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Die Drummerin Evelyn Glennie ist kommende Saison mehrfach im Nikolaisaal zu erleben.

© promo/Philipp Rathmer

Neue Saison im Nikolaisaal: Schlagzeugrhythmen und Bratschentöne

Beethovens 250. wird gefeiert und der Bratscher Antoine Tamestit kommt zu Besuch - das Programm für die neue Saison im Nikolaisaal ist vielseitig.

Potsdam - „Es begeistert mich zu merken, wie fest der Saal in Potsdam verankert ist“, sagt Michael Dühn bei der Jahrespressekonferenz im Foyer des Nikolaisaals. Der neue Programmdirektor ist sich sicher, dass hier das musikalische Herz der Stadt schlägt. Damit es so bleibt und vielleicht sogar noch etwas heißer klopft, hat Dühn mit dem Team des Saals ein neues Programm erarbeitet. Altbewährtes bleibt erhalten, zugleich erklingen behutsam neue Töne. Die Zusammenarbeit mit der Kammerakademie Potsdam, die in Gestalt von Intendant Hollensteiner und Chefdirigent Antonello Manacorda anwesend war, wird selbstverständlich fortgesetzt. So gut ausbalanciert wie die drei Herren ihre Vorhaben für die neue musikalische Saison präsentierten, hatte man den Eindruck, als ob hier etwas Tragfestes im Entstehen ist.

Bustouren zu den Spuren der Zeit

Mehr als bisher wird auf inhaltliche Schwerpunkte gesetzt. Im Oktober liegt der Fokus auf der Epoche am Ende der Weimarer Republik. „Zwischen Utopie und Exil“ lautet das Stichwort, unter dem Musik, Architektur und Film erkundet werden. Neben interessanten Konzerten wie den „Sieben Todsünden“ von Hanns Eisler mit der großen Ute Lemper können die Spuren der Zeit bei einer Bustour in Potsdam erfahren werden. Neben Urania, Potsdam Museum und Filmmuseum wird das eindrucksvolle Studio des Filmorchesters Babelsberg angesteuert.

Beethoven wäre 250 geworden

Dass Großmeister Ludwig van Beethoven im kommenden Jahr seinen 250. Geburtstag begeht, liefert Ansporn zur Erforschung seines gesellschaftlich-musikalischen Umfelds. So erklingt die „andere Eroica“, ein seinerzeit berühmtes Werk von Beethovens Konkurrenten Anton Eberl. Natürlich kommen Meisterwerke des Wiener Klassikers nicht zu kurz. Bei einem vierstündigen Konzert wird die „große musikalische Akademie“ rekonstruiert, mit der sich Beethoven dem Publikum als veritabler und einziger Nachfolger von Joseph Haydn und W. A. Mozart präsentierte. Zwar setzten diese Komponisten die Pauke auch schon recht effektiv und innovativ ein, doch im Vergleich zur Gegenwart noch recht bescheiden. 

Inzwischen ist der Umfang dermaßen gewachsen, dass ein kluger Mann das Schlagzeug zum Instrument des 20. Jahrhunderts erklärte. Nicht geringen Anteil daran hat die britische Schlagzeugerin Evelyn Glennie, die seit Jahrzehnten ihr Publikum wie eine Schamanin in den Rausch des Rhythmus versetzt. Wenig Zweifel besteht, dass ihr das auch im Nikolaisaal gelingen wird. Bei drei weiteren Konzerten steht das Schlagzeug im Zentrum. Evelyn Glennie erregte besonders viel Aufmerksamkeit durch die Tatsache, dass sie aufgrund ihrer Schwerhörigkeit den Rhythmus weniger hört als mit dem Körper erspürt.

Kinder lernen die Solisten kennen

Angebote für Menschen mit Hörbehinderung wird es auch in Zukunft im Nikolaisaal geben, mit einem ebenfalls schwerhörigen Moderator. Auch die Kinder- und Jugendarbeit wird erheblich ausgebaut, wie die Beauftragte für Hörvermittlung Auli Eberle erklärte. Nahbarkeit und Miteinander lauten denn auch zwei Begriffe, die immer wieder genannt wurden. So dürfen die Kinder den Musikern bei den Sonntagskonzerten ganz nah kommen, und die Erwachsenen können bei der Serie „Stars im Porträt“ die Solisten befragen. Ein innovatives Projekt im Rahmen der Beethoven-Akademie richtet sich an junge Auszubildende aller Berufe und ohne musikalische Vorkenntnisse. Bewerbungen werden noch entgegengenommen. Mit der Reihe „Symphonic Grooves“ schließt man an die traditionsreichen Begegnungen zwischen Filmorchester und jungen Musikern an.

Aktive Beteiligung von Jung und Alt

Um den Zusammenklang geht es auch im Programm der Kammerakademie, das unter dem Motto „ICH|WIR“ dem Wechselspiel zwischen Individuum und Gruppe nachspüren will. Ob dabei letztlich im Ganzen mehr herauskommt als die bloße Summe der Bestandteile, wie Aristoteles postulierte, ist die offene Frage in jedem Konzert. Vom „Summer of Love“ bis zum „Tiefenrausch“ an Sylvester reicht die Bandbreite der Angebote. Auch hier werben Familienkonzerte, Stadtteil-Opern-Projekte und die Potsdamer Winteroper um aktive Beteiligung von Jung und Alt.

Bratschist Antoine Tamestit kommt nach Potsdam

Wie schon seit einigen Jahren kommt wieder ein Artist in Residence nach Potsdam, diesmal der renommierte Bratschist Antoine Tamestit. Der Franzose wird die vielseitigen Saitenklänge seines Instruments, das so oft und ganz zu Unrecht Spott und Häme erleiden muss, bei einigen Konzerten präsentieren. So erklingt eines des wunderbarsten Bratschenwerke, der „Schwanendreher“ von Paul Hindemith.

Das Thema Nachhaltigkeit macht auch vor der Musik beziehungsweise Musikproduktion nicht halt. In diesem Sinne stellen sich Potsdamer Schüler, Musiker der Kammerakademie und Wissenschaftler des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) Potsdam der Nachhaltigkeitsagenda der UN – ausgehend von Beethovens magischem Naturpoem, der sechsten Symphonie „Pastorale“.

Der richtige Rhythmus zum Schulstart

Pünktlich zum Beginn des Schuljahres öffnet der Nikolaisaal mit einem feurigen Konzert der Kammerakademie, das den Rhythmus feiert. Wie dieser den „Soundtrack des Lebens“ bestimmen kann, erkunden am folgenden Abend Max Moor, Marion Brasch und Matthias Platzeck. Die Tore sind offen, nun strömt herbei, ihr Leute.

Babette Kaiserkern

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