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Kultur: Von London bis Pompei

Hans-Jürgen Gaudeck auf Fontanes Spuren

Auf einem Klappstuhl sitzt Hans-Jürgen Gaudeck, auf dem Schoß ein Papierblock, vor sich zwölf Fässchen mit Aquarellfarben, viel Wasser und zwei Pinsel. Für den Maler liegt gerade eine besondere Stimmung in der Luft, die auf Papier gebracht werden muss. Er malt die märkische Landschaft vor sich, er liebt diese Heimat. Gerade jetzt, nachdem er viel gereist ist, sind die heimischen Kiefernwälder und die leichten Hügel Brandenburgs wieder oft seine Malvorlage.

Bis in den letzten Winter reiste Hans-Jürgen Gaudeck mit seiner Frau auf den Pfaden Theodor Fontanes durch Europa. Schon in seiner Jugend war er von Fontanes Romanen und Monografien beeindruckt. Die humorvolle, gelegentlich ironische Schreibweise des Schriftstellers gefiel dem Künstler schon damals. „Fontane war ein Optimist, genau wie ich“, sagt Gaudeck. Diesen Optimismus sieht man auch in den Aquarellen des Malers. Ob der Westminster-Palais in London, der Blick über die Seine in Paris oder eine Hauswand in Venedig, die Bilder sind farbenfroh, harmonisch und laden den Betrachter zum Verweilen ein. In dem nun erschienen Band „Von London bis Pompei mit Theodor Fontane“ versucht der Maler durch die Augen Fontanes zu blicken.

Mit Hilfe der Reiseberichte Fontanes und Briefe an Freunde und Familie besuchte Gaudeck in den vergangen Jahren die Orte, die auch der Schriftsteller sah. „Dabei fällt auf, dass Fontanes Schriften immer noch aktuell sind“, so der Maler. „Die überschwängliche Fülle, die unerschöpfliche Masse – das ist die eigentliche Wesenheit, der Charakter Londons“, schrieb Fontane 1860 in einem Brief an Paul Heyse. Auch wenn man heute im digitalen Zeitalter durch die Straßen Londons wandert, erkenne man diese Erscheinung der Stadt wieder. Gaudeck versucht nicht, das Geschriebene Fontanes wiederzugeben, es geht ihm um sein eigenes Empfinden. Fontane ist die Orientierung, eröffnet die Initiative, aber das Aquarell entsteht durch die Pinselführung Gaudecks.

Der Bildband ist eine Sammlung aus Fragmenten, die Gaudeck in vielen Jahren erstellt hat. Neben Malereien aus Schottland und England findet man auch Motive aus Dänemark, Frankreich, Österreich und Italien. Alle Bilder strahlen eine verwischte Romantik aus. Bauwerke stehen im Mittelpunkt, umrahmt von Natur – alles im Einklang und ohne Konkurrenz zueinander. „Ich probiere die Schönheit der Welt und die Freude am Leben auf dem Papier einzufangen“, erklärt Gaudeck. „Ich respektiere den Müll und die Umweltverschmutzung.“ Aber das müsse man ja nicht dokumentieren.

Durch viele Reisen in arme Länder hat Gaudeck gesehen, was Menschen der Umwelt antun können. Gerade deshalb habe die regionale Natur eine besondere Anziehungskraft. Brandenburgs Wälder und Wiesen legen sich sanft an, sind nicht bedrückend, nicht zu aufregend für das Auge. Auch Fontane fand nach seinen vielen Reisen in der Mark Brandenburg seine Ruhe. An Mathilde von Rohr schrieb er 1874: „All dieser Herrlichkeit gegenüber empfand ich deutlich, und nicht einmal schmerzlich, dass meine bescheidene Lebensaufgabe nicht am Golf von Neapel, sondern an der Spree und Havel, nicht am Vesuv, sondern an den Müggelsbergen liegt.“ Elisabeth Kropp

Vom 13.6.-28.9. werden die Aquarelle Hans-Jürgen Gaudecks im Schloss Ribbeck ausgestellt

Elisabeth Kropp

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