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Regisseur stellt „Eldorado“ vor: Ökofilm-Preview im Filmmuseum mit Flüchtlingsdoku

Zwar beginnt die 14. Ökofilmtour erst im Januar 2019, doch das Programm ist so umfassend, dass Film-Highlights im Vorfeld gezeigt werden. In Potsdam lief die bewegende Flüchtlingsdokumentation "Eldorado".

Potsdam - Am 16. Januar beginnt Deutschlands ungewöhnlichstes Filmfestival – die Ökofilmtour. Dann reisen wieder bis Ende März 46 Lang- und zwölf Kurzfilme an mehr als 60 Orte in Brandenburg, darunter viele Orte, die nicht mal ein Kino haben. Und da selbst dieser Zeitraum nicht mehr ausreicht, um die ausgewählten Umweltfilme möglichst vielen Menschen nahe zu bringen, gibt es einen Preview-Zeitraum, in dem ausgewählte Festivalhighlights im Potsdamer Filmmuseum gezeigt werden.

Film geht unter die Haut

Am Mittwochabend kam in diesem Rahmen der überaus bewegende Dokumentarfilm „Eldorado“ des Schweizer Regisseurs Markus Imhoof zur Aufführung. Ein Film über die momentanen Flüchtlingsbewegungen nach Europa, der unter die Haut geht: Bilder von zu rettenden Menschen im Mittelmeer werden zusammengeschnitten mit schwarz-weiß Fotos, die mehr als siebzig Jahre alt sind.

Zu sehen sind auch Kinder, die vom Roten Kreuz 1945 in die Schweiz verschickt wurden, um aufgepäppelt zu werden. Imhoofs Familie nahm damals ein italienisches Mädchen auf, das nach der Kur, wie alle anderen auch, wieder in ihr Heimatland zurückgeschickt wurde. Giovanna starb fünf Jahre später an den Folgen von Unterernährung, sie wurde gerade mal vierzehn Jahre alt. Markus Imhoof setzt ihr mit „Eldorado“ ein sehr persönliches Denkmal. Gleichzeitig zeigt er so die bis heute andauernden Kontinuitäten der Flüchtlingsbewegungen nach Europa und die sich daraus entwickelnde Bürokratie und Flüchtlingsindustrie.

Lähmende Perspektivlosigkeit in den Flüchtlingscamps

„Das ganze System ist darauf angelegt, Schmerzen zu erzeugen“, sagte der 77-jährige Regisseur in der Diskussion am Mittwoch, zu der er extra nach Potsdam gekommen war. Und er liefert in „Eldorado“ Bilder von Dantescher Kraft, die die „Hölle“, das „Fegefeuer“ und auch das „Paradies“ zeigen. Man ist hier ungemein dicht dran an den gigantischen Marine-Hightech-Schiffen der italienischen Küstenwache während der „Mare Nostrum“-Seenotrettungsaktionen und an den überladenen Flüchtlingsbooten, die wie Nussschalen auf dem offenen Meer treiben. Man spürt die lähmende Perspektivlosigkeit der Menschen in den Flüchtlingscamps und die menschenverachtende, mafiöse Ausbeutung der Illegalen auf Italiens Tomatenfeldern.

Und gerade hier wird deutlich, welches Ausmaß und welchen Zusammenhang Ausbeutung und weltweite Flüchtlingsbewegungen haben: Die geflohenen Afrikaner müssen zu Niedriglöhnen in Europa Tomaten ernten, die ihre Angehörigen in Afrika dann als Dosenware kaufen, weil diese billiger ist als einheimische Produkte. „Wir wohnen unter demselben Himmel“, schrieb die junge Giovanna einst an den kleinen Markus, doch, so setzte sie hinzu, er lebe „auf der anderen Seite“. Daran hat sich bis heute in den reichen Ländern des Nordens nichts geändert.

„Eldorado“ ist ein starkes Plädoyer für Empathie und Mitmenschlichkeit und als Schweizer Beitrag für die bevorstehende Oscar-Verleihung nominiert. Besucher der Ökofilmtour haben die Chance, gerade solche Filme, die jenseits des Mainstreamkinos laufen und zur Aufklärung beitragen, jedes Jahr neu zu sehen und zu diskutieren. Das nächste Festival wird im Januar 2019 mit dem Film „Power to the Bauer“ von Bertram Verhaag eröffnet. Ein Film, der in Potsdam zur Welturaufführung kommt und anhand von acht positiven Beispielen zeigt, wie eine naturverträgliche Landwirtschaft künftig funktionieren könnte.

Astrid Priebs-Tröger

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