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Peter Rohn in der Guten Stube.

© Ottmar Winter PNN

Potsdamer Künstler Peter Rohn in der Guten Stube: Wo ein Wille, da ein Weg

Die Potsdamer Galerie Gute Stube feiert trotz Corona eine Ausstellungseröffnung. Und mit Peter Rohn einen Künstler, der ein neues Format erfunden hat: das Küchenrollenbild.

Potsdam - Wer denkt, in Potsdam sei coronabedingt im Moment keine Kunst zu erleben, wird in der Guten Stube eines besseren belehrt. Am Freitagabend eröffnet dort, in der Galerie des Potsdamer Kunstvereins, eine Ausstellung des Potsdamer Malers Peter Rohn. Und nicht nur das ist ungewöhnlich. Rohn zeigt sich hier von einer neuen Seite: Mit Werken auf Küchenrollen. 

Eine Ausstellungseröffnung mitten in der Corona-Pandemie, wie kann das sein? Kurator Thomas Kumlehn hat sich mit den Verordnungen befasst und ein Schlupfloch gefunden: Museen und künstlerische Ausstellungen sind untersagt, aber kommerzielle Schauen dürfen stattfinden. Kunstgenuss geht nicht; Kommerz schon. Also hat Kumlehn die AE-Galerie als Kooperationspartner mit ins Boot geholt und aus der Kunst- eine Verkaufsschau gemacht.

Er sei müde, sagt Rohn

Auch Rohns Werk ist gewissermaßen Resultat eines Willens, der sich gegen alle Widerstände Bahn bricht. Nur sind die Widerstände hier keine Verordnungen, sondern die endlichen Kraftreserven eines Mannes, der seit Jahrzehnten großformatige Kunst in Öl schafft. Seit Jahrzehnten verbunden mit dem Gefühl, gegen einen Zeitgeist zu arbeiten, der ästhetisch ganz anderes gut heißt. Realistische Malerei sei ja heute verpönt, sagt Rohn. Und dass das viele Stehen vor der Leinwand genauso müde mache wie der Eindruck, in seinem künstlerischen Impuls nicht verstanden, nicht wahrgenommen zu werden. 

In einer "aufwallenden Mischung aus Schwäche und Zorn" entschied er daher um 2014 herum, aufzuhören mit der Ölmalerei. "Dann war's das eben. Besser als das, was ich bis jetzt gemacht habe, wird es nicht mehr." Das Gemälde, an dem er damals arbeitete, "Gelbe Mülltonnen am Wintermorgen", ist nach wie vor unvollendet: ein orangefarbenes Müllauto vor düsterem Hintergrund, die gelben Tonnen leuchten wie kalte Fackeln. Es ist eines von nur zwei Gemälden in der Guten Stube. 

Rohns letztes Ölbild, "Gelbe Mülltonnen am Wintermorgen", blieb unvollendet. 
Rohns letztes Ölbild, "Gelbe Mülltonnen am Wintermorgen", blieb unvollendet. 

© Ottmar Winter PNN

Immer ein wenig abseits

Das andere, "Sommertanz", stammt von 1958, als Peter Rohn noch ganz am Anfang stand. Von Baumstämmen halb verdeckt Paare beim Tanz. Gelbe Ballons leuchten in den Baumwipfeln, dahinter Wasser, ein Kanu. Rohn erinnert es an Edvard Munch, eines seiner Vorbilder. "Auch einer, der nirgendwo dazugehörte", sagt Rohn. In der DDR sei er immer weder-noch gewesen: kein Dissident, und beileibe auch kein Staatsmaler. 

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Peter Rohn, geboren 1934, lebt seit 1960 in Potsdam. Er gehört zum Zirkel der prägenden Potsdamer Maler: Auf dem Bild, das Karl Raetsch in den 1970ern unter dem Titel "Potsdamer Künstler" malte, steht Peter Rohn ganz links, mit Weinglas. Auch wenn er den Begriff heute mit spitzen Fingern anfasst, bezeichnet er sich nach wie vor als "realistischer Künstler". 

Statt Öl auf Leinwand malt Peter Rohn nun auf Küchenrolle.
Statt Öl auf Leinwand malt Peter Rohn nun auf Küchenrolle.

© Ottmar Winter PNN

Lichtpunkte und Quadrate

Seit einigen Jahren aber nun: Küchenrollen. Zu sehen sind fein gearbeitete Muster und Strukturen - keine Figuren mehr, keine Stadtlandschaften. Die Idee dazu ereilte Rohn, als er auf den farbbefleckten Haufen von Küchenrollen sah, mit dem er seine Pinsel gereinigt hatte. "Die Farbreste ergaben einen Klang", sagt Rohn. Wie gute Gemälden auch. Er sah sich die Tücher genauer an und entdeckte die Struktur im Papier: eine Aneinanderreihung von Quadraten. Rohn begann, sie mit Farben zu füllen, eines nach dem anderen, ohne Plan und Konzept, intuitiv. "Am Ende war ich jedes Mal selbst überrascht." In manchen der knapp 30 Exponate ahnt man Figuren, in anderen Echos auf die Lichtpunkte in den Gemälden: die Mülltonnen, die Lampions. 

Als Corona kam und Küchentücher ebenso wie Toilettenpapier zu raren Gütern wurden, hatte Peter Rohn die Schönheit dieses Alltagsgegenstandes längst durchdrungen. In geradezu meditativer Arbeit war er den Mustern auf den Küchentüchern gefolgt, immer neue Variationen der immergleichen Struktur. So ähnlich wie bei den Diabelli-Variationen, sagt Peter Rohn, Beethovens letztes großes Klavierwerk. "Aus einem ganz banalen Walzermotiv zauberte er da ganz Erstaunliches". 

"Küchenrollenbilder" wird am 6. November von 19 bis 21 Uhr in der Galerie Gute Stube, Charlottenstraße 121, eröffnet. Zu sehen bis 11. Januar 2021.

Lena Schneider

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