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Die Proben zu "Magmarama" fanden in der Projektion statt.

© Anja Kozik

Premiere im Waschhaus: Gefährliche Faszination für Lava

Das Tanzstück „Magmarama“ von der Oxymoron Dance Company und der Künstlerin Cecile Wesolowski feiert im Waschhaus Premiere.

Von Helena Davenport

Potsdam - Es sei wirklich grotesk gewesen, erzählt Cecile Wesolowski von ihrer Japan-Reise: „Ein Feuerwerk vor einem Vulkan!“ Vergangenen Sommer war die französische Künstlerin, die seit 2001 in Potsdam lebt, in Japan. Zu dem Vulkanfest seien sie mit einem Boot gefahren, es sei so windig gewesen, dass dabei einige Plastikfetzen durch die Gegend wirbelten, die sich vom Boot losgerissen hatten. „Die ganze Veranstaltung war eine Methapher für unsere Zeit“, blickt die 37-Jährige zurück. Sie habe sich sehr darüber gewundert, wie man die Natur zelebrieren kann, indem man in sie eingreift – und ein Feuerwerk vor einem Vulkan veranstaltet. Ihre Eindrücke haben sie nicht losgelassen und schlussendlich zu einer raumgreifenden Projektion inspiriert, die dem Tanzstück „Magmarama“ seinen Rahmen verleiht. Am Freitag feiert die gemeinsame Produktion von Wesolowski und der Oxymoron Dance Company unter der Leitung von Anja Kozik Premiere im Waschhaus.

Die Faszination für Lava soll dabei im Mittelpunkt stehen – das verrät schon der Titel. Wesolowski hat Fotos von Steinen und toten Vulkanen gesammelt und nach deren Vorbild eine hyperrealistische 3D-Projektion entworfen, die quasi eine ganz neue Welt offenbart. Sie sei sofort begeistert gewesen, sagt Anja Kozik – nicht nur aufgrund der besonderen Ästhetik, in die man hineintauchen könne, sondern eben gerade wegen der Künstlichkeit, mit der Wesolowski die Natur darstellt, mit der sie die Natur künstlich überhöht.

Cecile Wesolowski.
Cecile Wesolowski.

© promo

Die Bilder, die zwei konkurrierende und kontrastierende Welten in sich vereinen, riefen sofort Fragen bei ihr wach, die sie auch im Alltag beschäftigen. Etwa danach, wie man sich als analoges Wesen in einer digitalen Welt bewegt. Ihre fünf Tänzer Chiara Fersini, Luana Rossetti, Prince Ofori, Ronja Häring und Raha Nejad gehen unter anderem dieser Frage nach. Von Anfang an fanden die Proben zum Stück im zugehörigen Setting statt, die Tänzer haben also nach und nach gelernt, sich in der Umgebung zu positionieren, auf sie zu reagieren. Ihre Kinetik wird am Freitag von Modem&Acoid mit elektronischer Musik untermalt.

„Wir fressen uns durch das digitale Leben und verlieren den Bezug zur Realität“, sagt Wesolowski. Kozik nickt zustimmend: Man begebe sich immer dahin, wo man erwartet wird – selten aber zu sich selbst. Bei „Magmarama“ soll auch demonstriert werden, wie weit man der Erkenntnis zuliebe bereit ist zu gehen. Wesolowski lies sich unter anderem von Werner Herzogs Dokumentarfilm „Into the Inferno“ aus dem Jahr 2016 anregen. Herzog hatte darin zusammen mit dem Vulkanologen und Co-Direktor Clive Oppenheimer aktive Vulkane besucht und auch die Menschen, die in der Nähe der speienden Giganten leben. Bei der Vorarbeit zum Stück habe außerdem die Geschichte der Vulkanologen Katia und Maurice Krafft eine Rolle gespielt, erzählt Wesolowski. Das Paar starb 1991 zusammen mit rund 40 weiteren Personen im Pyroklastischen Strom am japanischen Vulkan Unzen. Ihre Wissbegier kostete sie am Ende das Leben. Wohl auch ihre Leidenschaft für das Unberechenbare der Natur.

Anja Kozik.
Anja Kozik.

© Andreas Klaer

Wesolowski und Kozik gehen zunächst noch einmal an den Anfang, zu den verschiedenen Ursprungsgeschichten der Erde. Und nach rund 50 Minuten steht den Zuschauern ein dramatisches Finale bevor, verrät Kozik. Wohl aber keine Auflösung. „Es gibt kein Entrinnen“, sagt die Choreografin. Deswegen verlasse auch kein Tänzer die Bühne. Wir hätten eben nur diese eine Welt, um Entscheidungen zu treffen. 

>>Premiere am 30. August um 18 Uhr, Waschhaus Arena, Schiffbauergasse

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