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Tatjana Meissner

© promo

Von Gerold Paul: So viel Mann

Tatjana Meissners Buch „finde-mich-sofort-de“

Dieses Buch liegt rundherum im Trend. Es behandelt ein jedermann interessierendes Thema, ist auf dem neuesten technischen Stand und locker-flockig geschrieben. Die Autorin dürfte weithin bekannt sein. Tatjana Meissner hat mit „finde-mich-sofort.de“ eine Art Mini-Vita geschrieben, genauer über ihre einschlägigen Erfahrungen bei der Suche nach dem „Traumprinzen“ im Internet. Nach drei Jahren und etlichen Irrungen, Wirrungen fand sie schließlich („Was für ein Mann!“) ihren aktuellen Lebensabschnittsgefährten Carsten. Davor aber gab es Liebe und Triebe, Enttäuschungen und Seelenqualen, Begegnungen mit Verheirateten, mit Schmuddelmännern, trüben Filzlatschen, Täuschern und stinkenden Socken. Hinter ihr eine Scheidung, vor ihr ein mal vergnügliches, mal melancholisches Single-Dasein, etliche Kurzabenteuer für Kopf und Herz, aber auch für die Lenden, gleichwohl sie den Topos „Sex ab 49“ noch lange nicht erreicht hat. Motto: Finden und finden lassen, dank dem Internet.

Am Mittwoch präsentierte sie zusammen mit ihrer Schwester und stillen Koautorin Alexandra Winkler das Buch erstmals in ihrer Heimatstadt Potsdam. Mehr Damen als Herren auf dem Theaterschiff, eine „erotisch aufgeladene“ Stimmung, hier wurde man ja in das Privat- und Intimleben einer prominenten, katholisch erzogenen Person eingeweiht. Tatjana Meissner mit geblondeten, igelähnlich abstehenden Haaren (Grundfarbe brünett), Bekannte mit „Du“, den Rest mit „Sie“ anredend, in einem Kleid aus lauterer Unschuld. Weibliches Selbstbewusstsein in Person: „Was sagst Du zu Deiner Frau, wenn Du mit ihr ins Bett willst?“, fragte sie einen. Keine Antwort, so genau wollte man das auch gar nicht wissen.

Jedenfalls wurde das Publikum über neunzig Minuten in die Kunst des Internet-Datings und sämtlicher Folgen eingeweiht. Nachdem eine Suchmaske erstellt und ständig erweitert war, verabredete sie sich zum Ersten ganz spontan im Heider, ein Fehler, wie sich herausstellte, da kam kein Traumprinz herbei, nur eine Triefnase. Und wurde „vorsichtiger“. Mal hatte ihr Lover eine Zweite, mal wollten alle nur Sex. Die Autorin war gerne bereit, ihre Erfahrungen weiterzugeben, zum Beispiel wären Wessis und Ossis „nicht alle gleich“. Weil man hier ja keine Pornofilme sehen konnte, sei Sex mit Ostmännern unkomplizierter, verriet sie ganz offenherzig. Intelligent und aus dem Osten komme bei ihr immer gut an.

Die jüngere Schwester, in Kindertagen verhasst, doch mit ähnlicher Vita, sei ihr allmählich zur „Freundin“ geworden. Diese kam erst nach der Pause auf die Bühne, las einige Passagen, erzählte von ihrem Geliebten, welcher in der Lage sei, ihr einen „multiplen Orgasmus“ zu bescheren, obwohl man sich gar nicht recht liebt. Bis zu zwanzig, sie wollte es selber nicht glauben. Klar, dass „Küchenpsychologin Tati“ bis heute „neidisch“ auf das mannstolle Liebesleben von Angelika ist, Cybersex inklusive.

Ob nun Querflöte, XY oder Mr. Tantra, keiner der im Net nach Maß Erwählten konnte es letztlich mit Carsten aufnehmen. Sie beschreibt die erste gemeinsame Nacht wie in einem Dreigroschenheft: „So viel Mann hatte ich noch nie im Bett“. Am Ende des Buches (mit Smileys und Phonemen wie „kicher“ und „lächel“) entschwindet er in den Winterurlaub, kam aber noch verliebter zurück. Single „Tati“ versicherte dem dankbaren Publikum, ihr Buch sei gar nicht so erotisch, wie es in dieser Lesung schien. Trotzdem: „Untenrum ist immer lustig“. Mann, Mann, Mann!

Gerold Paul

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