da könnte man sich schon einiges abgucken. Die Heilandsgeste mit den weit geöffneten Armen zum Beispiel. Die hat doch was. Eineinhalb Meter Flügelspanne. So ambitioniert steht nicht mal der Christus von der Potsdamer Friedenskirche.

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Aber natürlich gibt es noch mehr Heroen in Potsdam. Beispielsweise der neue James Bond im Thalia, „Keine Zeit zu sterben“, dauert leider noch etwas. Bis dahin kommen vielleicht die Kollegen vom Bürgerservice in Frage, die spontan an einem Wochentag zum Dienst erscheinen. Machen nämlich manche, nachzulesen in dieser Zeitung in der Wochenendausgabe. Eine Heldentat für gleich zig zusätzliche Bürgertermine.

So nett und normal, wie Tim Bendzko aussieht

Oder doch besser Tim Bendzko? Der Mann, der sogar die Welt retten will, soll jetzt in Potsdam wohnen. Und so nett und normal, wie der aussieht, ist der bestimmt schon mal unerkannt mit einem Lastenrad an mir vorbeigeradelt. Oder?

Oder ich nehme als neuen Mentor Misha Schoeneberg. Der war mal der Lover von Rio Reiser, Sie erinnern sich, Ton Steine Scherben, und las kürzlich auf der Bürgervereinsbühne aus seinem neuen Buch. Da geht’s um West-Berlin und Rock ’n’ Roll in den wilden 80ern. Mit Sätzen wie: „Es gibt sowieso keinen Knast, außer den in dir selbst.“

Er las also und zündete sich plötzlich, wie er da an seinem Tisch mitten auf der weitläufigen Bretterbühne unter dem friedlichen Himmel der Freundschaftsinsel saß, eine Zigarette an und trat die Kippe zuletzt aus Ermangelung eines Aschenbechers höchst (fahr)lässig auf dem Boden aus, all das mitten im Programm, weshalb backstage sämtliche Warnwesten-befrackten ehrenamtlichen Ordner, die Zeuge dieses unerhörten Vorfalls wurden, lediglich stumm ins Absperrgitter bissen. „Der Turm stürzt ein!“ (Album IV)

Meister der Körpersprache! Ich glaube, Herr H., ich brauche kein Seminar. Ich habe Potsdam.

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