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Der Dramatiker Dmytro Ternovy auf einem Video von 2020 aus Charkiw, Ukraine.

© Dmytry Ternovy

Solidarität des Hans Otto Theaters mit der Ukraine: Auf den Spuren des Krieges

Durch das Festival Next Stage Europe ist das Hans Otto Theater eng mit der Ukraine verbunden. Für den 2. März plant es eine Solidaritätsveranstaltung - bei freiem Einritt.

Potsdam - Vor zwei Jahren war der ukrainische Autor Dmytro Ternovy bei dem Potsdamer Theaterfestival „Next Stage Europe“ zu Gast - pandemiebedingt virtuell. Er schickte einen Videogruß aus der Nähe von Charkiw, wo er ein Theater betreibt. Man kann das Video bei Youtube ansehen. Es zeigt ihn vor einer Wand mit Graffiti, dann schwenkt die Kamera und zeigt Wiesen und Wald. „Wir sind etwas abgelegen“, sagt Ternovy lachend. „Wir sind das östlichste Theater Osteuropas.“

Nur 40 Kilometer von der russischen Grenze

Es sei ein „eurozentrisches Theater“, sagt Ternovy in dem Video. Hinter den Wäldern in Ternovys Rücken aber liegt die russische Grenze. Nur rund 40 Kilometer entfernt. Charkiw gehörte zu den ersten Orten, die am 24. Februar von der russischen Armee angegriffen wurden. Wie es dem Dramatiker, dessen Texte auch in Deutschland und Frankreich bereits aufgeführt wurden, jetzt geht, wie es um sein Theater jetzt steht - ungewiss. 

Christopher Hanf, der als Dramaturg des Hans Otto Theaters (HOT) das Festival betreut, bekommt über die sozialen Medien Nachrichten von Freunden und Kontakten aus der Ukraine, „allesamt höchst bedrückend“. Von Dmytro Ternovy bislang nichts. „Aber natürlich haben die Leute dort gerade auch anderes zu tun, als sich mit mir lange Mails auszutauschen“, sagt Hanf.

Im September noch waren Theaterleute aus der Ukraine in Potsdam

Next Stage Europe ist über das Literaturfestival Lit:potsdam seit 2017 am Hans Otto Theater angedockt. Es hat sich osteuropäischer Dramatik verschrieben, das Goethe-Institut ermöglicht auch Reisen in die Länder. 2019 war Hanf eine Woche in Kiew. Noch im September hat er drei Tage mit Theaterleuten aus der Ukraine in Potsdam verbracht. Den Angriff Russlands, die Ungewissheit, wie es Freunden und Kollegen vor Ort geht, sei zum Verzweifeln, sagt er. 

Hanf war auf dem Alten Markt bei der Solidaritätsdemonstration, will am Sonntag zur Großdemo in Berlin, bekundet seine Solidarität in Mails an Kolleg:innen in der Ukraine. Dennoch: „Das ist alles natürlich auch nicht unkompliziert“, sagt er, als die deutsche Position noch damit rang, wie sie die Ukraine unterstützen solle - „weil so eine Bekundung leicht wie hohle Worte verstanden werden kann. Viele Ukrainer sagen, Waffenlieferungen wären wahre Akte der Solidarität.“

Ein Abend im Zeichen der Solidarität mit der Ukraine

Als die Belarussen 2020 gegen manipulierte Wahlen auf die Straße gingen, drehte das HOT ein Video, das die Solidarität des Theaters bekundete. Diesmal will das Theater live in die Offensive gehen. Für Mittwoch, den 2. März hat es eine Sonderveranstaltung unter dem Titel „Gemeinsam für das Sprechen. Solidarität mit der Ukraine“ angekündigt. Beginn ist um 19.30 Uhr in der Reithalle. 

Ensemblemitglieder und auch Gäste wie die Schauspielerinnen Nina Gummich und Rita Feldmeier wollen hier ihre Solidarität mit den Menschen in der Ukraine bekunden. Gelesen werden sollen Texte und Beiträge ukrainischer und russischer Autor:innen, die den Krieg aktuell beschreiben – aber auch solche, die ihn vorausgesehen haben oder, so das Theater, „um die Spuren kreisen, die er in der DNA einer Nation hinterlassen wird.“ Der Eintritt ist frei.

Ein entsetzlich aktuelles Video

Außerdem ist auf der Webseite des Theaters ein Mitschnitt jenes Stückes von Dmytro Ternovy zu sehen, das 2020 hier szenisch vorgestellt wurde. Es heißt „Zimmer Nummer 7“. Ein Mann und eine Frau liegen im Krankenhaus, beide schwerverletzt. Er: Kommandant der ukrainischen Armee. Sie: Zivilistin aus den russisch besetzten gebieten der Ukraine. Es ist beeindruckend und entsetzlich, wie aktuell es ist: ein Stück über das gespaltene Land Ukraine im Krieg. 

Es lässt den Gedanken zu, dass die Teile der Ukraine sich wieder versöhnen - nicht jedoch mit Russland. „Mit Russland wird Versöhnung erst möglich sein, wenn die Truppen aus der Krim abziehen“, sagte Ternovy damals. „Wenn Russland Reue und Buße zeigt.“ Damals klang das fern. Heute unmöglich. 

Gemeinsam für das Sprechen, am 1. März um 19.30 Uhr in der Reithalle des Hans Otto Theaters

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